In den Anstrengungen nicht nachlassen. – Forderung der BAG KJS anlässlich der Veröffentlichung des Berufsbildungsberichtes 2009

POSITIONIERUNG DER BAG KJS Das BMBF hat den gesetzlichen Auftrag (§ 86 BBiG) die Entwicklung in der beruflichen Bildung kontinuierlich zu beobachten und der Bundesregierung bis zum 1. April eines jeden Jahres Bericht zu erstatten. Der Berufsbildungsbericht soll Stand und voraussichtliche Weiterentwicklung der Berufsbildung darstellen. Explizit gefordert ist, über Angebot und Nachfrage nach Ausbildungsplätzen zu berichten und eine Prognose für das laufende Kalenderjahr vorzunehmen. Erscheint die Sicherung eines regional und sektoral ausgewogenen Angebots an Ausbildungsplätzen als gefährdet, sollen in den Bericht Vorschläge für die Behebung aufgenommen werden. Der Berufsbildungsbericht wurde am 1. April 2009 veröffentlicht. Im Jahr 2008 wurden bundesweit 616.259 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Im Vergleich zum Vorjahr sind dies 9.626 Verträge oder 1,5 % weniger. Trotz des Rückgangs bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen habe sich die Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt fortgesetzt, so der Bericht. Allerdings muss angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung davon ausgegangen werden, dass das Ausbildungsangebot im Jahr 2009 sinken wird. Zugleich wird aber auch die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen demografiebedingt zurückgehen. Das Bundesinstitut für Berufsbildung hat berechnet, wie viele Ausbildungsangebote und Verträge in 2009 realisiert werden müssten, damit sich die Chancen der ausbildungsinteressierten Jugendlichen gegenüber 2008 nicht verschlechtern. Demnach müsste das Ausbildungsangebot 2009 bei gut 600.000 liegen. Der Bericht geht von einem Rückgang auf 580.000 bis 600.000 Ausbildungsangebote aus. Die Unsicherheit der Schätzung ist jedoch angesichts der Einmaligkeit der Wirtschaftskrise hoch. Die Bundesregierung will gemeinsam mit den Partnern des Ausbildungspakts die Entwicklung aufmerksam beobachten, um bei Bedarf rechtzeitig und adäquat handeln zu können, welche Handlungsoptionen dies beinhaltet, führt der Bericht nicht weiter aus. Zum Berufsbildungsbericht 2009 hat die BAG KJS aus gegebenem Anlass folgende Positionierung verabschiedet: “ IN DEN ANSTRENGUNGEN NICHT NACHLASSEN Zwar ist die Anzahl der Ausbildungsverträge, die im Ausbildungsjahr 2007/2008 geschlossen wurden, mit 616.259 auf einem relativ hohen Stand. Dennoch kann nicht von einer Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt gesprochen werden. Von einem ausreichenden, auswahlfähigen Angebot im Verhältnis (112,5:100, Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1980) ist das Angebot nach wie vor weit entfernt. Ein solches wäre aber notwendig, um auch benachteiligten jungen Menschen eine Chance auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz zu eröffnen. Der Berufsbildungsbericht spricht von einem rechnerisch ausgeglichenen Ausbildungsmarkt. Diese Einschätzung teilen wir nur bedingt. So müssen viele Jugendliche, vor allem jene mit Hauptschulabschluss sowie junge Menschen mit Migrationshintergrund, nach Verlassen der Schule auf Ersatzangebote ausweichen. Diese Jugendlichen halten allerdings in den meisten Fällen ihren Vermittlungswunsch aufrecht. Hinzu kommen andere ehemalige Bewerber/-innen, die ihr Berufsleben ohne eine Ausbildung starten sowie unversorgte Bewerber/-innen. Deshalb ist die Anzahl der Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz sucht, de facto höher als offiziell angegeben. Die Auswirkungen der Konjunkturkrise werden zudem in diesem Jahr zu einer Verringerung der Anzahl der angebotenen Ausbildungsplätze führen. Nach der Unternehmensbefragung des DIHK wollen 27 Prozent der Betriebe im Jahr 2009 weniger Ausbildungsplätze anbieten als 2008. Der Berufsbildungsbericht konstatiert einen