HETEROGENITÄT ALS WESENTLICHE URSACHE FÜR PROBLEME IM BILDUNGSSYSTEM Der Aktionsrat Bildung nimmt in seinem dritten Jahresgutachten den Genderaspekt im deutschen Bildungssystem genauestens in den Blick. Das Gutachten steht als drittes in einer Reihe von Studien, die sich alle um das Heterogenitätsthema bemühen. Das aktuelle Jahresgutachten zeigt die Notwendigkeit auf, sich weiterhin mit Gleichstellungsfragen im Bildungssystem zu befassen. Die Bildungsbenachteiligung der katholischen Arbeitermädchen vom Lande wurde abgelöst durch die neuen Bildungsverlierer: die Jungen. Teilweise sind eklatante Unterschiede zwischen den Geschlechtern zu verzeichnen, hinsichtlich Leistungen und Bildungsbeteiligung. Unterscheiden sich Bedingungen und Resultate im öffentlichen Bildungswesen aufgrund der föderalen Struktur in Deutschland? Zwischen den einzelnen Bundesländern sind durchaus Differenzen festzustellen. Diese betreffen die Leistungen von „Teilnehmenden im Bildungssystem“ ebenso, wie die Geschlechteraufteilung in pädagogischen Berufen. Auszüge aus dem Gutachten: “ GESCHLECHTERDIFFERENZEN IM SEKUNDARBEREICH Im Verlauf der Sekundarschulzeit vergrößern sich die Disparitäten zwischen den Geschlechtern, und zwar sowohl im Bereich schulischer Leistungen als auch in motivationalen Orientierungen. Unterschiedliche Ausprägungen von Fähigkeiten und Interessen im Sekundarbereich wirken sich auf Entscheidungen über Ausbildungen oder Studiengänge aus. … Eine differentielle Kompetenz- und Interessenentwicklung in der Sekundarschulzeit lässt sich auf unterschiedliche Einflüsse zurückführen. Neben gesellschaftlichen Rollenbildern und Geschlechtermodellen in der Familie und im Freundeskreis interessieren besonders Einflüsse der Schule auf Geschlechterdifferenzen. Gerade das Jugendalter ist mit seinen Entwicklungsaufgaben und den kritischen Phasen der Selbstfindung und Identitätsbildung besonders anfällig für die Ausprägung von Geschlechterdifferenzen. Doch welche Rolle spielt dabei die Schule, die aufgrund ihres Bildungsauftrags den Geschlechtern gleiche Chancen geben soll? Inwieweit gelingt es ihr, der Entstehung oder Verstärkung von Geschlechterdisparitäten in Kompetenzen und motivationalen Orientierungen entgegenzuwirken, die für die weiteren Lebenschancen relevant sind? * Bildungsbeteiligung von Mädchen und Jungen Der Bildungserfolg von Schülern in der Sekundarschulzeit lässt sich an mehreren Indikatoren festmachen. Als grober Indikator für den Bildungserfolg können in einem gegliederten Schulsystem die Anteile von Mädchen und Jungen herangezogen werden, die weiterführende Schularten mit unterschiedlichen Möglichkeiten zum Erwerb von Abschlüssen besuchen. Betrachtet man gegen Ende der Sekundarschulzeit die Beteiligung von Mädchen und Jungen an den Schularten, so stellt man fest, dass die Gymnasialbeteiligung unter den Mädchen mit etwa 36 Prozent um etwa fünf Prozentpunkte höher als die Beteiligung der Jungen ist. Umgekehrt besucht ein größerer Anteil männlicher Schüler die Hauptschule: Die Beteiligungsquote der Jungen liegt mit etwa 23 Prozent um vier Prozentpunkte über der Beteiligungsquote von Mädchen. In den anderen Schularten sind die Unterschiede geringer, fügen sich aber in das gleiche Befundmuster: Jungen besuchen tendenziell häufiger als Mädchen Schulen, die zu weniger qualifizierenden Schulabschlüssen führen. In Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen liegt der Jungenanteil an allen von der Grundschule in die Hauptschule übertretenden Kindern bei über 56 Prozent. Im Gegensatz dazu ist der Anteil von Mädchen und Jungen in Rheinland-Pfalz mit knapp 48 Prozent Mädchen und gut 52 Prozent Jungen am ausgeglichensten. In absoluten Zahlen: Von 100 