ECKPUNKTEPAPIER GEGEN JUGENDKRIMINALITÄT Die Unions-Innenminister verständigten sich am 15.02.08 in Hamburg auf die Priorität Bekämpfung von Jugendkriminalität und -gewalt und bestätigten das Eckpunktepapier. Der hessische Innenminister und Sprecher der Konferenz, Volker Bouffier betonte, die Bevölkerung erwarte wirkungsvolle Konzepte, nun die Gewaltspirale zu stoppen. Dazu gehören unter anderem Verbesserungen im Jugendstrafrecht, die Einstufung von Fahrverboten als Sanktionen und die Verbindung von Arbeitsstunden mit Bewährungsstrafen. Die Unionspolitiker fordern, für 18-21 Jährige grundsätzlich das Erwachsenenstraftrecht anzuwenden und ausländische jugendliche Intensivtäter in ihr Heimatland abzuschieben. Außerdem solle für schwere Verbrechen die Höchstgrenze der Jugendstrafe von 10 auf 15 Jahre erhöht und ein „Warnschußarrest“ eingefügt werden. Angedacht sind behördenübergreifende Konzepte die vom Kindergarten bis zur Berufsausbildung „Sicherungen“ einbauen, um auffälligen Jugendlichen zu helfen und kriminelle Karrieren zu verhindern. Die polizeiliche Präventionsarbeit soll gestärkt werden, vor allem im Blick auf Straftäter mit Migrationshintergrund. Dazu zählen der Einsatz hauptamtlicher Jugendkoordinatoren – und Sachbearbeiter, der Einsatz hauptamtlicher Islamwissenschaftler und der Ausbau des Dialogs mit Muslimen sowie die verstärkten Einstellungen von Polizeibeamten mit Migrationshintergrund. Kriminolgen kritisieren die Vorhaben der Unions-Innenminister und warnen davor, die junge Menschen wegzusperren: „Wegsperren ist kontraproduktiv, wegsperren ist keine Lösung“, bekräftigt der Hamburger Kriminologe Prof. Fritz Sack. In der Berliner Zeitung äußerte sich der Leiter des kriminologischen Forschungsinstitutes Niedersachsen, Christian Pfeiffer, ebenfalls ablehnend und bezeichnete höhere Strafen und Erziehungslager als „teure Illusion mit hohen Rückfallquoten“. Stattdessen forderte er mehr Investitionen in Schulen statt in Gefängnisse. Experten des Deutschen Anwaltsvereins und Deutschen Richterbundes befinden die bestehenden Gesetze als ausreichend. Die Bundesregierung beantwortete eine Kleine Anfrage der Linksfraktion zur „Ethnisierung der Debatte um Jugendkriminalität und Änderungen im Jugendstrafrecht“ mit dem Tenor, dass die Gesellschaft vor schwer Kriminellen geschützt werden müsse. In diesem Zusammenhang prüft die Bundesregierung auch Änderungen im Ausländerrecht. Ob und inwieweit die Erfassung eines Migrationshintergrundes in der polizeilichen Kriminalstatistik hilfreich oder notwendig zur Kriminalitätsbekämpfung ist, könnte in der Konferenz der Innenminister und –senatoren der Länder noch nicht abschließend beschieden werden. Bisher unterscheidet die Polizeiliche Kriminalstatistik des Bundes nach deutschen und nichtdeutschen Tatverdächtigen. Die Einführung einer nachträglichen Sicherheitsverwahrung im Jugendrecht sei inzwischen auf dem parlamentarischen Weg, führte die Regierung in ihrer Antwort aus. Dabei verweist sie auf entsprechende Vereinbarungen im Koalitionsvertrag. Auszüge aus dem Eckpunktepapier der Unions-Innenminister: …“ Die Innenminister und -senatoren der Union sind sich einig, dass die zunehmende Gewaltbereitschaft in unserer Gesellschaft weiter zurückgedrängt und gleichzeitig die Zivilcourage gestärkt werden muss. Es darf kein Klima der Angst entstehen, sondern eine Atmosphäre, in der Menschen, die auf Rechtsbrüche und Gewalt aufmerksam machen, Unterstützung erfahren. … Die zunehmende Bereitschaft junger Menschen, mit brutaler Gewalt auf nichtige Anlässe zu reagieren, darf nicht hingenommen werden. Bei den Gewaltdelikten wie Raub und Körperverletzung sind die Anteile der Kinder und Jugendlichen an allen ermittelten Tatverdächtigen besorgniserregend. So wird rund 44 % der Gewaltkriminalität von unter 21-Jährigen begangen. Hierbei ist der Anteil der ausländischen Tatverdächtigen überproportional hoch dabei sind Tatverdächtige mit Migrationshintergrund noch nicht einmal miterfasst. Es schadet dem friedlichen Zusammenleben in unserer Gesellschaft und der Integration von Migranten wenn dieses Problem, das viele unserer Bürgerinnen und Bürger bedrückt und ängstigt, totgeschwiegen wird. Die Innenminister und -senatoren der Union sind sich einig, dass Jugendkriminalität durch eine konsequente Präventionsarbeit schon im Ansatz verhindert werden muss. … Die Innenminister und Senatoren der Union fordern: – Bei Heranwachsenden das Erwachsenenstrafrecht grundsätzlich anwenden Ein Heranwachsender übernimmt mit Eintritt der Volljährigkeit alle Rechte und Pflichten eines mündigen Staatsbürgers. Daher muss der als erwachsen geltende auch grundsätzlich die volle Verantwortung für von ihm begangene Straftaten tragen. Deswegen muss durch eine Ergänzung im Jugendgerichtsgesetz klargestellt werden, dass bei Heranwachsenden