Auszüge aus der Beantwortung der Kleinen Anfrage Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge:
“ … Wie unterscheidet sich nach Kenntnis der Bundesregierung der Verfahrensablauf bzw. die Umsetzung der Regelungen des § 42 SGB VIII in den Bundesländern, wenn allein reisende minderjährige Drittstaatsangehörige durch die Bundespolizei übergeben wurden?
Das Jugendamt ist zur Inobhutnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen berechtigt und verpflichtet, wenn sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten (§ 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 SGB VIII). Während der Inobhutnahme ist zusammen mit dem Kind oder Jugendlichen ein sog. Clearingverfahren durchzuführen (§ 42 Absatz 2 SGB VIII). Die Unterbringung ist „bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform“ (§ 42 Abssatz 1 Satz 2 SGB VIII) vorgesehen. …
§ 42 SGB VIII erfordert eine Zusammenarbeit von Bundes- und Landesbehörden sowie der kommunalen Verwaltung, insbesonder zwischen Jugend- und Ausländerbehörden. …
Die Umsetzung der Regelungen des § 42 SGB VIII zur Behandlung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen ist – je nach Land und Kommune – sehr verschieden ausgstaltet und dauert unterschiedlich lang (zwischen einigen Tagen und drei Monaten).
In manchen Kommune wird das sog. Clearingverfahren direkt beim Jugendamt durchgeführt, in anderen dagegen in speziellen sog. Clearinghäusern. Nach beendetem Verfahren werden die Minderjährigen bei einer geeigneten Person, in einer Kinder- und Jugendeinrichtung oder einer sonstigen Wohnform untergebracht. Das Spektrum der verschiedenen Unterbringungsformen für die unbegleiteten Minderjährigen und der jeweils verfügbaren sozialpädagogischen Betreuung ist groß. Unterschiede bestehen zwischen den einzelnen Bundesländern, aber auch innerhalb der Bundesländer und Kommunen.
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Welche Arten von Verfahren zur Bestimmung des Alters von Personen, die erklären, minderjährig zu sein, werden von der Bundespolizei oder auf Veranlassung der Bundespolizei angewendet, und auf welcher rechtlichen Gundlage? …
… Die Altersschätzung erfolgt bei der Bundespolizei durch Beamte, welche nach Möglichkeit über langjährige Erfahrungen bei der Grenzkontrolle verfügen und die über entsprechende Erfahrungen bei der polizeilichen Identitätsprüfung verfügen.
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Reist ein unbegleiteter Minderjähriger nach Deutschland ein, hat das örtlich zuständige Jugendamt als zuständige Behörde des Bundeslandes u.a. die Verpflichtung, den Jugendlichen in Obhut zu nehmen (§ 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 SBG VIII). In diesem Rahmen wird bei Zweifeln an der Altersangabe des Jugendlichen durch das Jugendamt eine Altersfeststellung durchgeführt, um feststellen zu können, ob es sich überhaupt um einen Minderjährigen handelt und demzufolge Leistungen aus der Jugendhilfe zustehen. …
In welcher Form werden nach Kenntnis der Bundesregierung unbegleitete Minderjährige in den einzelnen Bundesländern beschult?
In den letzten Jahren ist die Situation für „Flüchtlingskinder“ grundsätzlich verbessert worden. So ist etwa der Zugang zu schulischen und beruflichen Bildungsangeboten erheblich verbessert worden.
Der Schulbesuch ist mittlerweile in fast allen Bundesländern auch für geduldete Kinder und solche, die sich noch im Asylverfahren befinden, obligatorisch. Zudem wurde mit dem sogenannten Zweiten Richtlinienumsetzungsgesetz § 87 AufenthG dahingehend geändert, dass Schulen sowie Bildungs- und Erziehungseinrichtungen von den Übermittlungspflichten nach § 87 Absatz 1 und 2 AufenthG ausgenommen sind. …
Wie wird nach Kenntnis der Bundesregierung der Übergang der unbegleiteten minderjährigen Schutzsuchenden bzw. Migrantinnen und Migranten im Hinblick auf Unterbringung und Versorgung nach Erreichen der Volljährigkeit und/oder nach Beendigung von Jugendhilfemaßnahmen gestaltet, aufgeschlüsselt nach Bundesländern?
