40 Prozent der Azubis leisten regelmäßig Überstunden

BETRIEBLICHE AUSBILDUNG IM FOCUS Der DGB hat, wie auch in den vergangenen zwei Jahren, im Rahmen seiner Bildungsarbeit in Oberstufenzentren und Berufschulen Auszubildende befragt. Der Ausbildungsreport spiegelt die Perspektive der 4725 Befragten in den laut BiBB 25 meist frequentierten Ausbildungsberufen wieder. Der Ausbildungsreport erinnert daran, dass es Kriterien für eine gute Ausbildung gibt. Die Ergebnisse zeigen, dass neben kritischen Stimmen, die Mehrzahl der Auszubildenden zufrieden ist. Auszüge aus dem DGB-Jugend Ausbildungsreport 2008: “ AUSSAGEN ZUR GESAMTQUALITÄT DER AUSBILDUNG …Für die Ausbildungsqualität spielt neben der individuellen Situation im Betrieb die Zugehörigkeit zur Berufsgruppe bzw. zur jeweiligen Branche eine entscheidende Rolle. Unter den 25 meistfrequentierten Berufen Deutschlands schneiden … die Industriemechaniker am besten ab. … Überraschend ist das schlechte Abschneiden der Dienstleistungsberufe. So kommen beispielsweise die medizinischen Fachangestellten in diesem Jahr nach den Bewertungen ihrer Auszubildenden nicht über einen Platz im unteren Mittelfeld hinaus. Im vorigen Jahr lagen sie noch an zweiter Stelle im Gesamt-Ranking. Das zeigt, dass die vielen Mittelkürzungen und personellen Sparrunden im Gesundheitswesen nun auch auf die Berufsausbildung des Nachwuchses durchschlagen. … Positiv ist zu erwähnen, dass die kaufmännischen Büro-Berufe in der Mehrzahl wieder auf den vorderen Plätzen gelandet sind. Durch alle Kategorien hinweg erhalten sie von den Auszubildenden gute bis sehr gute Bewertungen. Die Berufe im Metall- und Elektrohandwerk konnten im Vergleich zum Vorjahr deutlich zulegen. Sie landeten in der Bewertung ihrer Auszubildenden im vorderen Mittelfeld. Das zeigt, dass auch hier der Fachkräftemangel zu einem Umdenken in Sachen Qualitätsentwicklung zwingt und Wirkung zeigt. Dass das nicht für alle Handwerksbereiche gilt, zeigt das Abschneiden des Handwerks Ernährung. In letzterem stellen die Auszubildenden dem Bäckerhandwerk mit negativen Aussagen zu überlangen Arbeits- und Ausbildungszeiten, permanenten Überstunden sowie geringen Verdienstmöglichkeiten kein besonders gutes Zeugnis aus. Ganz am Ende in der Bewertung landen … die Maler und Lackierer. Die Unzufriedenheit der Auszubildenden beruht hier auf mangelnder fachlicher Anleitung bei hoher Eigenverantwortung und vielen zu leistenden Überstunden. Ein großes Problem stellen … die Bedingungen im Hotel- und Gaststättenbereich dar. … Harte Arbeit, permanent viele Überstunden, ein oftmals rauer Ton und das Gefühl, ausgenutzt zu werden hinterlassen bei vielen Auszubildenden in dieser Branche ein enttäuschendes Gefühl. Die oftmals noch jugendlichen Auszubildenden sind dem enormen Druck von Ausbildern und Kunden teilweise rücksichtslos ausgesetzt. Wenig Lehrinhalte aber hohe Arbeitsintensität führen dabei für so Manchen zu körperlichen und geistigen Erschöpfungszuständen. Die enorm hohe Ausbildungs-Abbruchquote von 40 Prozent im Hotel- und Gaststättenbereich spiegelt die harte Realität in der Branche wider, die vor allem junge Frauen betrifft. … Dass die Firmengröße bei der Bewertung der Ausbildungsqualität eine wichtige Rolle spielt, kommt auch in diesem Jahr wieder zum tragen. Allerdings hat sich der Abstand zwischen den Kleinstbetrieben und den Klein- und Mittelständischen Betrieben etwas zum Positiven abgeschwächt. Deutlich abheben können sich in Sachen Ausbildungsqualität jedoch nach wie vor die