Sucht und Drogenbericht 2011

Die Drogen- und Suchtpolitik steht heute vor neuen Herausforderungen und muss den Entwicklungen der letzten Jahre Rechnung tragen. Es ist das Ziel der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, die Grundsätze und Zielsetzungen dieser zeitgemäßen Politik in einer „Nationalen Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik“ zusammenzufassen. Diese Strategie soll den bis 2009 geltenden Aktionsplan Drogen und Sucht aus dem Jahr 2003 ablösen. Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung hat im Jahr 2010 eine moderne und zeitgemäße Strategie zur Drogen- und Suchtpolitik entwickelt, die derzeit mit den Ressorts der Bundesregierung abgestimmt wird. Im Drogen- und Suchtbericht beschreibt sie die Grundlagen und Herausforderungen verantwortungsbewusster Drogen- und Suchtpolitik und schlägt konkrete politische Maßnahmen und Ziele für die nächsten Jahre vor.

Die Drogen- und Suchtpolitik in Deutschland ist herausgefordert Antworten auf neue Situationen und veränderte Lebenswirklichkeiten zu geben: ## Veränderungen im sozialen und zwischenmenschlichen
Gefüge und gestiegene Anforderungen an das Leben in unserer modernen Gesellschaft führen dazu, dass sich manche Menschen überfordert fühlen
und versuchen, ihre Probleme durch Suchtmittelkonsum zu bewältigen. Auf diese Situation muss sich das Suchthilfesystem einstellen.
## Die demografische Entwicklung bewirkt, dass die Menschen immer älter werden und die Suchterkrankungen im Alter insbesondere in Bezug auf Alkohol und Medikamente zunehmen.
## Es treten neue stoffungebundene Suchtformen wie die Medien- oder Onlinesucht auf. Für die betroffenen Menschen müssen geeignete Hilfsangebote geschaffen werden.
## Die Entwicklung der letzten Jahre zeigt, dass es neue Konsummuster gibt, auf die reagiert werden muss. In zunehmendem Maße missbrauchen Menschen aus verschiedensten Teilen der Gesellschaft und Altersgruppen
exzessiv legale aber auch illegale Suchtmittel.
## Darüber hinaus ist die Politik gefordert, auf die immer wieder auftauchenden neuen psychoaktiven Substanzen, die sog. „Legal Highs“ zu reagieren.

Auszüge aus dem Sucht- und Drogenbericht 2011:
“ … Suchtstoffe und Suchtformen – Alkohol

9,5 Mio. Menschen in Deutschland konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Etwa 1,3 Mio. Menschen gelten als alkoholabhängig. Jedes Jahr sterben in Deutschland mindestens 73.000 Menschen an den Folgen ihres Alkoholmissbrauchs. In der Gesellschaft herrscht eine weit verbreitete unkritisch positive Einstellung zum Alkohol vor.
Durchschnittlich werden pro Kopf der Bevölkerung jährlich zehn Liter reinen Alkohols konsumiert. Gegenüber den Vorjahren ist eine leicht rückläufige Tendenz im Alkoholkonsum zu registrieren. Dennoch liegt Deutschland im internationalen Vergleich unverändert im oberen Zehntel.

Alkoholkonsum von Kindern und Jugendlichen
Alkohol ist die am weitesten verbreitete psychoaktive Substanz:
Der regelmäßige Alkoholkonsum von Jugendlichen in Deutschland ist weiter rückläufig und hat im Jahr 2010 den niedrigsten Stand seit den 1970er Jahren erreicht. Noch immer verbreitet ist allerdings das Rauschtrinken (Konsum von mindestens fünf alkoholischen Getränken bei einer Gelegenheit): Zwar sind auch hier leichte Rückgänge zu
verzeichnen, eine generelle Trendwende lässt sich jedoch nicht ableiten.