grundsätzlich das allgemeine Strafrecht angewandt wird. Die Anwendung von Jugendstrafrecht auf Heranwachsende darf lediglich im Ausnahmefall in Betracht kommen. – Ausländische jugendliche Intensivtäter müssen in ihr Heimatland abgeschoben werden Ausländer müssen bei einer Verurteilung zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr ohne Bewährung zwingend ausgewiesen werden können. Bisher ist dies nur unter bestimmten Bedingungen nach drei Jahren möglich. Gleichzeitig muss auch der Ausweisungsschutz im Aufenthaltsrecht für schwer kriminelle Jugendliche zurückgefahren werden. Dazu muss das Aufenthaltsrecht geändert werden. – Für schwere Verbrechen muss die Höchstgrenze der Jugendstrafe von 10 auf 15 Jahre erhöht werden Das Strafmaß von 10 Jahren reicht bei schwerster Kriminalität oftmals nicht aus, um einen angemessenen Schuldausgleich zu ermöglichen. Den Gerichten muss die Möglichkeit eingeräumt werden, z.B. bei brutalen Mordtaten Jugendstrafen bis zu 15 Jahren zu verhängen. – Einführung eines „Warnschussarrestes“ Zur wirksamen Bekämpfung der Jugendkriminalität gehört auch die Einführung eines „Warnschussarrestes“, um die gemeinsame Verhängung einer Bewährungsstrafe und eines Arrestes zu ermöglichen. Ein zusätzlicher Arrest von ein paar Wochen kann eine positive Wirkung entfalten, um jungen Kriminellen nachhaltig klar zu machen, dass sie die Grenzen überschritten haben. – Einführung eines Fahrverbots als eigenständige Sanktion Ein Fahrverbot oder die Verhinderung des Erwerbs eines Führerscheins soll als eigenständige Sanktion rechtlich verankert werden. Durch die Einschränkung ihrer Mobilität werden insbesondere junge Straftäter wirkungsvoll auf ihr Fehlverhalten hingewiesen. Ein Fahrverbot trifft ihn oft härter, als etwa eine Bewährungsstrafe. – Das sog. vorgezogene Jugendverfahren muss in allen Bundesländern zum Standard werden Die Strafe muss der Tat auf dem Fuß folgen – eine schnelle und konsequente Reaktion auf die Straftat und eine rasche Aburteilung beeindrucken den Täter oftmals mehr als das eigentliche Strafmaß. … – Bewährungsstrafen mit Arbeitsstunden verbinden Jugendstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt sind, sollen regelmäßig mit Arbeitsstunden für gemeinnützige oder öffentliche Einrichtungen ausgesprochen werden. Ansonsten erfolgt für den jugendlichen Straftäter keine spürbare Reaktion des Staates auf seine Straftat. – Jugendliche Straftäter zur Teilnahme an Präventionsprojekten verpflichten Als Alternative oder Ergänzung zu einer Haftstrafe sollen jugendliche Straftäter verpflichtet werden, an Präventionsprojekten teilzunehmen, um diese mit einer positiven Prognose abzuschließen. In diesen Projekten sollen die Jugendlichen erfahren, wie Konflikte ohne Gewalt zu lösen sind sowie die gesellschaftlich notwendigen Tugenden wie Rechtstreue und Disziplin neu lernen. … – Kriminalprävention geht alle an Die Kriminalprävention muss verstärkt auf die Beseitigung der Ursachen der jugendlichen Gewaltkriminalität ausgerichtet sein, muss Gemeinschaftsaufgabe aller Bürger und verantwortlichen Stellen werden, ohne Berührungsängste und Voreingenommenheit. – Verringerung von Tatgelegenheiten im öffentlichen Raum Öffentliche Räume müssen verstärkt aus der Perspektive von Sicherheit und Ordnung beurteilt werden. In allen öffentlichen Räumen muss durch bauliche Sicherung, den verstärkten Einsatz von Videokameras, sichere Quartiersgestaltung und präventives Sozialmanagement Wohnungseinbrüchen und Diebstählen sowie Vandalismus und Gewalt vorgebeugt werden. Dadurch werden angstfreie Räume geschaffen und unsere Städte sicherer. Die Innenminister und -senatoren der Union sind sich einig, dass Sicherheit ein fundamentales Bedürfnis der Menschen ist und der Staat die Aufgabe hat, diese Sicherheit zu gewährleisten. Es darf keine rechtsfreien, sondern nur angstfreie Räume geben. Die Lehre aus den aktuellen Ereignissen kann es deshalb nicht sein, die Hände in den Schoß zu legen und darauf zu verweisen, dass alles in Ordnung ist und nichts getan werden muss. Vielmehr muss gerade den Opfern solcher brutaler Übergriffe gezeigt werden, dass sich Zivilcourage trotz allem lohnt und der Staat die mutmaßlichen Täter mit aller Konsequenz verfolgt und bestraft. Die Rechtsstaatsqualität des Gemeinwesens manifestiert sich vor allem in der Sicherheit des einzelnen Bürgers vor Übergriffen durch Dritte.“ Das Eckpunktepapier steht Ihnen im Anhang in vollem Textumfang zur Verfügung. Außerdem ist die Antwort der Bundesregierung zur Kleinen Anfrage in dieser Angelegenheit im Anhang für Sie bereitgestellt.
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Quelle: www.hmdi.hessen.de/ Katholische Nachrichtenagentur, Pressemeldungen des Hessischen Ministeriums des Innern und für Sport sowie des Behörde für Inneres des Landes Hamburg