Wo Ausbildungspotential noch brach liegt

BETRIEBLICHE AUSBILDUNG Die Situation am Ausbildungsmarkt hat sich zwar zuletzt verbessert, ist aber immer noch nicht zufriedenstellend. Zu Beginn des Ausbildungsjahres 2007/2008, am 30. September 2007, standen gut 29.000 noch nicht vermittelten Bewerberinnen und Bewerbern nur etwas mehr als 18.000 unbesetzte Ausbildungsplätze gegenüber. Auch wenn im Herbst 2008 die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze die Zahl der Ausbildungssuchenden übersteigt, sind nach wie vor Anstrengungen von Nöten, um allen Bewerberinnen und Bewerbern eine Ausbildungsperspektive zu bieten. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung legt in seinem Kurzbericht 19/2008 Analysen über das betriebliche Ausbildungspotential in Deutschland vor. Auszüge aus dem Bericht von Marek Frei und Florian Janik: “ … Die rechnerische Lücke zwischen Angebot und Nachfrage konnte zwar im vergangenen Jahr – wie in den Jahren davor – durch Nachvermittlung und Fördermaßnahmen verringert werden. Trotzdem blieben wieder nicht weniger Jugendliche ohne einen Ausbildungsplatz. … In der näheren Zukunft ist ebenfalls keine durchgreifende Entspannung am Ausbildungsmarkt zu erwarten: Relativ geburtenstarke Jahrgänge drängen auf den Ausbildungsmarkt und die unversorgt gebliebenen Jugendlichen der vergangenen Jahre, so genannte Altbewerber, suchen weiterhin einen Ausbildungsplatz. In der politischen Diskussion geht es regelmäßig um die Frage, in welchen Bereichen Potenzial für zusätzliche Ausbildungsplätze vorhanden ist und ob und wie es ausgeschöpft werden kann. … * Anteil der ausbildenden Betriebe ist seit Jahren stabil Ein Betrieb darf in Deutschland nur dann Ausbildungsplätze anbieten, wenn er die gesetzlichen Voraussetzungen zur Berufsausbildung nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) bzw. der Handwerksordnung (HwO) erfüllt – wenn er also über eine Ausbildungsberechtigung verfügt. Dazu muss der Betrieb nach Art und Einrichtung für die Berufsausbildung geeignet sein sowie über persönlich und fachlich geeignetes Ausbildungspersonal verfügen.Derzeit erfüllen etwa 43 Prozent der Betriebe diese Voraussetzungen nicht und gelten daher als nicht ausbildungsberechtigt. Etwa 31 Prozent aller Betriebe bilden tatsächlich aus und werden im Folgenden als Ausbildungsbetriebe bezeichnet. Weitere 27 Prozent sind dazu berechtigt, bilden derzeit jedoch nicht aus. Anders ausgedrückt heißt das, dass etwas mehr als die Hälfte der ausbildungsberechtigten Betriebe von ihrem Recht auch Gebrauch macht. Diese Anteile sind im Zeitverlauf relativ stabil. Die Ausbildungsbeteiligung der Betriebe in Deutschland ist also weitgehend unabhängig von konjunkturellen Entwicklungen. Gemessen am Anteil der Betriebe, die von ihrer Möglichkeit auf Ausbildung keinen Gebrauch machen, scheint es auf den ersten Blick ein relativ großes ungenutztes Ausbildungspotenzial zu geben. Das Ausbildungsverhalten der Betriebe ist in den verschiedenen Branchen und Größenklassen sowie im Zeitverlauf allerdings unterschiedlich und muss deshalb differenziert betrachtet werden. * Produzierendes Gewerbe vor Dienstleistungen Im Produzierenden Gewerbe … bilden zwischen 36 und 44 Prozent der Betriebe aus. Hingegen beteiligen sich im Dienstleistungsbereich … nur 17 bis 34 Prozent der Betriebe an der Ausbildung. Nur der Bereich Handel/Reparatur (aus dem Dienstleistungssektor) liegt damit über dem bundesweiten Durchschnitt von 31 Prozent. Die Betriebe des Produzierenden Gewerbes nutzen also ihre Ausbildungsberechtigung in größerem Umfang als die Betriebe des Dienstleistungssektors. * Ausbildungsaktive Großbetriebe? Der Anteil ausbildungsberechtigter Betriebe steigt erwartungsgemäß mit der Betriebsgröße, ebenso wie der Anteil ausbildender Betriebe. Während nur die Hälfte der Kleinstbetriebe ausbildungsberechtigt ist, liegt der entsprechende Anteil bei Betrieben mit 250 und mehr Beschäftigten bei über 90 Prozent. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass ein ausbildungsberechtigter Betrieb ausbildet, steigt mit der Betriebsgröße. Während sich die große Mehrheit der mittelgroßen und großen Betriebe aktiv an der Ausbildung beteiligt, engagiert sich die Mehrheit der formal ausbildungsberechtigten Kleinstbetriebe zu dem betrachteten Zeitpunkt nicht in der beruflichen Ausbildung. Beachtet man jedoch, dass in den Klein- und Kleinstbetrieben etwa 45 Prozent der Auszubildenden aber nur etwa 38 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten tätig sind und in den Mittel- und Großbetrieben entsprechend 55 Prozent der Auszubildenden und 60 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, ändert sich das Bild. … * Ausbildung im Zeitverlauf Der in den letzten Jahren relativ stabile Anteil ausbildungsberechtigter, jedoch nicht ausbildender Betriebe könnte gerade bei sinkender Zahl der Ausbildungsbetriebe den Schluss nahe legen, dass die Aktivierung dieser Betriebe zu einer Erhöhung des Ausbildungsplatzangebotes beitragen könnte. Sie stellen – zumindest auf den ersten Blick – das Potenzial zur Gewinnung zusätzlicher Ausbildungsplätze dar. Würde nur die Hälfte dieser Betriebe auch nur einen Ausbildungsplatz schaffen, entspräche das ca. 250.000 zusätzlichen Ausbildungsstellen. