MENSCHEN SAGEN „JA“ ZU DEUTSCHLAND UND WOLLEN SICH ENGAGIEREN Erstmalig werden Erkenntnisse zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Integration von Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte vorgelegt. Der Nordrheinwestfälische Integrationsbericht gibt ein Bild über den Stand der Integration. Er benennt Integrationserfolge, zeigt aber auch deutlich Handlungsbedarfe auf. Eine Sonderauswertung sowie weitere Datenanalysen liegen dem Bericht zugrunde. Erstmalig wurden nicht nur Daten zu Lebenslagen von Deutschen und Ausländern, sondern auch von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte erfasst und ausgewertet. Laut dem NRW-Integrationsminister Armin Laschet gibt der Bericht ein deutliches Signal an die Mehrheitsgesellschaft, dass es viele Menschen gibt, die „Ja“ zu Deutschland sagen und sich engagieren wollen. Der vorliegende Bericht soll der Einstieg in ein regelmäßiges indikatorengestütztes Integrationsmonitoring sein. Auszüge aus dem NRW-Integrationsbericht mit besonderem Blick auf die Arbeitsmarkt- und Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte: “ STAND DER INTEGRATION: LEBENSLAGE DER MENSCHEN MIT ZUWANDERUNGSGESCHICHTE Bei der Betrachtung der nachfolgenden Daten müssen auch die Unterschiede der Aufenthaltsdauer berücksichtigt werden. Von den 4,1 Mio. Menschen mit Zuwanderungsgeschichte haben 6,9 % oder 281.000 eine Aufenthaltsdauer von unter 5 Jahren, weitere 9,7 % oder 392.000 sind erst seit 5 – 10 Jahren in Deutschland. Sie hatten also nur wenige Jahre, um rechtlich, wirtschaftlich und sozial Fuß zu fassen. Immerhin sind aber bereits 71,5 % der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte entweder in Nordrhein-Westfalen geboren oder haben eine Aufenthaltszeit von über 15 Jahren. Von den Ausländerinnen und Ausländern sind zwei Drittel (65,5 %) in Deutschland geboren oder seit über 15 Jahren im Land. … 2. Arbeitsmarkt und Erwerbsbeteiligung: deutliche Unterschiede zwischen einheimischer und zugewanderter Bevölkerung Die Lebenslage der Zuwanderinnen und Zuwanderer und ihrer Familie ebenso wie die der einheimischen Bevölkerung wird durch ihren Zugang zu Bildung, Ausbildung, Arbeit und Einkommen ganz wesentlich geprägt. Auch mehr als 50Jahre nach der ersten Anwerbung italienischer ‚Gastarbeiter‘ kann festgestellt werden, dass Menschen mit Zuwanderungsgeschichte in allen Bereichen der strukturellen Integration deutlich hinter denen ohne Zuwanderungsgeschichte zurückliegen, wobei es gravierende Unterschiede zwischen den verschiedenen zugewanderten Gruppen gibt. … 2.1 Erwerbsbeteiligung der Menschen mit Zuwanderungsgeschichte Die Erwerbsbeteiligung ist der zentrale Indikator für die Verankerung in den Arbeitsmarkt. Im Jahr 2006 gab es in Nordrhein-Westfalen insgesamt 8.531 Mio. Erwerbspersonen, davon waren 56 % Männer und 44 % Frauen. Erwerbspersonen sind Menschen, die entweder erwerbstätig sind oder dem Arbeitsmarkt sofort zur Verfügung stehen. Jede fünfte Erwerbsperson 1.856 Mio. (21,7 %) in Nordrhein-Westfalen hat eine Zuwanderungsgeschichte, 936.000 haben eine ausländische Staatsangehörigkeit und 342.000 sind eingebürgerte ehemalige Ausländerinnen und Ausländer, darunter 113.000 eingebürgerte ehemalige Türkinnen und Türken. Fast 1,6 Mio. Erwerbspersonen (18,5 %) sind Einwanderinnen und Einwanderer der 1. Generation, also im Ausland geboren. Für alle Gruppen gilt, dass Frauen eine niedrigere Erwerbsbeteiligung aufweisen als Männer. Je nach Zuwanderungsstatus zeigen sich große Unterschiede. So sind 45,3 % der deutschen Erwerbspersonen Frauen, 40,2 % der Erwerbspersonen mit Zuwanderungsgeschichte, 37,7 % der ausländischen aber nur 31,3 % der Erwerbspersonen mit türkischer Staatsangehörigkeit. Das Bild einer unterdurchschnittlichen Erwerbsbeteiligung von Frauen zeigt sich deutlich, wenn die Erwerbsquoten betrachtet werden. … Die Erwerbsquote der Deutschen liegt bei 73,5 %, die der deutschen Männer sogar bei über 80 %, die der deutschen Frauen bei 66,7 %. Deutlich niedriger fallen die Werte für die übrigen Gruppen aus. Bei den Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sind 65, 9 % erwerbstätig, bei den Ausländerinnen und