7.000 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 12 bis 25 Jahren wurden von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung zu ihren Trinkgewohnheiten befragt. Vor allem in der Altersgruppe der 12- bis 17-Jährigen griffen im Jahr 2010 deutlich weniger Jugendliche regelmäßig zu alkoholischen Getränken. Während 2004 noch etwa jeder Fünfte (21,2 %) dieser Altersgruppe angab, mindestens einmal in der Woche Alkohol zu trinken, lag dieser Anteil 2010 bei 12,9 %. Auch die Zahl derer, die das Rauschtrinken praktizieren, ist über alle Altersgruppen hinweg leicht gesunken. Doch noch immer geben 16,7 % der minderjährigen Jugendlichen an, im letzten Monat Rauschtrinken betrieben zu haben. Im Jahr 2004 waren es 22,6 %. Vor allem bei Jungen und jungen Männern ist dieses riskante Trinkverhalten weiterhin verbreitet.

So praktizierte im vergangenen Jahr jeder Fünfte 12- bis 17-Jährige mindestens einmal im Monat Rauschtrinken, bei den 18- bis 25-Jährigen war es sogar jeder Zweite.

Vor allem soziale Faktoren beeinflussen den Alkoholkonsum von Jugendlichen. Sie trinken, um Spaß zu haben, Hemmungen zu überwinden und weniger schüchtern zu sein. Außerdem entscheidend ist das direkte Umfeld junger Menschen. Je mehr und je häufiger Alkohol etwa im Freundeskreis getrunken wird, desto höher ist der eigene Alkoholkonsum.

Im Jahr 2009 wurden rund 26.400 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 10 und 20 Jahren aufgrund akuten Alkoholmissbrauchs stationär im Krankenhaus behandelt. Dies ist ein Anstieg von 2,8 % gegenüber 2008. … Bei Kindern im Alter von 10 bis 15 Jahren stellten die Mädchen den größeren Anteil (52 %), obwohl ihr entsprechender Anteil an der Bevölkerung nur 49 % beträgt. Die Zahl der Kinder, die aufgrund einer Alkoholvergiftung stationär im Krankenhaus behandelt werden mussten, ist rückläufig: Wurden 2008 bundesweit noch 4.500 Kinder im Alter von 10 bis 15 Jahren stationär behandelt, so waren es 2009 noch 4.300. Dies entspricht einem Rückgang um 4 %. Dagegen ist die Zahl der Jugendlichen im Alter von 15 bis 20 Jahren um 4,3 % angestiegen (von 21.200 auf 22.100). …

Suchtstoffe und Suchtformen – Tabak
Rauchen ist das größte vermeidbare Gesundheitsrisiko in Deutschland. Aufgrund der Maßnahmen in der Tabakprävention konnte erreicht werden, dass heute weniger Kinder und Jugendliche rauchen: Der Anteil der
Raucherinnen und Raucher im Alter von 12 bis 17 Jahren hat sich mehr als halbiert und ist von 27,5 % im Jahr 2001 auf 12,9 % im Jahr 2010 zurückgegangen. …

Das Ziel der Bundesregierung in der Nachhaltigkeitsstrategie ist, den Anteil der Raucher bei Kindern und Jugendlichen bis zum Jahr 2015 auf unter 12 % und bei Erwachsenen auf unter 22 % nachhaltig zu senken.

Im Jahr 2007 starben etwa 110.000 Menschen (13 % aller Todesfälle) in Deutschland an den direkten Folgen des Rauchens, etwa 3.300 Menschen an den Folgen des Passivrauchens. Die direkten Krankheitskosten (Behandlung und Pflege) und die indirekten Krankheitskosten (volkswirtschaftliche Schäden durch Erwerbsunfähigkeit, Arbeitsausfälle
und vorzeitige Todesfälle) des Rauchens werden auf jährlich 21 Milliarden Euro geschätzt. Zirka 40 % dieser Krankheitskosten sind auf tabakbedingte Krebserkrankungen, ein Drittel auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen sowie etwa ein Viertel auf Atemwegs-Erkrankungen zurückzuführen. …

Suchtstoffe und Suchtformen – Heroin und andere Drogen
Die Ergebnisse des epidemiologischen Suchtsurveys (ESA) von 2009 zeigen, dass jeder vierte Erwachsene (26,5 %) im Alter von 18 bis 64 Jahren schon einmal eine illegale Droge probiert hat. Dabei handelt es sich überwiegend um Cannabisprodukte. … Dabei nehmen Männer deutlich
öfter illegale Drogen zu sich als Frauen; gleichzeitig konsumieren jüngere Erwachsene unter 30 Jahren häufiger illegale Substanzen als ältere Erwachsene.

