Nachdem das Kabinett den Berufsbildungsbericht Ende April beschlossen hatte, liegt er mittlerweile als Unterrichtung vor und wurde im Parlament diskutiert.
Die Bundesregierung erwartet für 2010 20.200 Ausbildungsplätze weniger als im Jahr 2009. Dem Rückgang von Ausbildungsstellen von 3,5 Prozent steht eine Reduzierung der Schulabgänger gegenüber. Voraussichtlich werden 2010 3 Prozent weniger junge Menschen die Schule verlassen und einen Ausbildungsplatz suchen. Insgesamt ist mit etwa 1.237.000 Schulabgängern zu rechnen.
Die zum Teil gegenläufigen Entwicklungen – eine für eine nicht zu unterschätzende Zahl Jugendlicher schwierige Suche nach einem Ausbildungsplatz – sowie Stellenweise jetzt schon herrschender Bewerbermangel – sieht die Bundesregierung als besondere Herausforderung. Bund, Länder und Sozialpartner seien gemeinsam dafür verantwortlich, den Übergang zwischen Schule und Ausbildung zu optimieren. Die Regierung will dazu bildungsgefährdete Jugendliche ab der 7. Klasse individuell begleiten lassen. Die frühzeitige Berufsorientierung soll bundesweit ausgebaut werden.
Die SPD-Fraktion im Bundestag fordert anläßlich der Unterrichtung eine Überprüfung des „Übergangssystems“ zwischen Schule und Ausbildung.
“ Das Angebot an Ausbildungsplätzen sei in Deutschland ”bei weitem nicht ausreichend“. Die ”öffentlich intensiv geführte Debatte über eine sinkende Ausbildungsreife“ sei letztlich eine ”Scheindebatte“, die vom ”Grundproblem“ ablenke.
Die Sozialdemokraten fordern eine kritische Überprüfung des sogenannten ”Übergangssystems“. Unter diesem Begriff werden unterschiedliche außerschulische Maßnahmen und schulische Bildungsgänge, die zu keinem qualifizierten Berufsabschluss führen, zusammengefasst. 2008 hätten insgesamt 500.000 Jugendliche an nichtqualifizierenden Maßnahmen teilgenommen, so die SPD-Fraktion. Damit habe sich das Übergangssystem zu einem ”intransparenten und überkomplexen Förderdschungel“ entwickelt, dessen Aufgaben und Leistungen unklar seien. Deshalb müssten die bestehenden Maßnahmen ”auf ein übersichtliches und qualitätsorientiertes Maß reduziert“ werden, heißt es in einem ins Parlament eingebrachten Antrag.
An die Regierung appelliert die SPD-Fraktion, einen Rechtsanspruch auf eine ”Berufsausbildung durch staatliche Förderung“ einzuführen. Sie soll all jene betreffen, die spätestens drei Jahre nach Schulabschluss keinen Ausbildungsplatz gefunden haben.“
Kritik am Berufsbildungsbericht und der statistischen Erhebung zugrunde liegender Zahlen kommt von der Linken. In einem Antrag, der im Parlament und entsprechenden Bundestagsausschüssen beraten werden soll, kritisiert die Linksfraktion die Statistiken der Bundesagentur für Arbeit zur Situation auf dem Ausbildungsmarkt bilden die ”strukturellen Probleme im System der beruflichen Ausbildung“ nicht angemessen ab. Die Berufsbildungsstatistik verschlüsselt eher die realen Probleme Jugendlicher beim Übergang von der Schule in die Ausbildung. So weist die Statistik der Bundesagentur für Arbeit zum 30. September 2009 9.603 ”unversorgte Bewerber“ auf, was etwa 2 Prozent an den 533.361 Bewerbern entspricht, die sich bei ihrer Suche nach einem Ausbildungsplatz bei der Bundesagentur für Arbeit registriert haben, stellt die Linksfraktion fest. Diese Statistik berücksichtige jedoch nicht, dass weitere 73.456 Bewerber zwar ”eine Alternative wie beispielsweise einen Job als Ungelernte oder einen Platz in einer der zahlreichen Überbrückungsmaßnahmen gefunden haben“, dass diese Bewerber aber ihre Ausbildungsplatzsuche ”explizit aufrecht erhalten“. Deshalb müssten auch diese Jugendlichen als ”suchend“ gelten – das würde den Anteil suchender Bewerber auf 16 Prozent erhöhen. Weitere 37 Prozent der Bewerber, insgesamt 198.121 Jugendliche, hätten ihre Ausbildungsplatzsuche ”mit unbekanntem Ausgang“ aufgegeben. Durch die Vermittlung der Arbeitsagenturen bzw. der kommunalen Träger seien also nur 47 Prozent der Bewerber (252.181 Jugendliche) in eine Ausbildung vermittelt worden.
Für das Jahr 2010 erwartet die Linksfraktion einen Mangel an Ausbildungsplätzen, teilt sie im Antrag mit. Für 402.707 Bewerber, die im April 2010 bei der Arbeitsagentur registriert waren, hätten nur 357.231 Ausbildungsplätze zur Verfügung gestanden. Deshalb fordert die Linksfraktion eine Statistik, die den Übergang von der Schule in die Ausbildung ”umfassend und ungeschönt“ abbildet und die fehlende Zahl an Ausbildungsplätzen aufzeigt. Außerdem plädiert die Fraktion für eine Umlagefinanzierung bei der Ausbildung, an der sich alle Unternehmen nach ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten beteiligen. Damit soll allen Bewerbern nach Abschluss der allgemeinen Schulbildung und unabhängig von der konjunkturellen Situation ein Ausbildungsplatz im dualen System angeboten werden.“
Die beiden Anträge in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.
Quelle: Deutscher Bundestag
Dokumente: 1701734.pdf