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass sich die Ausbildungsbeteiligung auf der betrieblichen Ebene ganz anders darstellen kann als auf der gesamtwirtschaftlichen. … Für die Beurteilung des Ausbildungspotenzials ist es daher hilfreich, neben der durchschnittlichen jährlichen Ausbildungsbeteiligung auch das Ausbildungsverhalten der ausbildungsberechtigten Betriebe auf der betriebsindividuellen Ebene im Zeitverlauf zu betrachten (Fischer et al. 2007). So kann ermittelt werden, wie sich das – zumindest rein rechnerisch erschließbare – Ausbildungspotenzial zusammensetzt und es kann differenzierter über mögliche Maßnahmen zur Erhöhung des Ausbildungsplatzangebotes diskutiert werden. … Ausbildungsberechtigte Betriebe lassen sich in drei Gruppen einteilen: – Ausbildungsaktive: Betriebe, die jedes Jahr im Zeitraum 2001-2007 ausgebildet haben – Ausbildungsunterbrecher: Betriebe, die im Zeitraum 2001 und 2007 nicht in jedem Jahr ausgebildet haben – Ausbildungspassive: Betriebe, die im gesamten Beobachtungszeitraum nicht ausgebildet haben. Im Ergebnis zeigt sich für den beobachteten Zeitraum folgendes Bild: 42 Prozent der Betriebe mit Ausbildungsberechtigung haben von 2001 bis 2007 kontinuierlich ausgebildet, 36 Prozent der ausbildungsberechtigten Betriebe haben mit Unterbrechung ausgebildet und nur ca. ein Fünftel hat sich zu keinem Zeitpunkt an der Ausbildung beteiligt, war also ausbildungspassiv. Bei den ausbildungspassiven Betrieben handelt es sich fast ausschließend um Kleinst- und Kleinbetriebe mit im Durchschnitt acht Beschäftigten. Für diese Betriebe ist es schwieriger, die personellen, technischen und finanziellen Lasten für ein ständiges Engagement in der Berufsausbildung zu tragen. Gleichzeitig tritt bei vielen kleineren Betrieben nur in größeren Abständen ein Bedarf an Nachwuchskräften auf … . … Mittel- und Großbetriebe hingegen bilden nahezu permanent aus. Bemerkenswert ist, dass dies auch für 29 Prozent aller ausbildungsberechtigten Kleinstbetriebe gilt. Trotz der vergleichsweise eingeschränkten Möglichkeiten beteiligen sich somit auch zahlreiche Kleinstbetriebe kontinuierlich an der Ausbildung von jungen Frauen und Männern. Auch zwischen den Branchen zeigen sich … deutliche Unterschiede. Während im Produzierenden Gewerbe der Anteil der kontinuierlich ausbildenden Betriebe über und der Anteil nie ausbildender Betriebe unter dem Bundesdurchschnitt liegt, ist dies im Dienstleistungsbereich genau umgekehrt. * Fazit Die Ausbildungsbeteiligung der Betriebe hat sich in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr kaum verändert. Aktuell bildet mehr als jeder zweite Betrieb mit Ausbildungsberechtigung auch aus. Dieser Anteil ist über die Jahre hinweg stabil. Betrachtet man die Betriebe jedoch kontinuierlich über einen längeren Zeitraum hinweg, ändert sich das Bild: In der Zeit von 2001 bis 2007 haben sich fast 80 Prozent der ausbildungsberechtigten Betriebe permanent oder mit Unterbrechungen an der Ausbildung beteiligt. … Bei der Mehrheit der ausbildungsberechtigten Betriebe geht es somit nicht darum, sie überhaupt zur Ausbildung zu motivieren, sondern vielmehr darum, die Ausbildungsaktivitäten auszuweiten bzw. zu verstetigen. … Durch das Engagement von Wirtschaft, Kammern, BA und Politik ist es in den letzten Jahren gelungen, Tausende von Betrieben für die Ausbildung neu bzw. wieder zu gewinnen. Diese Bemühungen führen aber im Saldo nicht zwangsläufig zu einer Erhöhung der Gesamtzahl der Ausbildungsbetriebe, da sich gleichzeitig Betriebe – temporär oder dauerhaft – aus der Ausbildung zurückziehen. Eine noch stärkere Erschließung des vorhandenen, rein rechnerischen Potenzials dürfte aufgrund der eingeschränkten personellen, technischen und finanziellen Voraussetzungen der überwiegend kleinbetrieblich strukturierten Betriebe mit vergleichsweise hohen Anstrengungen verbunden sein und den Ausbau der Förderungen erfordern. Vor diesem Hintergrund erscheint eine stärkere Fokussierung bei der Ausbildungsplatzakquise auf die Betriebe angezeigt, die bereits von ihrer Ausbildungsberechtigung Gebrauch machen. … “ Den Bericht im vollen Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang oder aufgeführtem Link.

http://doku.iab.de/kurzber/2008/kb1908.pdf
http://www.iab.de

Quelle: Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung

Dokumente: iab___kb1908.pdf

Ähnliche Artikel

Skip to content