Ausländern mit 62,2 % noch einmal weniger. Die niedrigste Erwerbsquote weist die türkische Bevölkerung mit nur 55 % auf. Besonders ausgeprägt ist hier die Differenz zwischen Männern und Frauen. Mit einer Erwerbsquote von nur 35,6 % ist gerade einmal jede dritte türkische Frau erwerbstätig. Ein wegweisendes Ergebnis der differenzierten Betrachtung nach Zuwanderungsstatus ist die gegenüber der ausländischen Bevölkerung wesentlich bessere Verankerung von Eingebürgerten in den Arbeitsmarkt. Die Erwerbsquote von Eingebürgerten liegt mit 71,3 % nur um knapp 2 Prozentpunkte unterhalb der von Deutschen. Bei den eingebürgerten Männern ist mit über 80 % Gleichstand zu deutschen Männern insgesamt erreicht. Das gilt auch für die Eingebürgerten mit türkischer Zuwanderungsgeschichte. … Auch bei den Frauen zeigt sich ein vielschichtiges Bild. Zwar haben eingebürgerte Frauen eine niedrigere Erwerbsquote (61,4 %) als deutsche Frauen insgesamt (66,7 %). Sie ist jedoch klar höher als die Quote der ausländischen Frauen (47,4 %). Auch eingebürgerte Frauen sind also wesentlich besser auf dem Arbeitsmarkt verankert als ausländische Frauen. Auffällig ist dies ganz besonders bei den türkeistämmigen Frauen. Eingebürgerte Frauen türkischer Herkunft weisen mit 53,9 % eine um über 50 % (18,3 Prozentpunkte) höhere Erwerbsquote als Frauen mit nur türkischer Staatsangehörigkeit (35,6 %) auf. … 2.3 Erwerbsstruktur junger Menschen mit Zuwanderungsgeschichte … Die Verteilung auf die Wirtschaftsbereiche bei jungen Menschen ist insgesamt ausgeglichener als bei den Erwerbstätigen insgesamt. Junge Deutsche und junge Ausländer sind anders als ältere mit 27,6 % bzw. 27, 7 % beim Produzierenden Gewerbe gleich stark vertreten. Auffällig ist allerdings hier mit 40 % der sehr hohe Anteil junger Türkinnen und Türken. Ganz offensichtlich orientiert sich eine große Zahl von jungen türkischen Zuwanderinnen und Zuwanderern stärker am Vorbild der Elterngeneration als andere Zuwanderergruppen und sucht eine Beschäftigung im Industriebereich. Eine Ausnahme sind erneut die eingebürgerten ehemaligen Türken. Mit 29,9 % liegen sie in der Nähe des Wertes für die jungen Erwerbstätigen insgesamt. Besonders groß ist die Bedeutung von Handel, Gastgewerbe und Verkehr bei der ausländischen Bevölkerung. … Insgesamt gilt: Junge Menschen mit Zuwanderungsgeschichte sind seltener als ältere im Produzierenden Gewerbe tätig und häufiger in den Bereichen Handel, Gastgewerbe und Verkehr sowie im Dienstleistungsbereich. … 4. Erwerbslosigkeit: Menschen mit Zuwanderungsgeschichte stärker betroffen Deutlich häufiger als bei der einheimischen Bevölkerung ist die Lebenslage von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte im Allgemeinen und Ausländerinnen und Ausländern im Besonderen durch Arbeitslosigkeit gekennzeichnet. Eine Kernursache ist die hohe Erwerbskonzentration in den Bereichen der nordrhein-westfälischen Wirtschaft, die in den vergangenen Jahren vom Strukturwandel und dem Abbau von Arbeitsplätzen in besonderer Weise betroffen waren. So ging allein von 1991 bis 2005 die Zahl der Erwerbstätigen im Produzierenden Gewerbe – dem traditionellen Beschäftigungsschwerpunkt von Zuwanderinnen und Zuwanderern – in Nordrhein-Westfalen von 3.042 Millionen um 30 % oder knapp 1 Mio. zurück. Der Arbeitsplatzabbau traf die zugewanderten Menschen stärker als andere Gruppen. … Mit 17,9 % sind Menschen mit Zuwanderungsgeschichte fast doppelt so stark von Erwerbslosigkeit betroffenen wie die Erwerbspersonen insgesamt (9,9 %). In absoluten Zahlen waren das 2006 332.000 Männer und Frauen. Fast 40 % der Erwerbslosen in Nordrhein-Westfalen sind Menschen mit Zuwanderungsgeschichte. Die Ausländererwerbslosigkeit ist mit 21,7 % noch einmal deutlich höher. Dramatisch zu nennen ist die Erwerbslosenquote der türkischen Staatsangehörigen. Mit 26,1 % ist sie dreimal höher als die der Deutschen (8,5 %). Aufschlussreich ist auch hier der Vergleich von Nichtdeutschen und Eingebürgerten. Mit 16,7 % liegt die Erwerbslosenquote der Eingebürgerten um 5 Prozentpunkte unter der von Nichtdeutschen (21,7 %), bei den eingebürgerten Frauen sind es sogar 5,6 Prozentpunkte. Eingebürgerte sind