Schulverweigergung – ein lösbares Problem

DOKUMENTATION EINER FACHTAGUNG Die Fachtagung „Schulverweigerung – Ein lösbares Problem.“ der MaßArbeit und des Landkreises Osnabrück griff ein Thema auf, das alle angeht, ein Thema, das die Zukunft bestimmt, auf soziale Schieflagen hinweist und nach Lösungsstrategien verlangt – im Kleinen, wie im Großen. Das Verweigern von Schule ist ein Problem, fast gleichermaßen bei Mädchen wie bei Jungen. Die Quoten von Schulverweigerung hingegen variieren in Bezug auf Regionen, Schulform, Sozialstruktur sowie schulspezifische Bedingungen. Die höchsten Fehlerquoten sind an Haupt- und Förderschulen zu verzeichnen. Bei allen Schüler/-innen, die sich der Schule verweigern, birgt das die Gefahr einer dauerhaften sozialen Randständigkeit. Die Ursachen für Schulverweigerung sind vielfältig, lassen sich aber grob in drei Bereiche einteilen: – Schulschwänzen – Fremdgesteuerte Schulversäumnisse – Angstinduziertes Schulvermeidungsverhalten Von Seiten der Schule ist eine Prävention möglich. Diese sollte vor allem beinhalten – ein positives Schulklima schaffen – die Entwicklung sozialer und emotionaler Kompetenzen fördern – systematisch positive Verstärker nutzen „catch him at being good“ – positive Bindungen gestalten – das Sicherheitsgefühl der Schüler/-innen erhöhen (Mobbing und Gewalt verhindern) – die Fehlzeiten wahrnehmen, zum Thema machen und handeln. Darüber hinaus ist der Aufbau kooperativer (Hilfe)Strukturen notwendig. Dazu zählen u.a. – Eltern – Jugendarmut/Behörden – Erziehungsberatung – Therapeutische Einrichtungen – Einrichtungen der Jugendhilfe/Jugendsozialarbeit Über diese (Hilfe)Strukturen kann die Prävention verstärkt aber auch betroffenen Schüler/-innen der Weg zurück in die Schule ermöglicht werden. Die Tagung am 22. September 2009 griff diese Thema unter unterschiedlichen Blickwinkeln auf. Staastssekretär des BMFSFJ, Gerd Hoofe, ging in seinem Vortrag auf die Verpflichtungen der Politik sowie der Gesellschaft ein. Auszüge aus der Eröffnungsrede des Staatssekretärs Hoofe: “ Eine Politik, die das Ziel der besseren sozialen und beruflichen Integration von Kindern und Jugendlichen in Deutschland verfolgt, steht in Zusammenhang mit früher fördernder Bildung, einer bewährten und anerkannten Kinder- und Jugendhilfe i.S. qualifizierter Erziehungshilfen, verlässlicher, offener und mit dem Bereich Schule vernetzter Jugendarbeit sowie passgenauer Jugendsozialarbeit und entsprechender Berufshilfen. Es geht immer allen sehr leicht über die Lippen, wenn es heißt: Bildung und ein erfolgreicher Schul- und Ausbildungsabschluss sind der Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe: – Je besser der Bildungsstand eines Jugendlichen ist, desto besser gelingt seine Integration. – Ein fehlender oder schlechter Schulabschluss und eine fehlende Ausbildung führen fast zwangsläufig zu Arbeitslosigkeit und machen abhängig von den Transferleistungen des Staates. Wissen, Erkenntnisse und Haltungen müssen aber immer auch in Handlungen umgesetzt werden. Erst dann können sich Dinge verändern, kann soziales Gleichgewicht hergestellt werden und kann man von wirkungsorientierter Politik sprechen. Vom konjunkturellen Aufschwung und vom Rückgang der Jugendarbeitslosigkeit in den letzten Jahren haben nicht alle gleichermaßen profitiert. Und jetzt – in Zeiten der Wirtschaftskrise – laufen junge