Für das Jahr 2009 werden über die Ergebnisse der amtlichen Statistik zu den Inobhutnahmen gem. § 42 SGB VIII 1.949 Fälle erfasst, bei denen als Grund „unbegleitete Einreise aus dem Ausland“ eines oder einer Minderjährigen angegeben worden ist. Hierbei handelt es sich um die Fälle, bei denen die Jugendämter seit 2005 nach § 42 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 SGB VIII dazu verpflichtet sind, unbegleitet eingereiste Kinder und Jugendliche in Obhut zu nehmen. Bis zum Jahr 2011 sind diese Fallzahlen bei Jugendämtern und zum Teil bei freien Trägern auf 3.482 gestiegen.
Auf der Grundlage von Analysen der Arbeitsstelle Kinder- und Jugendhilfestatistik mit den Mikrodaten der amtlichen Kinder- und Jugendhilfestatistik 2009 zeigt sich, dass von den 1.949 erfassten Fällen knapp die Hälfte ohne eine anschließende Hilfe endet. Über den Verbleib dieser jungen Menschen liefert die amtliche Kinder- und Jugendhilfestatistik keine weiteren Informationen. Es liegen hierzu keine konkreten Hinweise vor. Ganz allgemein gehören in diese Kategorie auch diejenigen jungen Menschen, die sich der Inobhutnahme entzogen haben, die – aus welchen Gründen auch immer – den Ordnungsbehörden übergeben worden sind oder auch die, die aus der Inobhutnahme heraus abgeschoben wurden.
Bei 24 Prozent der rund 1.900 erfassten Fälle folgt im Anschluss an die Inobhutnahme eine zumeist stationäre Maßnahme im Rahmen der Hilfen zur Erzienhung sowie in weiteren 17 Prozent eine stationäre Unterbringung jenseits der Hilfen zur Erziehung. Eine Rückkehr zu den Personensorgeberechtigten stellt mit 6 Prozent die Ausnahme dar.
Durch welche Maßnahmen und Instrumente fördert die Bundesregierung die Integration der in den Jahren 2012, 2011 und 2010 eingereisten minderjährigen Schutzsuchenden bzw. Flüchtlinge, und wie viele Mittel stehen für diese Maßnahmen zur Verfügung?
Kinder und Jugendliche, die in einem fremden Land Zuflucht suchen, benötigen mehr und besondere Hilfe und Betreuung als erwachsene Migranten. Maßgeblicher Gesichtspunkt im Umgang mit minderjährigen Flüchtlingen ist das Kindeswohl. Ganz besonderer Unterstützung bedürfen minderjährige Migranten, die unbegleitet nach Deutschland einreisen.
Die Bundesregierung fördert auf allen Ebenen zahlreiche Maßnahmen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, um ihnen die Integration zu erleichtern. Insbesondere werden auch unter dem Dach des Europäischen Flüchtlingsfonds auf regionaler Ebene verschiedene Projekte durchgeführt. …
Nach geltender Rechtslage (§ 43 Absatz 1 AufenthG) wird die Integration von Ausländer, die sich rechtmäßig und auf Dauer im Bundesgebiet aufhalten, gefördert. Wenn minderjährige Schutzsuchende nach Abschluss des Asylverfahrens einen Aufenthaltstitel erhalten, stehen ihnen alle Integrationsmaßnahmen – insbesondere spezielle Jugendintegrationskurse – offen. … “
Die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“ in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.
Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages; Bundestagsfraktion Die Linke
Dokumente: KA_17_10894_KAA_17_11014.pdf