Die Hauptschule verschwindet – Die Hauptschüler und Hauptschülerinnen bleiben

Auszüge aus der Positionierung der BAG EJSA zur Abschaffung der Hauptschule:
Die Abschaffung der Hauptschule macht nur Sinn, wenn gleichzeitig auch jugendhilfespezifische Unterstützungsleistungen verbessert werden
Die Abschaffung der Hauptschule macht aus Sicht der BAG EJSA nur Sinn, wenn sich damit auch die Situation und die Erfolgsaussichten von benachteiligten jungen Menschen verbessern. Bisher verbleibt die Zielgruppe der Jugendsozialarbeit in der Hauptschule als „Restschule“. Sie scheitert dort leider allzu häufig, weil diese Schulform bzw. das System Schule offenbar nicht geeignet ist, im Sinne der Jugendsozialarbeit zum Ausgleich sozialer Benachteiligung oder individueller Beeinträchtigung wirkungsvoll beizutragen und so auch für diese jungen Menschen die Türe zu höheren Bildungsabschlüssen zu öffnen. Mit einer bloßen Auflösung der Hauptschule wird jedoch dem besonderen Förderbedarf dieser Schüler und Schülerinnen nicht Rechnung getragen. …

Die Zielgruppe der Jugendsozialarbeit unterscheidet sich von anderen jungen Menschen genau durch den erhöhten sozialpädagogischen Unterstützungsbedarf. Mit Bedauern stellen Lehrer und Lehrerinnen fest, dass sie für die daraus resultierenden Anforderungen weder die Qualifikation noch den zeitlichen und strukturellen Rahmen haben.
Eine Schule, in die diese Hauptschüler und Hauptschülerinnen münden, wird deshalb entweder eine tragfähige Kooperation mit verlässlichen und kontinuierlichen Angeboten der Jugendsozialarbeit benötigen oder ersatzweise eine entsprechende Ausbildung und die notwendigen Rahmenbedingungen für das Lehrpersonal bereithalten müssen.

Die Verwirklichung des Erziehungsauftrags erfordert die Berücksichtigung der unterschiedlichen Ausgangsbedingungen der Schüler und Schülerinnen
Aus Sicht der Jugendsozialarbeit ist die ernsthafte Verwirklichung des Erziehungsauftrags oberstes Ziel von Veränderungsprozessen im Schulsystem.
Es geht darum, mit multiprofessionellen Teams einen Handlungsrahmen zu organisieren, der die Umsetzung schülerorientierter Lernkonzepte in überschaubaren Lerneinheiten möglich macht, damit die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen der Schüler und Schülerinnen ausreichend berücksichtigt und deren Erfolgschancen verbessert werden.
Wir haben große Zweifel, dass z.B. bei einer Zusammenführung der Hauptschule mit der Realschule die individuellen Lebenslagen der Schüler und Schülerinnen stärker berücksichtigt werden. Wir sehen wenige Konzepte, die für benachteiligte junge Menschen eine bessere Aussicht auf faire Chancen zur Bewältigung der Übergänge und ein durchlässigeres Bildungs-, Qualifizierungs- und Erziehungssystem erkennen lassen.
Eine Schule, die ## vor allem auf formale Bildung beschränkt ist,
## die notwendigen Prozesse der Selbstaneignung von Bildung im Sinne von Lebenskompetenz in informellen und nonformalen Bildungsprozessen vor allem dem sozialen Umfeld überlässt
## in der Regel Klassengrößen mit weit über 20 Schülern und Schülerinnen hat,
## die Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit ihrer Schülerinnen und Schüler vernachlässigt,
wird in ihren Beiträgen zum Ausgleich sozialer Benachteiligung ungenügend bleiben. …

Die alleinige Zuordnung der Hauptschule zur nächst höheren Schulform ist nicht hilfreich – bundesweit gültige Standards und Rahmenbedingungen sind nötig
HauptschülerInnen, die ohne Veränderung der Rahmenbedingungen nur der nächst höheren Schulform zugeordnet werden, sind prädestiniert, darin wieder zu VerliererInnen werden. Ein Schulsystem, das faire Chancen benachteiligter junger Menschen in hohem Maß dem Zufall und dem persönlichen Glück oder Pech – das richtige Bundesland, die Schule mit engagiertem Lehrpersonal – überlässt, ist nicht akzeptabel. …

Wenn heute Hauptschule in einigen Bundesländern de facto bereits abgeschafft ist, in anderen aber auf absehbare Zeit weitergeführt wird, dann ist es dringend Zeit länderübergreifend für einen konzeptionellen Rahmen zu sorgen, der diesen Prozess sinnvoll begleitet. …

Hauptschüler und Hauptschülerinnen brauchen eine breite Lobby.
Damit Hauptschüler und Hauptschülerinnen, die einen großen Teil der Zielgruppe der Jugendsozialarbeit bilden, nicht abermals zum Spielball versäumter Schulreformen und der Neukonzeptionierung von Schule werden, stellen die von der BAG EJSA vertretenen Träger folgende zentrale Forderungen an eine gelingende Schul- und Jugendhilfepolitik: ## Die Abschaffung oder Umwandlung der Hauptschule muss in ein Gesamtkonzept bundesweit gültiger Standards und Rahmenbedingungen eingebunden sein, um ein Mindestmaß an vergleichbaren Chancen für die Zielgruppe der Jugendsozialarbeit bundesweit sicherzustellen.
## Grundsätzlich darf keine Auflösung der Hauptschule erfolgen, ohne dass die sie ersetzende Schulform ein tragfähiges Konzept zur Förderung und Integration sozial benachteiligter und individuell beeinträchtigter Schüler und Schülerinnen aufweist.
## Die Neukonzeptionierung von Hauptschule oder der Übergang einer Hauptschule in einer andere Schulform muss in Abstimmung mit der örtlichen Jugendhilfe, sonstigen regionalen Kooperationspartnern aber auch unter Einbeziehung der Eltern und der betroffenen Schüler und Schülerinnen geschehen …
Das Positionspapier in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.

http://www.bagejsa.de/publikationen-und-downloads/downloads/positionierungen/
http://www.bagejsa.de/uploads/media/Hauptschule_Positionierung_BAGEJSA_kurz.pdf
http://www.bagejsa.de/uploads/media/Hauptschule_Positionierung_BAGEJSA_lang.pdf

Quelle: BAG EJSA

Dokumente: Hauptschule_Positionierung_BAGEJSA_lang.pdf

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