Drogenbeauftragte fordert mehr Präventionsangebote

REGELMÄßIGER SUFF BIS ZUM UMFALLEN “ Die rasant steigende Zahl jugendlicher Extremtrinker beunruhigt Experten. Ärzte und Krankenschwestern in Krankenhäusern sind schon länger alarmiert: An normalen Wochenenden bringen Polizei und Notärzte häufig betrunkene Jugendliche in die Kliniken, die stationär behandelt werden müssen. Sie werden dort stabilisiert, erhalten Infusionen und schlafen ihren Rausch aus. Meist haben sie sich den Schnaps an Tankstellen und Kiosken besorgt. »Solche Verkäufer nenne ich Dealer«, sagt Thorsten Wygold, Chefarzt der Ambulanz und Notaufnahme der Klinik auf dem Butt in Hannover. Wer in Hannover stationär aufgenommen wird, erhält am nächsten Morgen noch am Krankenbett Besuch von einem Suchtberater. Der spricht mit den Jugendlichen und bietet ihnen Hilfe an. Außerdem schildert er sehr eindrücklich, in welchem Zustand sie sich bei der Einlieferung befunden haben. »Besonders peinlich ist dann der Augenblick, wenn die Kids merken, dass sie mit einer Pampers für Erwachsene gewickelt wurden«, berichtet Chefkrankenschwester Karen Krebs. Die Zahl der Jugendlichen, die sich jährlich bundesweit ins Koma saufen, scheint sich in den vergangenen sechs Jahren mehr als verdoppelt zu haben. Dabei spielt der Unterschied ob Mädchen oder Jungen sogut wie keine Rolle. Experten sind der Ansicht, dass 80 Prozent der Heranwachsenden keine Probleme mit Alkohol hätten, doch steigt die Zahl derer, die sich regelmäßig bis zum Umfallen betrinken. Es wird zur Modeerscheinung, sich so schnell wie möglich und mit so viel wie möglich zu betrinken. In der Jugendsprache heißt »Druckbetankung«. Beim Start eines neuen Bundesmodellprogramms in Berlin hat sich die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), für mehr Suchtpräventionsprogramme ausgesprochen. Insbesondere bei Jugendlichen müssten dabei neue Wege ausprobiert werden, sagte sie zum Start des Caritas-Modellprojekts zur Suchtprävention (SKOLL). Bätzing kritisierte den Konsum der Jugendlichen: Er sei zu hoch, beginne zu früh und verfestige sich zu schnell. Bätzing stelle aber auch klar, dass gerade für Heranwachsende eine völlige Abstinenz nicht realistisch sei. Es gehe vielmehr um eine bewusste Risikoabschätzung. Vorrangig sei nicht der Unterschied zwischen „weichen und harten Drogen“, sondern zwischen „weichem und hartem Konsum“. Die klassische Suchthilfe erreiche nur einen kleinen Teil der Risikokonsumenten, so die Drogenbeauftragte. Die Caritas hat mit dem Projekt „Selbstkontrolltraining“ (SKOLL) vor, zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Konsumverhalten anzuregen. SKOLL wird vom Bundesgesundheitsministerium mit 280.000 Euro unterstützt und richtet sich an alle Alters- und Konsumentengruppen. Ziel ist, Präventionsmaßnahmen verstärkt auch in ländlichen Gebieten anzubieten. SKOLL wurde im Rahmen eines deutsch-niederländischen EU-Projekts entwickelt und in Niedersachsen durch den Osnabrücker Caritasverband erprobt. In zehn Gruppengesprächen von je 90 Minuten sollen die Teilnehmer ihr eigenes Konsumverhalten kritisch hinterfragen und den Konsum stabilisieren, verringern oder einstellen. Die Teilnahme ist freiwillig. Nach Angaben der Caritas richtet sich das Projekt nicht nur an Konsumenten von Drogen und Alkohol, sondern auch an Menschen, die in Gefahr einer Internet-, Spiel- oder Kaufsucht sind. “

http://www.dicvosnabrueck.caritas.de/21065.html

Quelle: epd sozial Nr. 3 Katholische Nachrichten Agentur Aktueller Dienst Inland/29

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