übertretenden Jungen in Bayern besuchen 37 die Hauptschule, 25 die Realschule und 33 das Gymnasium, neun von 100 Jungen gehen ohne Abschluss ab. Im Gegensatz dazu besuchen von 100 Mädchen 34 die Hauptschule, 27 die Realschule und 35 das Gymnasium und „nur“ fünf Mädchen von 100 gehen ohne Abschluss ab. Der einfache Indikator der Bildungsbeteiligung zeigt den Erfolg der Bemühungen um gleiche Chancen von Mädchen und Jungen in der Schule an: Während die Mädchen vor 50 Jahren an den Gymnasien noch deutlich unterrepräsentiert waren, sind sie dort heute überrepräsentiert. Insgesamt betrachtet haben Mädchen heute damit eher bessere Chancen als Jungen, im Verlauf der Schulzeit weiterführende Kompetenzen und Abschlüsse zu erwerben. Der tendenziell größere Bildungserfolg der Mädchen drückt sich aber auch in einem anderen Indikator aus: Jungen müssen in Deutschland häufiger Klassenstufen wiederholen als Mädchenund verlängern damit ihre Schulzeit. Bekanntlich hängt die Bildungsbeteiligung an den verschiedenen Schularten in Deutschland eng mit der sozialen Herkunft der Schüler zusammen: Kinder aus sozial besser gestellten Familien besuchen häufiger das Gymnasium als Kinder aus sozial schwächer situierten Familien. Damit stellt sich die Frage, ob die größere gymnasiale Beteiligung der Mädchen gegenüber den Jungen eventuell darauf zurückzuführen ist, dass mehr Mädchen aus sozial schwächeren Schichten das Gymnasium besuchen. Dies ist jedoch nicht der Fall: Sowohl bei Mädchen als auch bei Jungen sind die relativen Chancen, das Gymnasium zu besuchen, in den verschiedenen Sozialschichten ähnlich groß. … * Kompetenzunterschiede gegen Ende des Sekundarbereichs Im Hinblick auf schulbezogene Kompetenzen vergrößern sich Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen in den Bereichen Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften im Verlauf der Sekundarschulzeit. Insbesondere in der Lesekompetenz finden sich am Ende der Sekundarschulzeit beträchtliche Disparitäten zwischen den Geschlechtern. … Jungen bleiben damit in ihren Lesekompetenzen mehr als ein Schuljahr hinter den Mädchen zurück. Da die Lesekompetenz eine der Schlüsselkompetenzen für die erfolgreiche Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt und an der Gesellschaft insgesamt ist, stellen diese Befunde ein alarmierendes Signal für die Ausbildungs- und Berufschancen vieler Jungen dar. Entgegen einer häufigen Annahme weisen Jungen in den ihnen traditionell zugeschriebenen Kompetenzbereichen Mathematik und Naturwissenschaften bei den internationalen Leistungsvergleichen im Durchschnitt nur geringfügig höhere Kompetenzen auf als Mädchen. … Die Unterschiede in Deutschland bestehen zwischen Mädchen und Jungen nach wie vor in der Mathematik, und dort insbesondere in motivationsrelevanten Merkmalen wie dem Selbstkonzept, der Überzeugung von der eigenen Wirksamkeit oder dem inhaltlichen Interesse. Auch bei gleicher Kompetenz trauen sich Mädchen in der Mathematik weniger zu als Jungen. Das Vorurteil, Mathematik sei nichts für Mädchen, scheint tief verankert zu sein. … * Jungen mit schlechten Startchancen für den Beruf Infolge der ungleichen Verteilung auf verschiedene Schulformen sind Jungen auch beim Erwerb von Schulabschlüssen relativ benachteiligt. Der Jungenanteil an Abgängern mit nur einem Hauptschulabschluss beträgt bundesweit über 56 Prozent. In Schleswig-Holstein und im Saarland ist das Verhältnis zwischen weiblichen und männlichen Hauptschulabsolventen am ausgeglichensten. Die Situation für Jungen ist in Brandenburg und Sachsen-Anhalt am schwierigsten: Über 60 Prozent der Schulabgänger mit Hauptschulabschluss sind männlich und damit starten vermehrt Jungen mit niedrigen Schulabschlüssen