So beurteilen Eltern die Schule in Deutschland: durchgefallen

Auszüge aus den Ergebnissen der 2. JAKO-O Bildungsstudie:
“ … Eltern bekräftigen Kritik am Bildungssystem

Was die Ziele der Bildungspolitik anbelangt, haben Eltern eine sehr konkrete Vorstellung – und das bedeutet nach wie vor: sozialer Ausgleich vor Elitedenken. Dass das Sozialverhalten der Kinder gefördert wird und dass jedem Kind die gleichen Bildungschancen zuteilwerden, hält eine überwältigende Mehrheit für wichtige Ziele (je 84 %). Ebenso legen Eltern viel Wert darauf, dass Schülern eine umfassende Allgemeinbildung vermittelt wird (80 %) und dass schwache Kinder besonders gefördert werden (79 %). Die Konzentration der Lehrinhalte auf Anforderungen des Arbeitsmarktes (44 %), Begabtenförderung (52 %) und vor allem die Betonung des Leistungsprinzips (28 %) sind hingegen bildungspolitische Ziele, die auf vergleichsweise wenig Zustimmung der Eltern stoßen.

Die Ergebnisse der Studie in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte aufgeführten Links. Eine Zusammenfassung steht im Anhang zum Download zur Verfügung.

Die Ergebnisse beziehen sich auf eine Befragung von Eltern mit schulpflichtigen Kindern bis zu 16 Jahren. Die Befragung von 3.000 Eltern wurde vom Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid umgesetzt. Die Studienergebnisse wurden am 5. September 2012 veröffentlicht. Es handelt sich nach 2010 um die 2. JAKO-O Bildungsstudie.
Zudem wünschen sich 74 % der Eltern, dass Schüler in allen Bundesländern möglichst gleiche Bedingungen vorfinden – ein Ziel, von dem die fragmentierte Schullandschaft in den Ländern
gegenwärtig weit entfernt ist.

Wenn nun gegenübergestellt wird, inwiefern Eltern diese Ziele in Deutschland verwirklicht sehen, wird der Reformbedarf im Bildungssystem offenbar. Zur Veranschaulichung sind die Wünsche und der jeweilige Verwirklichungsgrad der Ziele in der Abbildung oben gegeneinander abgetragen. Vor allem diejenigen Ziele, die von den Eltern für am wichtigsten erachtet werden, sind derzeitig nur unzureichend umgesetzt. Am zufriedensten ist man noch mit der Vermittlung sozialen Verhaltens. Massive Kritik wird jedoch laut, was Chancengleichheit, Allgemeinbildung, die Förderung lernschwacher Schüler und einheitliche Bedingungen in ganz Deutschland anbelangt. Am ehesten sehen Eltern im heutigen Bildungssystem verwirklicht, dass Leistung im Vordergrund steht – das Ziel, dem am wenigsten Bedeutung beigemessen wird. …

Vor allem hinsichtlich der Chancengleichheit im Bildungssystem gibt es nach Ansicht der Eltern also dringenden Handlungsbedarf, was durch folgendes Ergebnis zusätzlich bekräftigt wird: Werden Eltern mit schulpflichtigen Kindern gefragt, ob sie Bildungschancen für Kinder in Deutschland für „gerecht“ halten, bejahen dies lediglich 48 % (2010: 52 %); eine Mehrheit von 51 % äußert dagegen Zweifel.

Ganztagsschulen: Häufig gewünscht – selten realisiert

Mit den Lehr- bzw. Lernbedingungen in der jeweiligen Schule ihrer Kinder zeigen sich viele Eltern alles in allem zufrieden. 83 % berichten von einer guten Klassengemeinschaft, die technische und räumliche Ausstattung der Schulen erachten 78 % als „gut“. Sogar die Klassengröße ist für 76 % akzeptabel. …

Trotzdem klafft eine Lücke zwischen Wunschvorstellung der Eltern und der Realität – insbesondere in Bezug auf das Angebot von Ganztagsschulen. Wenn Eltern von schulpflichtigen Kindern die Wahl hätten, würden nur 28 % ihren Nachwuchs auf eine klassische Halbtagsschule schicken. 70 % hingegen würden eine Ganztagsschule bevorzugen – in den neuen Bundesländern sind es sogar 89 %. Die meisten Befürworter der Ganztagsschule würden für ihr Kind eine Einrichtung mit freiwilligem Nachmittagsprogramm wählen (38 %), andere hingegen eine verbindliche Ganztagsschule (32 %). Die tatsächlichen Schülerzahlen sprechen jedoch eine andere Sprache: Lediglich 26 % der Eltern berichten davon, dass zumindest eines ihrer Kinder eine Ganztagsschule besucht. Hier existieren aus historischen Gründen große regionale Unterschiede: Während in den alten Bundesländern nur 23 % der Eltern angeben, dass ihr Kind eine Ganztagsschule besucht, sind es in den neuen ganze 42 %.

Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt der Aufteilung unterschiedlich starker Schüler auf die einzelnen weiterführenden Schulformen ist nach wie vor strittig und in den einzelnen Bundesländern uneinheitlich gelöst. Die befragten Eltern sind sich jedoch – wie bereits 2010 – mehrheitlich einig: 60 % halten eine Aufteilung nach der 6. Klasse für richtig, lediglich 23 % wollen eine frühere Selektion und 15 % eine spätere. Häufig bevorzugt wird eine späte Aufteilung traditionell in den neuen Bundesländern (36 %). Auch Elternteile mit höherem Bildungsgrad befürworten überdurchschnittlich häufig, dass bis zur 9. Klasse gemeinsam gelernt wird (21 %). In diesem Zusammenhang interessant: Je stärker Eltern die Bildungschancen in Deutschland als ungerecht empfinden, desto eher favorisieren sie eine späte Aufteilung der Kinder in die weiteführenden Schulformen.

Zustimmung und Skepsis: Gemeinsamer Unterricht mit behinderten Kindern
Eltern stehen Konzepten, die das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht behinderten Kindern fördern, generell aufgeschlossen gegenüber. 89 % sprechen sich dafür aus, körperlich beeinträchtigte Kinder im Klassenverband einer Regelschule zu unterrichten,
72 % würden Kinder mit Lernschwierigkeiten auf dieselbe Art integrieren. Im Falle von geistig behinderten bzw. verhaltensauffälligen Kindern ist das Stimmungsbild unter den Eltern geteilter: Jeweils 46 % der Befragten befürworten auch hier das Modell des gemeinsamen Lernens.

Als Vorteil eines solchen Modells sehen die Eltern vor allem positive Wirkungen für das Sozialverhalten von nicht behinderten Kindern (90 %). Bedenken, wonach die Klasse in der Folge fachlich weniger schnell vorankommt, werden dagegen nur von einer Minderheit geteilt (42 %). Jedoch vertreten 70 % der Eltern ebenso die Meinung, dass behinderte Kinder in Förderschulen „besser gefördert“ werden als in der allgemeinen Regelschule.

www.jako-o.de/engagement-aktionen-fuer-kinderfreundlichkeit-bildungsstudie–00001036/
www.jako-o.de/–00026001/
www.jako-o.de/medias/sys_master/8808453308446.pdf

Quelle: JAKO-O

Dokumente: 2._Jako_o_Bildungsstudie.pdf

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