Großbetriebe. Durch ihre materiellen und personellen Ressourcen sind sie in der Lage, eine strukturierte Ausbildung im vollen Umfang zu gewährleisten. Klein- und Kleinstbetriebe, die mit wenig Personal flexibel auf Angebot und Nachfrage reagieren müssen, binden ihre Auszubildenden dagegen je nach Auftragslage-, und weniger nach betrieblichem Ausbildungsplan in die Arbeit mit ein. Bei der Beurteilung der fachlichen Anleitung gibt es in den Aussagen der Auszubildenden so gut wie keine Unterschiede zwischen unterschiedlichen Betriebsgrößen. Allerdings bleibt festzuhalten, dass mit zunehmender Betriebsgröße weniger ausbildungsfremde Tätigkeiten zu verrichten sind. Insgesamt beurteilen die Auszubildenden aus Großbetrieben ihre Ausbildung besser als die in Kleinen und Mittleren Unternehmen. Dort arbeiten sie früher eigenverantwortlich und werden oftmals direkt in die Arbeitsabläufe mit eingebunden, was zu viel Druck im Umgang mit den Vorgesetzten und zu häufigen Überstunden führt. In Großbetrieben haben die Auszubildenden dagegen die Möglichkeit, viel auszuprobieren und sich kontinuierlich zu entwickeln. * Ausbildungsfremde Tätigkeiten Obwohl die Ausbildungsqualität in vielen Bereichen leicht besser geworden ist, geben die Auszubildenden an, dass sie im Betrieb mehr ausbildungsfremde Tätigkeiten ableisten müssen, als dies noch vor einem Jahr der Fall war. … Gerade in Kleinst- und Kleinbetrieben mit wenigen finanziellen und personellen Ressourcen muss der Auszubildende oftmals für Erledigungen herhalten, die nichts mit seiner fachlichen Qualifizierung zu tun haben. Betriebliche Ausbildungspläne sind dann egal. Die eigentliche Ausbildung findet �on the job’ statt. Zeit für ausführliches Probieren und Erklären ist da, wenn es die Auftragslage hergibt. Zwar sind diese Fälle nicht die Regel, treten jedoch zu häufig auf, um sie pauschal als Einzelfälle zu verharmlosen. * Berufsschule Eine leichte Verschlechterung gegenüber dem Vorjahr gibt es auch bei der Bewertung der fachlichen Qualität des Berufsschulunterrichts durch die Auszubildenden. Die Berufsschulen halten oft in der technologischen Entwicklung mit vielen Betrieben, insbesondere in der Industrie, nicht mehr mit. Durch die massive Zunahme von vollzeitschulischen Ausbildungsgängen und Qualifikationsmaßnahmen im Übergangssystem, steht vielerorts nicht mehr genügend Lehrpersonal für die duale Ausbildung zur Verfügung. Bei Unterrichtsausfällen und ständig wechselnden Vertretungen leidet die theoretische Wissensvermittlung, die im Betrieb nicht kompensiert werden kann. Die Auszubildenden sprechen von einer schlechten Lernatmosphäre. … Eine oftmals unzureichende materielle Ausstattung (z.B. fehlende Computerlabs etc.) benachteiligt diejenigen, die keine Möglichkeit haben, einen Internetanschluss im Elternhaus zu nutzen. * Vergütung … Nach wie vor erhält die Mehrheit der Befragten pünktlich ihre Ausbildungsvergütung. Trotzdem geben noch immer 3,8 Prozent der Auszubildenden an, dass ihre vertraglich festgelegte Vergütung zu spät gezahlt wird oder ganz ausbleibt. Sollte man eigentlich davon ausgehen, dass die Lohnabrechnungen immer stimmen, so können dies nur 88,6 Prozent aller befragten Auszubildenden bestätigen. Unstimmigkeiten gibt es vor allem in Klein- und Familienbetrieben. … Die Ausbildungsvergütungen werden zwar offiziell jährlich – wie gesetzlich vorgeschrieben – angehoben, sie sind jedoch real durch den Kaufkraftverlust angesichts deutlich steigender Lebensmittel- und Energiepreise gesunken. Eine Auswertung