in die Berufsausbildung. Aber auch in sieben weiteren Ländern liegt die Benachteiligung der Jungen über dem Bundesdurchschnitt, insbesondere in den Flächenländern. Das heißt im Klartext: In Brandenburg verlassen 2.907 Jungen die Schule mit Hauptschulabschluss – 1.106 mehr Jungen als Mädchen, dies entspricht 60 Prozent. In Bayern sind unter allen Schulabgängern mit Hauptschulabschluss 28 Prozent und in Schleswig-Holstein 20 Prozent mehr Jungen als Mädchen. Dramatisch wird die Situation der Jungen, wenn ihr Anteil an Abgängern ohne jeden Schulabschluss betrachtet wird: Dieser beträgt im Bundesdurchschnitt 62 Prozent und betrifft damit fast doppelt so viele Jungen wie Mädchen. Bei nahezu gleichem Anteil der Geschlechter an allen Schulabgängern gehen in ganz Deutschland über 44.000 Jungen ohne Abschluss ab, dagegen „nur“ knapp über 26.000 Mädchen. Die Stadtstaaten Hamburg und Berlin schneiden hier als einzige Bundesländer mit einem Jungenanteil unter 60 Prozent an allen Schülern ohne Abschluss „am besten“ ab. In absoluten Zahlen: Zehn Jungen von 100 verlassen in Schleswig-Holstein ohne Abschluss die Schule, jedoch „nur“ sieben von 100 Mädchen. In Brandenburg verlassen 13 Jungen von 100 die Schule ohne Schulabschluss, aber auch „nur“ sieben von 100 Mädchen. In den neuen Bundesländern, aber auch in einigen alten, darunter Bayern und Bremen, ist die Benachteiligung der Jungen besonders hoch. Das heißt im Klartext: In Brandenburg verlassen 2.021 Jungen ohne Abschluss die Schule – 1.018 mehr Jungen als Mädchen, dies entspricht 99 Prozent. In Bayern sind unter allen Schulabgängern ohne Abschluss 69 Prozent und in Hamburg 40 Prozent mehr Jungen als Mädchen. GESCHLECHTERDIFFERENZEN IN DER BERUFSAUSBILDUNG Das Berufsausbildungssystem in Deutschland ist immer noch die prozentual häufigste Anlaufstelle für Jugendliche nach der allgemein bildenden Schule: Im Jahr 2006 strebten drei Viertel der Schulabgänger (75,6 Prozent) einen qualifizierten Berufsbildungsabschluss an. Rund 70 Prozent der Jugendlichen erwerben den Ausbildungsabschluss im dualen System. Es ergibt sich folgende Aufteilung der Ausbildungsanfänger auf die drei großen Bereiche des Berufsausbildungssystems: – 43,5 Prozent aller Jugendlichen beginnen eine duale Berufsausbildung, – 16,8 Prozent aller jungen Frauen und Männer fangen eine vollzeitschulische Berufsausbildung an, – 39,7 Prozent aller Jugendlichen treten in das Übergangssystem ein. Die hohen Anteile an Jungen mit Hauptschulabschluss bzw. ohne Schulabschluss wirken sich auch auf den Übergang von der Schule in die Berufsausbildung negativ aus: Überproportional viele Jungen scheitern an dieser ersten Schwelle und verharren in Übergangsmaßnahmen, einem „Exil“ für Jugendliche ohne Ausbildungsplatz. Auch bei der Inanspruchnahme eines Berufsvorbereitungsjahres zeigt sich, dass der Anteil der Jungen in Übergangsmaßnahmen in allen Bundesländern deutlich höher ist als der Anteil der weiblichen Jugendlichen. Sachsen-Anhalt und Saarland schneiden dabei mit weit über 66 Prozent besonders schlecht ab. Die Unterschiede zwischen den Bundesländern sind beachtlich: In Thüringen ist der Jungenanteil im Berufsvorbereitungsjahr um 11,5 Prozentpunkte höher als in Baden-Württemberg. … Die männlichen Jugendlichen sind mit 58,2 Prozent in der dualen Ausbildung eindeutig in der Mehrzahl. Dies begründet sich darin, dass die Berufe, die im Rahmen der dualen Ausbildung erlernt werden können, sich mit den Interessen, Erwartungen und Berufswünschen der Jungen mehr decken als mit denen der jungen Frauen: 59 Prozent der jungen Männer – im Gegensatz zu jungen Frauen mit 49 Prozent – streben eine duale Ausbildung an. Jedoch erhalten junge Frauen mit ca. 42 Prozent