Das deutsche Bildungs- und Ausbildungssystem muss nach Ansicht des Migrationsforschers Jochen Oltmer flexibler werden, um die rund eine Million Flüchtlinge im Land besser integrieren zu können.
Konzepte, die sich über Jahrzehnte in einer eher gleichförmigen Gesellschaft entwickelt hätten wie etwa das duale System zur Berufsausbildung müssten auf den Prüfstand, sagte Oltmer in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie seien auf Normalbiografien ausgerichtet, die schon auf viele Einheimische nicht mehr zuträfen.
Oltmer, der am Osnabrücker Institut für Migrationsforschung arbeitet, hält es in vielen Fällen für unsinnig, geflüchtete Menschen zur Teilnahme an einem Integrationskurs zu verpflichten. Jemand, der 20 Jahre in Syrien als Bäcker gearbeitet habe, könne seine Fähigkeiten in einem Praktikum unter Beweis stellen. Ein berufsspezifisches Vokabular könnte er nach wenigen Wochen Arbeit parat haben.
Nach der Auffassung Oltmers könnten Fähigkeiten und Berufschancen viel besser erkannt werden, wenn Behörden und Betriebe die Zuwanderer intensiv beobachteten und individuell berieten. „Es muss viel stärker der Weg eines jeden Einzelnen beachtet werden. Wir sollten weniger in Kategorien denken“, so seine Forderung.
Eine Berufsauswahl sollte zeitlich flexibilisiert werden; auf bis zu fünf Jahre schlägt der Experte vor. Sie sollte mit Sprachlernangeboten gekoppelt werden.
Zudem plädiert Oltmer dafür, dass Konzept der Integrationskurse zu überarbeiten und heutigen Anforderungen anzupassen. Das Konzept wurde 2005 entwickelt. Es würden außerdem immer noch viel zu wenige Kurse angeboten.“
Quelle: epd sozial