GEZIELTE EINWANDERUNGSPOLITIK – STEUERUNG ÜBER HUMANKAPITAL-KRITERIEN Für das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung untersuchten Herbert Brücker und Sebastian Ringer die Qualifikation der Zuwanderer in Deutschland (bzw. in europäischen Einwanderungsländern) im Vergleich zu klassischen Einwanderungsländern wie Australien, Kanada, Neuseeland oder den USA. Fazit der Analysen: “ Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Qualifikationsstruktur der ausländischen Bevölkerung durch Einwanderungspolitik erheblich beeinflusst werden kann. Länder wie Australien, Kanada und die USA, die über eine lange Tradition in der Steuerung der Zuwanderung nach Humankapitalkriterien verfügen, erreichen eine deutlich höhere Qualifikation der ausländischen Bevölkerung als Länder, die darauf verzichten. Die Anwerbung von Gastarbeitern, wie sie in Deutschland in den 1960er und 1970er Jahren in großem Umfang praktiziert wurde, hat den gegenteiligen Effekt. Ähnliches dürfte für die gegenwärtigen Regelungen zur Saisonarbeit in Deutschland gelten, die den Arbeitsmarkt vor allem im Bereich gering qualifizierter Tätigkeiten öffnen. Ökonomische Faktoren beeinflussen ebenfalls die Bildungsselektion von Migranten, allerdings weit weniger als die Einwanderungspolitik. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass eine günstige Qualifikationsstruktur der Zuwanderung auch aus Ländern mit einem niedrigen Pro-Kopf-Einkommen und einer ungleichen Verteilung der Einkommen erreicht werden kann. Die Selbstselektion der Migranten in Hinblick auf ihre Qualifikationsstruktur fällt umso günstiger aus, je geringer bei einem gegebenen Einkommensgefälle zwischen dem Ziel- und Herkunftsland das Pro-Kopf- Einkommen ist. … Eine ungleichere Einkommensverteilung in den Zielländern führt zu einer etwas günstigeren Qualifikationsstruktur der Migration. … In Deutschland spiegelt die Qualifikationsstruktur der Bevölkerung mit Migrationshintergrund noch immer die Einwanderungspolitik seit der Gastarbeiteranwerbung. Die Steuerung der Zuwanderung nach Humankapitalkriterien steht erst am Anfang. Neu geschaffene Instrumente für die Zuwanderung von Hochqualifizierten werden bislang wegen (zu) hoher Einkommensschwellen kaum genutzt. Die bisherige Einwanderungspolitik hat die Arbeitsmigration weitgehend beschränkt, so dass die Familienzusammenführung zum wichtigsten Weg für den Zugang nach Deutschland geworden ist. Ihre Fortsetzung dürfte die vergleichsweise niedrige Qualifikation der ausländischen Bevölkerung festschreiben. Selbst eine deutlich verbesserte Förderung von Migranten und ihren Kindern durch das Bildungs- und Ausbildungssystem in Deutschland dürfte die Qualifikationsstruktur der Bevölkerung mit Migrationshintergrund allenfalls langfristig verändern. Für die Steuerung der Zuwanderung aus Drittstaaten – also aus Ländern außerhalb der EU und des EWR – stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung. Die Zuwanderung könnte wie in Kanada, Australien und den USA nach einem Punktesystem gesteuert werden, das neben den Bildungsabschlüssen auch Berufserfahrung und das Lebensalter berücksichtigt. Diesen Weg schlagen in Europa gegenwärtig Großbritannien und Tschechien ein. Auch die Europäische Kommission hat unlängst einen Vorschlag zur Steuerung der Zuwanderung in der Gemeinschaft vorgelegt (Europäische Kommission 2007). Danach soll der Arbeitsmarkt in der EU für Zuwanderer durch eine „Blue Card“ geöffnet werden. Diese sieht vor, dass Staatsbürger aus Drittstaaten eine Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung erhalten können, wenn sie einen Arbeitsvertrag nachweisen, der ihnen ein Monatseinkommen in dreifacher Höhe des gesetzlichen Mindestlohns garantiert. In Ländern ohne gesetzlichen Mindestlohn soll das Dreifache der Grundsicherung zu Grunde gelegt werden. Darüber hinaus müssen die Zuwanderer entweder über ein abgeschlossenes Hochschulstudium oder eine dreijährige Praxis in einem qualifizierten Beruf verfügen. Eine Umsetzung dieses Vorschlags würde ähnlich wie die Steuerung der Zuwanderung nach Humankapitalkriterien wirken. Allerdings würde auch bei einer stark veränderten Einwanderungspolitik die Qualifikation der Bevölkerung mit Migrationshintergrund in Deutschland erst mittel- und langfristig deutlich steigen. Denn selbst Länder, die konsequent auf den Einsatz von Humankapitalkriterien setzen, können nur 35 bis 40 Prozent der Zuwanderung steuern. Um die Qualifikationsstruktur der Bevölkerung spürbar und rasch zu beeinflussen, müsste sich deshalb auch der Umfang der Zuwanderung erhöhen. Die klassischen Einwanderungsländer, die die Migration erfolgreich nach Humankapitalkriterien steuern, weisen deshalb auch Raten auf, die deutlich höher sind als in Deutschland. “ Den Kurzbericht des IAB entnehmen Sie bitte dem Anhang oder aufgeführtem Link.
http://www.iab.de/de/publikationen/kurzbericht.aspx
Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
Dokumente: IAB_kb0108_Auslaender_in_Deutschland.pdf