erheblichen Handlungsbedarf zur Verbesserung der Ausbildungschancen, insbesondere junger Menschen mit Migrationshintergrund. Dieses teilen wir. Die Ausbildungsquote junger Menschen mit Migrationshintergrund ist mit 23,7 % halb so groß wie die der deutschen Jugendlichen. Deshalb müssen für dieses Ziel weitere Schritte erfolgen. Die Anstrengungen, allen Jugendlichen ein auswahlfähiges Angebot an Ausbildungsstellen zur Verfügung zu stellen, dürfen nicht nachlassen. Insbesondere Jugendliche mit schlechteren Startchancen benötigen weiterhin Unterstützung. Das Potential dieser Jugendlichen gilt es zu entwickeln, um ihnen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen. Ein weiterer Grund dafür, die Anstrengungen beizubehalten, ist die demographische Entwicklung. Die Zahl der Jugendlichen, die überhaupt für eine Ausbildung in Frage kommen, wird in den nächsten Jahren deutlich zurückgehen. In den ostdeutschen Bundesländern ist dieser Trend schon seit einigen Jahren zu beobachten. FÖRDERPROGRAMME KOHÄRENT GESTALTEN Die im Berufsbildungsbericht dargestellten zahlreichen Angebote für junge Menschen spiegeln die Vielfalt an Fördermöglichkeiten im Übergang Schule – Beruf wider. Sie stehen aber zu unvermittelt nebeneinander, beziehen sich teilweise auf ähnliche oder gleiche Zielgruppen und behindern sich damit gegenseitig. Damit die Maßnahmevielfalt nicht zu dem oft beklagten „Maßnahmedschungel“ führt, müssen die Angebote besser aufeinander abgestimmt werden mit dem auch im Bericht formulierten Ziel, „die vielfältigen, nebeneinander laufenden Aktivitäten am Übergang Schule Beruf weiterzuentwickeln zu einem kohärenten Unterstützungs- und Fördersystem“ (S. 29). Vor allem ist aus unserer Sicht eine systematische Abstimmung zwischen Berufsbildungs-, Arbeitsmarkt-, Sozial- und Jugendpolitik notwendig, um die Ausbildungschancen benachteiligter junger Menschen zu verbessern. QUALITATIV HOCHWERTIGE BILDUNG SICHERN, DURCHLÄSSIGKEIT STEIGERN Neben einer Modernisierung der Ausbildungsberufe ist insbesondere die Durchlässigkeit zu steigern. Die Vergabe von Bildungsabschlüssen ist stark an schulische wie auch berufliche Institutionen gebunden, die Bildungsprozesse und deren Abschlüsse festlegen sowie über deren Einhaltung wachen. Die Entscheidung über einen Bildungsweg darf jedoch nicht in erster Linie von den Hierarchien der Bildungsabschlüsse bestimmt werden. Von hoher Bedeutung ist bei einer Differenzierung der Berufsausbildung die notwendige Anschlussfähigkeit. Um benachteiligte Jugendliche nicht weiter auszuschließen, ist es notwendig, Aus- bzw. Bildungsbestandteile, die an verschiedenen Lernorten, sowohl in formalen als auch in non-formalen Kontexten bzw. Institutionen erworben werden, anzuerkennen. Bildungsprozesse müssen sich an den Lernbedarfen benachteiligter junger Menschen ausrichten. Entsprechend ihrer unterschiedlichen Entwicklungszeiträume und Begabungen müssen sich Bildungszeiträume sowie Methoden und Inhalte entsprechend anpassen. Das Bildungssystem muss hierbei weitgehend durchlässig bleiben und immer wieder Übergänge und Quereinstiege ermöglichen. Bildung wird in diesem Zusammenhang nicht auf ihre wirtschaftliche Verwertbarkeit für den Arbeitsmarkt reduziert, sondern in ihrer sozialen und integrativen Bedeutung gestärkt. NON-FORMALE BILDUNG IM DEUTSCHEN QUALIFIKATIONSRAHMEN BERÜCKSICHTIGEN Die BAG KJS verfolgt die Initiative der Entwicklung eines deutschen Qualifikationsrahmens mit Interesse. Wir begrüßen das Konzept des Lebenslangen Lernens, das als Grundlage die Anerkennung aller erworbenen Kompetenzen hat, unabhängig davon, ob sie in Bildungsinstitutionen, im Prozess der Arbeit, im sozialen Umfeld, in allgemeiner oder beruflicher Bildung oder durch Erfahrung erworben sind. Gerade benachteiligten jungen Menschen, die oftmals ihre Bildungslaufbahn schon in der Schule unterbrechen oder denen der Übergang von der