Laut den Ergebnissen der Drogenaffinitätsstudie von 2008 machte jedes zehnte Kind bzw. Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren bereits Erfahrungen mit illegalen Drogen. Auch hier zeigt sich, dass diese Erfahrungen wesentlich durch Cannabis bestimmt sind. Werden illegale Drogen ohne Cannabis betrachtet, bejahen 2,7 % der Kinder und Jugendlichen den Konsum solcher Substanzen, 0,4 % konsumieren diese regelmäßig. Im Alter von 12 bis 13 Jahren haben in der Befragung 0,5 % der Kinder angegeben, Erfahrungen mit illegalen Drogen (ohne Cannabis) gemacht zu haben. Im Vergleich zu den Vorjahren zeigt sich keine signifikante Änderung. Bei Kindern und Jugendlichen gilt:
Je jünger sie sind, desto seltener haben sie illegale Drogen konsumiert, Mädchen deutlich seltener als Jungen. Dabei zeigt sich unabhängig vom Geschlecht die Tendenz, dass Konsumenten legaler Suchtmittel wie Alkohol, Zigaretten oder Shisha häufiger bereits illegale Substanzen probierten oder regelmäßig konsumieren. Nach Cannabis steht der Konsum von Ecstasy, Kokain und Amphetaminen bei dieser Altersgruppe im Vordergrund, wobei die einzelnen Konsumprävalenzen dieser drei Substanzen unter einem Prozent liegen. …
Suchtstoffe und Suchtformen – Computerspiele- und Internetsucht
Seit etwa zehn Jahren wird zunehmend eine übermäßige Computer- und Internetnutzung beobachtet, die zu einem Abhängigkeitsverhalten führen kann. Dafür werden die Begriffe Online- bzw. Mediensucht oder auch pathologische Internetnutzung verwendet. Die Mediensucht erfasst auch andere Medien. Bei der Onlinesucht steht das Internet im Vordergrund, wobei die dort stattfindenden Online-Computerspiele von besonderer Bedeutung sind. Die Suchtberatungsstellen verzeichnen in den vergangenen Jahren eine steigende Nachfrage zu diesem Thema.
Noch ist nicht abschließend geklärt, wann von einem Abhängigkeitsverhalten zu sprechen ist. Belegt ist, dass die reine Nutzungszeit kein belastbares Kriterium für einen pathologischen Internetgebrauch ist. Darüber hinaus müssen eine Vielzahl anderer Faktoren betrachtet werden, die in der Regel in der Person des Betroffenen selbst liegen. Von einer Suchterkrankung wird allgemein dann gesprochen, wenn das Spielen derart exzessiv betrieben wird, dass
andere Anforderungen des täglichen, sozialen und beruflichen Lebens völlig vernachlässigt werden. Es muss sich eine Unfähigkeit des Betroffenen zeigen, trotz Kenntnis des schädlichen Gebrauchs seine Internetnutzung zu kontrollieren. Aktuelle internationale Studien, die vorwiegend Jugendliche befragten, stufen zwischen 1,6 % und 8,2 % der
Internetnutzer als „abhängig“ ein. Für Deutschland fehlt es aktuell an zuverlässigen Daten aus einer umfassenden, langfristig angelegten Studie. Menschen mit pathologischem Internetgebrauch weisen häufig andere psychische Erkrankungen auf. Dies sind in der Mehrzahl Depressionen, affektive Störungen, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörungen, aber auch Substanzmissbrauch in Form von Alkohol und Nikotin. … „

Den Bericht in vollem Umfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.

www.drogenbeauftragte.de
http://www.drogenbeauftragte.de/presse/pressemitteilungen/2011-02/drogen-und-suchtbericht-2011.html

Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung; Bundesministerium für Gesundheit

Dokumente: Drogen_und_Suchtbericht_2011_110517_Drogenbeauftragte.pdf

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