der Ausbildungsvergütung nach Geschlechtern ergab, dass junge Frauen in Ost und West geringer vergütet werden als ihre männlichen Kollegen. Dieser Fakt resultiert aus der Tatsache, dass die Mehrzahl der jungen Frauen noch immer häufiger in Berufen mit niedrigeren Ausbildungsvergütungen ausgebildet wird als junge Männer. * Ausbildungsabbrüche Seit Jahren gibt es das Phänomen der häufigen Ausbildungsabbrüche – und das bei anhaltendem Ausbildungsplatzmangel. Unter den Befragten zum Ausbildungsreport 2008 hat jeder Zehnte schon einmal eine Ausbildung abgebrochen. … Die offizielle Quote liegt laut Berufsbildungsbericht der Bundesregierung etwa doppelt so hoch (19,8 Prozent). Als Gründe geben die Auszubildenden zumeist massive Überstunden, regelmäßige ausbildungsfremde Tätigkeiten, die schlechte Vermittlung von Ausbildungsinhalten sowie persönliche Gründe an. Fest steht, dass in einer Situation, in der ein betrieblicher Ausbildungsplatz hart erkämpft werden muss, nur wenige einfach so aufgeben. Meist wurde zuvor das Gespräch mit dem Vorgesetzten gesucht, die Kammern oder die Gewerkschaften als Mittler eingeschaltet. Doch wenn das Ausbildungsverhältnis zerrüttet ist und die Jugendlichen im Betrieb keinen Ausweg mehr wissen, hilft oft nur noch eine vorzeitige Auflösung des Ausbildungsverhältnisses. … DETAILS * Ausbildungsfremde Tätigkeiten Viele Auszubildende leiden darunter, zu ausbildungsfremden Tätigkeiten während ihrer Ausbildungszeit herangezogen zu werden. Egal ob als Aushilfe für fehlende Mitarbeiter oder für private Aufträge des Chefs: als Kollege auf der untersten Ebene und mit dem geringsten Standing im Betrieb, wagt in der Regel kaum ein Auszubildender, dagegen anzukämpfen. Nur etwas mehr als ein Viertel aller befragten Auszubildenden gibt an, nie für ausbildungsfremde Tätigkeiten eingesetzt zu werden. Obwohl die Regelungen des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) eindeutig regeln, welche Aufgaben und Tätigkeiten zu den Pflichten eines Auszubildenden gehören, sieht es in weiten Teilen der Praxis nach wie vor noch anders aus: 16 Prozent der befragten Auszubildenden geben an �immer’, bzw. �häufig’ mit ausbildungsfremden Tätigkeiten befasst zu sein. Sie kommen überwiegend aus den Dienstleistungsberufen, aus dem Handwerk Ernährung sowie aus der Baubranche. … *Betreuung durch den Ausbilder Zwei Drittel der Befragten, die einen Ausbilder haben, erhalten �immer’ oder �häufig’ eine gute Betreuung. 15,7 Prozent bekommen dagegen eher �selten’ bzw. �nie’ etwas beigebracht. … Bei Ausbildungsabbrüchen spielt die mangelnde Betreuung aus Sicht der Auszubildenden eine wichtige Rolle. Wenn die Ausbildungsinhalte schlecht vermittelt werden, fühlen sich die Jugendlichen auf sich allein gestellt und dann bei Fehlern zu Unrecht kritisiert. Mit dem Wissen um das fehlende Fachwissen steigt der Prüfungsdruck und die Angst, nicht gut genug ausgebildet zu werden. … * Regelmäßigkeit von Überstunden 40,4 Prozent aller befragten Auszubildenden leisten freiwillig oder unfreiwillig regelmäßig Überstunden. Betroffen sind vor allem Azubis aus dem Gastgewerbe, z.B. Hotel- und Restaurantfachleute, aus dem Handwerk Ernährung, z.B. Köche und Bäcker, sowie aus den Dienstleistungsberufen, z.B. Friseure oder Medizinische Fachangestellte. Konkret geben beispielsweise 70 Prozent aller befragten Hotelfachleute und 59,4 Prozent aller befragten Restaurantfachleute an, regelmäßig Überstunden ableisten zu müssen. Bei den Köchen sind es 55,6 Prozent. Demgegenüber geben nur 