deutlich seltener von Erwerbslosigkeit betroffen als Personen mit nur ausländischem Pass, liegen aber dennoch klar über den Werten der Deutschen insgesamt. Besorgniserregend ist, dass die Erwerbslosenquote der unter 25 Jahre alten Menschen mit Zuwanderungsgeschichte höher ist als die aller Zugewanderten. … 4.1 Ausländerinnen und Ausländer besonders häufig im SGB II-Bereich … Ausländerinnen und Ausländer haben also vom wirtschaftlichen Aufschwung und dem Rückgang der Arbeitslosenzahlen in Nordrhein-Westfalen profitiert, allerdings nicht im gleichen Maße wie Deutsche. Ein Grund dafür ist der überproportional hohe Anteil von schwer vermittelbaren Personen. So liegt der Anteil ausländischer Arbeitsloser im SGB III-Bereich bei 12,3 %, im SGB II-Bereich ist er mit 24,4 % doppelt so hoch. Von allen Arbeitslosen im Juni 2008 waren 24,8 % (186.668) im SGB III-Bereich und 75,2 % im SGB II-Bereich. Bei den ausländischen Arbeitslosen waren nur 14,2 % im SGB III-Bereich, aber über 85 % im SGB II-Bereich. … 6. Menschen mit Zuwanderungsgeschichte: Bildung und Qualifikation von entscheidender Bedeutung Bildung ist der Schlüssel zur Integration. Das deutsche Bildungssystem hat hier einen großen Nachholbedarf. … Seit 1975 ist die Arbeitslosenquote von Personen ohne Berufsabschluss von knapp 6 % auf 26 % angestiegen. Die Quote für Personen mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluss liegt heute wie 1975 bei rund 3-4 %. Die Schere ist deutlich auseinander gegangen: Qualifikation zählt heute mehr denn je. … 6.2 Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit Zuwanderungsgeschichte in Nordrhein-Westfalen … Laut Schulstatistik (alle Schulformen) haben 2007 10,7 % der ausländischen Jugendlichen die Schule ohne Abschluss beendet. Jede zehnte ausländische Schülerin bzw. jeder zehnte ausländische Schüler startete ins Berufsleben, ohne die Schule erfolgreich abgeschlossen zu haben. Bei den ausländischen Jungen sind es sogar 12,7 %, gegenüber 8,6 % bei den Mädchen. So hoch diese Zahl auch ist, sie bedeutet auch: 9 von 10 nichtdeutschen Jugendlichen in Nordrhein-Westfalen haben 2007 die Schule mit Abschluss verlassen. … Bei den Aussiedlerinnen und Aussiedlern ist die Situation günstiger: Mit 4,0 % ist die Schulabbrecherquote viel geringer als bei den ausländischen Schülern. … Deutlich wird, dass die Quote der ausländischen Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss seit den 1980er Jahren deutlich gesunken ist. Im Schuljahr 1985/86 ging noch mehr als jeder fünfte ausländische Schüler (22,9 %) ohne Abschluss ab. Im zurückliegenden Schuljahr 2006/2007 waren es 14,8 %. Gleichzeitig hat sich gegenüber 1985/86 die Quote der ausländischen Schulabgängerinnen und Schulabgänger mit Hochschulreife fast verdoppelt, von 5,7 % auf 10,9 %. Deutlich ist aber auch: Der positive Trend ist in den zurückliegenden Jahren ins Stocken geraten, zum Teil ist er rückläufig. Im zurückliegenden Schuljahr ist die Quote der ausländischen Schülerinnen und Schüler ohne Abschluss wieder angestiegen. Die wesentlich höhere Quote der ausländischen Schüler ohne Abschluss darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass 3 von 4 Schulabgängern ohne Abschluss Deutsche sind. … AUSBLICK … Klar ist …: Integration gelingt nicht von heute auf morgen. Die Fehler und Versäumnisse der Vergangenheit wirken nach. Erfolgreiche Integration erfordert erhebliche Anstrengungen von den Zugewanderten und von der aufnehmenden Gesellschaft. Integrationspolitik in Nordrhein-Westfalen spricht eine klare Sprache. Sie beruht auf den Grundsätzen des Förderns und Forderns. Sie will die Barrieren für eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe abbauen und fordert gleichzeitig von den Menschen mit Zuwanderungsgeschichte die Bereitschaft zur Integration. Dazu gehört an erster Stelle die Anerkennung der Werte und Normen des Grundgesetzes. …“ Den Bericht in vollem Umfang entnehmen Sie bitte der Homepage des Ministeriums für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen oder dem Anhang.
http://www.mgffi.nrw.de/presse/pressemitteilungen/pm2008/pm080820a/index.php
Quelle: MGFFI NRW
Dokumente: Integrationsbericht_final150808.pdf