Schule in die Ausbildung nicht gelingt, bietet dieses Konzept die Chance, ihren Bildungsweg wieder aufzunehmen und fortzuführen. Jugendliche, die ihre Kompetenzen und Qualifikationen in sehr unterschiedlichen Kontexten des so genannten Übergangssystems bzw. in non-formalen Lernsettings erwerben werden im Entwurf des Deutschen Qualifikationsrahmens so nicht ausreichend berücksichtigt. Aus diesem Grunde muss die Umsetzung des DQR unbedingt gewährleisten, dass außer den in der schulischen und beruflichen Bildung erteilten Abschlüssen auch die in anderen Maßnahmen erworbenen Qualifikationen und Teilabschlüsse anerkannt werden und die an anderen Lernorten – in informellen wie in non-formalen Kontexten – erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Fertigkeiten erfasst, abgebildet und anerkannt werden. Weder Appelle noch Modellprogramme werden ausreichen, sozial benachteiligte und individuell beeinträchtigte Jugendliche so zu fördern und zu qualifizieren, dass sie ohne Brüche den Weg in Ausbildung und Beruf schaffen. Stattdessen müssen alle Ressourcen zu einem effektiven Gesamtsystem zusammengeführt werden. Und dieses nicht nur vor dem Hintergrund eines sich abzeichnenden Fachkräftemangels, sondern aus christlicher Verantwortung gegenüber jungen Menschen und deren Lebensperspektiven. “ Auch der Deutsche Caritasverband (DCV) sieht keinen Anlass zur Freude: “ Der Berufsbildungsbericht, der am 1. April 2009 im Kabinett beraten wurde, attestiert dass, im Jahr 2008 nur rund 620.000 Ausbildungsverträge abgeschlossen wurden, fast 10.000 weniger als im Jahr zuvor. Als nicht hinnehmbar bezeichnet Caritas-Präsident Peter Neher die Tatsache, dass es 320.450 junge Menschen gibt, die sich seit einem oder mehreren Jahren erfolglos um einen Ausbildungsplatz bewerben. ‚Betroffen sind vor allem junge Menschen mit einem Hauptschulabschluss. Sie haben nur eine geringe Chance, einen Ausbildungsplatz zu finden‘, kritisiert Neher. Besonders betroffen sind zudem junge Ausländer. Hier lag die Quote der Ausbildungsbeteiligung bei knapp 24 Prozent im Gegensatz zu fast 58 Prozent bei deutschen Jugendlichen. ‚Wir brauchen den Ausbau der Begleitung in den Berufseinstieg, um die Chancen dieser jungen Menschen zu verbessern‘, fordert Neher. Auch die Unterstützung von Betrieben bei der Ausbildung benachteiligter Jugendlicher durch ein so genanntes Ausbildungsmanagement sei ein sinnvolles Angebot. Allerdings würde es noch zu wenig genutzt, da die Anforderungen der Bundesagentur für Arbeit viel zu bürokratisch seien. Unterstützende Angebote für benachteiligte Jugendliche beim Übergang von der Schule in die Ausbildung seien dringend notwendig, aber ‚die Vielfalt der Maßnahmen führt zu Unübersichtlichkeit und zu einer mangelhaften Abstimmung der vorhandenen Angebote‘, kritisiert Neher. Nötig seien Angebote, die aufeinander aufbauten und eine schrittweise Förderung ermöglichten. “ Der Berufsbildungsbericht 2009 erscheint erstmals in neuer und ’schlanker‘ Form. Der ehemalige Teil I (‚politischer Teil‘) konzentriert sich auf den gesetzlichen Auftrag und gibt darüber hinaus einen Überblick über zentrale bildungspolitische Herausforderungen, Entwicklungen und Maßnahmen. Er wird dem Deutschen Bundestag als Bestandsaufnahme und Bericht der Bundesregierung zur beruflichen Bildung vorgelegt. Der ehemalige Teil II wird ab dem Jahr 2009 als  ‚Datenreport zum Berufsbildungsbericht‘ vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) herausgegeben und stellt eine wesentliche, insbesondere statistische Ergänzung zum Regierungsbericht dar. Den Bericht in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.

http://www.bmbf.de/de/berufsbildungsbericht.php
http://www.caritas.de
http://datenreport.bibb.de/html/index.html

Quelle: BMBF BAG KJS DCV

Dokumente: 09_04_03_Stellungnahme_der_BAG_KJS_zum_Berufsbildungsbericht_2009.pdf

Ähnliche Artikel

Skip to content