auch seltener einen Ausbildungsplatz im dualen Berufsausbildungssystem als ihre männlichen Mitbewerber. So bleibt die duale Ausbildung eine Domäne der jungen Männer. … Im Gegensatz dazu stellen junge Frauen den größeren Teil der Auszubildenden in vollzeitschulischen Bildungsangeboten: Der Anteil der jungen Frauen an einer außerbetrieblichen Ausbildung liegt bei 69 Prozent, der der jungen Männer bei lediglich 31 Prozent. Dies hängt hauptsächlich mit den Ausbildungsberufen zusammen, die im Rahmen einer vollzeitschulischen Ausbildung angeboten werden. Allerdings spielt hier auch der Schulabschluss eine bedeutende Rolle: Meist setzen die schulischen Berufsausbildungen eine höhere Allgemeinbildung voraus, sind jedoch auf dem Arbeitsmarkt häufig weniger gut „verwertbar“. In Berufsvorbereitungsmaßnahmen befinden sich junge Frauen seltener als junge Männer. Mit leicht steigender Tendenz lag 2006 der Männeranteil am Übergangssystem bei 57,3 Prozent. Jungen haben auf dem Weg in eine Berufsausbildung aufgrund von schlechten oder fehlenden allgemein bildenden Schulabschlüssen ungünstigere Startchancen und der Übergang von der Schule in die Berufsausbildung gestaltet sich für Jungen somit besonders schwierig. Jungen mit niedrigem Vorbildungsniveau, d. h. mit oder ohne Hauptschulabschluss, sowie junge Männer mit Migrationshintergrund sind in den Bereichen des Übergangssystems überrepräsentiert. Die Hälfte der männlichen Jugendlichen befindet sich drei Monate nach dem Schulabschluss im Übergangssystem, in Erwerbsarbeit, im Wehr- oder Zivildienst, in Arbeitslosigkeit oder auf der Suche nach Ausbildung im Gegensatz zu nur zwei Fünfteln der Frauen. Die geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Übergang in eine Berufsausbildung decken eine Konstellation auf, die in dem öffentlichen Geschlechterdiskurs der letzten Jahre, der auf die Ausbildungsbenachteiligung der Mädchen gerichtet war, kaum thematisiert worden ist. Junge Frauen sind im dualen Ausbildungssystem zwar immer noch unterrepräsentiert, in den Übergangsmaßnahmen hingegen seltener vertreten. Diese Verteilung zeigt ein erhöhtes Risiko von Jungen, am Übergang von der Schule in die Berufsausbildung zu scheitern. Hauptsächlich drei Entwicklungen führen zu dieser Situation: 1. die relative Verschlechterung des Bildungsniveaus der Jungen, verglichen mit den Mädchen, 2. die langfristige Rückläufigkeit der gewerblich-technischen Berufe und damit 3. eine steigende Tendenz in Richtung der Dienstleistungsberufe … HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN AN DIE POLITIK UND GESELLSCHAFT … Handlungsempfehlungen lassen sich im Wesentlichen in sieben Feldern definieren. Es sind Empfehlungen für – die Rekrutierung und die Ausbildung des pädagogischen Personals, – die Elternarbeit, – die Bildungsinhalte, d. h. Curricula und Lernmedien, – den eigentlichen Unterricht und seine Methoden, – die Bildungssteuerung, – das Lernen und Arbeiten mit Kind sowie – die Bildungsforschung. In diesen sieben Interventionsfeldern gilt es, generelle, übergreifende Empfehlungen auszusprechen und auch solche, die sich schwerpunktmäßig auf einzelne Bildungsphasen richten. * Rekrutierung und Ausbildung des pädagogischen Personals Durch die geschlechtsspezifische Ungleichverteilung des pädagogischen Personals – … besteht die Gefahr einer Verfestigung von Stereotypen. Die Vermittlung von Kompetenzen für einen fachkundigen Umgang mit Geschlechterdifferenzen wird in der Ausbildung des pädagogischen Personals bisher noch vernachlässigt. Es wird empfohlen, das Berufswahlverhalten für pädagogische Berufe so zu beeinflussen, dass quantitativ ein ausgeglichenes Verhältnis der Repräsentanz beider Geschlechter bei der Wahrnehmung