Menschen mit schlechteren Startchancen noch größere Gefahr, auf der Strecke zu bleiben. Die Arbeitslosigkeit von Menschen unter 25 Jahren ist im Monatsvergleich 2009 zu 2008 beispielsweise schon wieder um 18 % gestiegen. Bei allen Arbeitslosen beträgt der Anstieg dagegen nur 8 %. Auch deshalb müssen wir einen besonderen politischen Schwerpunkt auf die verstärkte Förderung gerade der jungen Menschen legen, die benachteiligt sind, die als bildungsfern bezeichnet werden können, die in sozialen Brennpunkten aufwachsen oder aus anderen Gründen besondere Hilfe zu ihrer Persönlichkeitsentwicklung und ihren gesellschaftlichen Teilnahmechancen benötigen. Die Praxis hat gezeigt: Es gibt keine hoffnungslosen Fälle. Die jungen Menschen, die schulmüde und frustriert sind, sind per se nicht weniger begabt als der Durchschnitt der Gleichaltrigen. Oft fehlen ihnen aber ganz gezielte, passgenaue Angebote, Unterstützung, Motivation oder individuelle Begleitung. Oft sind sie schon als Kind gescheitert und in die Abwärtsspirale hineingeraten. Die Bundesregierung hat sich zusammen mit den Ländern auf dem Bildungsgipfel im Oktober 2008 in Dresden … ein ehrgeiziges Ziel gesetzt und festgelegt: die Halbierung der Zahl der Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher bis zum Jahr 2015 [8 – 4 %]. Und das aus gutem Grund und erstmalig in dieser eindeutigen Form und die Halbierung der Quote derjenigen jungen Menschen ohne Berufsabschluss von 17 auf 8,5. Die Quote der Schulabbrecherinnen und Schulabbrecher in Deutschland hat sich in den letzten zehn Jahren nur sehr langsam und geringfügig nach unten bewegt. Sie ist nach wie vor unter dem Blickwinkel erfolgreicher Sozial- und Bildungsparameter zu hoch, im Bundesdurchschnitt liegt sie etwa bei 8 % (aktuellste Zahl aus 2007). Das heißt mit anderen Worten: Es verlassen immer noch mehr als 70.000 Schulabgänger eines jeden Jahrgangs die Schule ohne einen Abschluss. Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund liegt die Quote sogar bei rund 20%. … Wenn wir das ehrgeizige Ziel der Halbierung der Schulabbrecherquote in Deutschland bis 2015 erreichen wollen, dann müssen wir unsere Anstrengungen trotzdem enorm verstärken. … Ohne Lösung haben wir die soziale Schieflage irgendwann nicht mehr unter Kontrolle. Jugendliche ohne Schulabschluss befinden sich in einer gefährlichen Ausgangsposition: – Sie verlieren ein Stück weiter ihre Würde – Frust und Ausgrenzung wachsen – oft finden sie keinen Anschluss in die Ausbildung oder – erreichen – selbst wenn das gelingen sollte – keinen Berufsabschluss. – In Deutschland wird immerhin nach wie vor fast jede fünfte Berufsausbildung abgebrochen (19,8 %). Und das oft von Jugendlichen, die wegen schlechter oder fehlender Schulabschlüsse nur unzureichend auf eine Ausbildung vorbereitet waren. Die Folge: Bis zum Alter von 29 Jahren hat immer noch jeder Sechste keine Berufsausbildung (17 %). Sorgen bereiten uns vor allem die unter 25-Jährigen, die länger als 6 Monate arbeitslos gemeldet sind. Das war im August mehr als jeder Fünfte, in Zahlen: 88.341 Jugendliche (20,7 % von insgesamt 351.190 arbeitslosen U25 in 08/2009). Bei all diesen Zahlen dürfen wir eins nicht vergessen: Es ist davon auszugehen, dass jeder junge Mensch ein großes Interesse an einer guten Schulausbildung und einer interessanten Arbeit hat. Wir dürfen Niemanden