18,1 Prozent aller befragten Auszubildenden zum Industriemechaniker an, regelmäßig länger arbeiten zu müssen. Sie landen damit in der Bewertung durch die Auszubildenden auf einem Spitzenplatz. Die Situation der Auszubildenden insgesamt ist nicht einfach. Schließlich wollen sie einen guten Eindruck hinterlassen und in den meisten Fällen nach Beendigung der Ausbildung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen werden. Nur wenige trauen sich deshalb, regelmäßige Überstunden abzulehnen. … * Ausbildungsvergütung und Geschlecht Laut Berufsbildungsbericht 2008 der Bundesregierung gab es Unterschiede bei der durchschnittlichen Höhe der Vergütungen männlicher und weiblicher Auszubildender. Demnach verdienten männliche Auszubildende im Jahr 2007 in den alten Bundesländern im Durchschnitt 659 Euro brutto im Monat, weibliche dagegen durchschnittlich 620 Euro. Das gleiche Bild spiegelt sich auch in den neuen Ländern wieder. Dort kamen männliche Auszubildende im Durchschnitt auf 564 Euro, während ihre weiblichen Kolleginnen nur 527 Euro erhielten. Die abweichenden Vergütungsdurchschnitte resultieren aus der unterschiedlichen Verteilung von männlichen und weiblichen Auszubildenden auf „typische“ Männer- und Frauenberufe. Das bedeutet, dass junge Frauen häufiger in Berufen mit niedrigeren Ausbildungsvergütungen ausgebildet werden als junge Männer. Unter den … befragten Auszubildenden ergab sich etwa das gleiche Bild. Die geschlechterspezifisch ungleiche Bezahlung durch die Ergreifung „typischer“ Männer- oder Frauenberufe setzt sich damit weiter fort. … * Zufriedenheit durch Interessensvertretung Unter allen befragten Auszubildenden mit betrieblicher Interessenvertretung (Jugend- und Auszubildendenvertretung oder Betriebs-, bzw. Personalrat) geben 85 Prozent an, mit ihrer Ausbildung �sehr zufrieden’ oder �zufrieden’ zu sein. Ohne Interessenvertretung waren dies nur 65,7 Prozent, und damit deutlich weniger. Umgekehrt sind nur 3,7 Prozent all jener mit Ihrer Ausbildung �unzufrieden’, bzw. �sehr unzufrieden’, die eine betriebliche Interessenvertretung an ihrer Seite wissen. Ohne diesen Beistand sind es mehr als dreimal so viele, nämlich 12,1 Prozent. … * Zufrienheit durch Übernahme Unter den befragten Auszubildenden weiß die große Mehrheit (knapp zwei Drittel) nicht, ob sie im Anschluss an ihre Ausbildung vom Ausbildungsbetrieb übernommen wird. Bei 13,8 Prozent ist klar, dass es für sie im Ausbildungsbetrieb nicht weitergeht. Inwiefern findet sich das in der persönlichen Ausbildungszufriedenheit wieder? 83,5 Prozent derer, die sicher wissen, dass sie übernommen werden, sind �sehr zufrieden’ und �zufrieden’, nur 4 Prozent gaben an �unzufrieden’ oder gar �sehr unzufrieden’ zu sein. Anders ist es bei den Auszubildenden, die nicht übernommen werden. Lediglich 54,2 Prozent äußern sich zufrieden, während 18,5 Prozent überhaupt nicht zufrieden sind. So zeigt sich, dass die Wertschätzung der Persönlichkeit und der beruflichen Leistungen, die sich in einer zugesagten Übernahme nach der Ausbildung widerspiegelt, einen erheblichen Einfluss auf die Gesamtzufriedenheit in der Ausbildung hat. … “ Den Ausbildungsreport in vollem Textumfang und einschließlich aller grafischen Abbildungen entnehmen Sie bitte dem Anhang oder aufgeführtem Link.

http://www.dgb-jugend.de/ausbildung
http://www.dgb.de/presse/pressemeldungen/pmdb/pressemeldung_single?pmid=3273

Quelle: DGB Jugend

Dokumente: ausbildungreport_2008_lang_1_.pdf

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