pädagogischer Berufsrollen besteht. Eine Erhöhung des männlichen Anteils an pädagogischem Personal muss mit der Selbstreflexion aller Erzieher bezüglich eigener Rollenstereotype und einer Umstellung des Managements auf gemischtgeschlechtliche Teams einhergehen. In der Aus- und Fortbildung des pädagogischen Personals soll Gender-Kompetenz ein wesentlicher, obligatorischer Bestandteil sein. Maßnahmen: – Angleichung des Geschlechterverhältnisses in allen Bildungseinrichtungen, – Schaffung eines Geschlechterausgleiches in Eigenverantwortung der jeweiligen Einrichtungen und Kontrolle durch systematische Datenerfassung von Seiten der staatlichen Behörden, – Veränderung des femininen Images von pädagogischen Berufen und dadurch Entwicklung eines Qualifikationsprofils, das diese Berufe auch für Männer attraktiv macht, – akademische Ausbildung des frühpädagogischen Personals und damit einhergehend eine bessere Entlohnung, – Fachwissen über Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Mädchen und Jungen sowie Gender-Bewusstsein als Bestandteil der Ausbildung von pädagogischem Personal, auch in den Fachdidaktiken, – obligatorische Fortbildungen zum Thema „Gender“, – verstärkte Reflexion über Geschlechterrollen und -identität bei gemischtgeschlechtlichen Erzieherteams, – Veränderungen des Managements von Bildungseinrichtungen bei Erhöhung des männlichen Personals, z. B. um geschlechtsstereotypes Verhalten durch rollenstereotype Arbeitsaufteilung nicht zu erzeugen. … * Bildungsinhalte – Curricula und Lernmedien Die Bildungsinhalte und Unterrichtsmedien werden den geschlechtsspezifischen Interessen der Lerner nicht gerecht, indem sie sie häufig ignorieren oder umgekehrt einer Stereotypenbildung Vorschub leisten. … Es wird empfohlen, die Bildungsstandards aller Ausbildungseinrichtungen in den Bundesländern einer Revision mit dem Ziel zu unterziehen, die geschlechtsspezifischen Interessen beider Geschlechter zum Zwecke der Steigerung von Lernmotivation zu berücksichtigen und gleichzeitig einseitiger Stereotypenbildung entgegenzuwirken. Die Berufswahlberatung soll bereits vor der tertiären Phase im Sinne geschlechtsneutraler Begegnung mit Berufsbildern und -bezeichnungen, auch für weibliche Migranten, etabliert werden. Maßnahmen: – Systematische Erfassung und regelmäßige Überprüfung der Basiskompetenzen von Mädchen und Jungen, – bewusster Umgang mit Medien durch kompetente Medienerziehung, um Stereotypen in Medien kritisch zu hinterfragen, – Überprüfung von Unterrichtsmaterialien im Hinblick auf einseitige und z. T. realitätsfremde Rollenbilder, z. B. die einseitige Darstellung von Frauen in Mutter- und Hausfrauenrollen, – Begegnung mit berufstätigen Frauen in mathematisch-naturwissenschaftlichen oder mit Männern in kulturell-sozialen Berufen, um geschlechtsspezifische Selbstkonzepte zu modifizieren und die Adäquanz unterschiedlicher Berufstätigkeiten für beide Geschlechter herauszuarbeiten, – Verankerung von Berufsinformation und Berufsberatung bereits in den ersten Schuljahren, – Etablierung eines Berufswahltagebuchs, in dem Berufswahlmotive in ihrem Wandel über mehrere Jahre, beginnend in der Sekundarstufe, dokumentiert und reflektiert werden, um Spontaneität und Zufall bei der Berufswahl von Jugendlichen zu vermeiden, – bei der Umbenennung von Berufen implizite Verknüpfungen mit „männlichen“ oder „weiblichen“ Berufen bei bestimmten Berufsbezeichnungen berücksichtigen, z. B. um junge Frauen nicht an der Ergreifung technischer Berufe zu hindern … “ Die ausführlichen Auswirkungen der Untersuchung sowie das Gutachten im Volltext und ergänzende Materialien entnehmen Sie bitte aufgeführtem Link.
http://www.aktionsrat-bildung.de
Quelle: bildungsklick.de