verlorengeben, sondern müssen uns immer wieder auf den Weg nach dem passenden Rahmen machen. In der Lebensplanung junger Frauen und Männer steht die eigene schulische und berufliche Zukunft nach wie vor ganz oben. Dennoch verpasst ein Teil der Jugendlichen den Anschluss, sie ziehen sich zurück und steigen nicht selten komplett aus mit allen negativen Folgen für den Einzelnen und die Gesellschaft. … Die aktuellen Entwicklungen und Zahlen machen deutlich, dass weitere Anstrengungen notwendig sind. Jugendpolitik ist wichtiger Bestandteil der Gesellschaftspolitik. Die eigene berufliche Zukunft und Sicherheit hat in der Lebensplanung junger Menschen verständlicherweise oberste Priorität. … Im Grunde sind Jugendliche … bereit, auf der Suche nach einer Berufsausbildung oder einer interessanten Arbeit viele Anstrengungen auf sich zu nehmen. Aber wir müssen jungen Menschen aber auch Perspektiven bieten, d.h. sie bei ihren Anstrengungen unterstützen, dann können und werden sie sich auch einbringen. Investitionen in die Jugend lohnen sich und sind langfristig rentabel für ein gelingendes Miteinander in Familien, zwischen den Generationen und in der Arbeitswelt und damit auch für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unseres Landes. Die positiven Auswirkungen einer offensiven rentierlichen und nachhaltigen Familienpolitik waren in den letzten Jahren Thema in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Diesen umfassenden Perspektivwechsel haben wir in der Jugendpolitik noch vor uns. Der Perspektivwechsel wird aber nur dann gelingen, wenn keiner aus dem System herausfällt, verzweifelt oder untergeht. Das heißt, wir müssen uns noch mehr um die Jugendlichen bemühen, die Beratung und Begleitung brauchen, die auf adäquate Hilfen angewiesen sind, die zum Schulbesuch und damit für ihre Zukunft motiviert werden müssen, die soziale Stabilisierung und individuelle Begleitung benötigen oder für die neue Perspektiven gesucht werden müssen. Dafür müssen wir unser Know-How und unsere Instrumente bündeln und aus einem Guss, aus einer Hand zur Verfügung stellen. Und unsere Instrumente müssen entsprechend der vielfältigen Lebenssituationen junger Menschen individuell, passgenau und zielorientiert ansetzen, damit sie nicht wirkungslos bleiben. … Erfolg bestimmt sich dabei für die Aufgabe als Ganzes als auch für die Arbeit mit jedem Einzelnen nie in einem Moment. Erfolg ist ein Prozess, d.h. Erfolg haben wir nur, wenn wir etwas tun, während wir auf den Erfolg warten. (Thomas Alva Edison) Für das Tun sind wir dabei genauso verantwortlich wie auch für das, was wir nicht tun. Und ich bin ganz eindeutig der Auffassung, dass wir uns bei der Frage nach dem Erfolg nicht mehr von irgendwelchen vagen Grundüberzeugungen leiten lassen sollten, sondern in jeder Hinsicht von Wirkung und Effizienz. Das bedingt, dass wir sie begleitend immer wieder erfassen, unsere Arbeit danach ausrichten, unser Wissen vergrößern und permanent Wirkung und Wissen für unsere Arbeit nutzbar machen. “ Die Rede des Staatssekretärs in vollem Textumfang sowie alle Tagungsmaterialien entnehmen Sie bitte über aufgeführtem Link.

http://www.landkreis-osnabrueck.de/wirtschaft-arbeit-bauen/vermittlung-und-qualifizierung/tagung-schulverweigerung/tagungsdokumente-und-tagungsunterlagen.html

Quelle: MaßArbeit Landkreis Osnabrück

Ähnliche Artikel

Skip to content