Anfragen von Ausländerbehörden an Jugendämter

DATENSCHUTZRECHTLICHE BEWERTUNG Es kommt immer wieder zu Nachfragen von Ausländerbehörden bzw. zur Aufforderung von Präventivmeldung der Jugendämter (JA) an die Ausländerbehörden. Das LWL-Landesjugendamt hat in einem Schreiben an Jugendämter das Vorgehen bewertet: “ Als Rechtsgrundlage berufen sich die Ausländerbehörden i.d.R. auf § 87 SGB Aufenthaltsgesetz. Sie überlesen dabei aber i.d.R. den § 88 Abs. 1 Aufenthaltsgesetzes , wonach eine Übermittlung personenbezogener Daten und sonstiger Angaben nach § 87 AufenthG unterbleibt, soweit besondere Verwendungsregelungen entgegenstehen. Diese Verwendungsregelungen können insbesondere sein: ‚ ‚ 203 StGB, ‚ 35 SGB I in mit den ‚ 67 SGB X, ‚ 65 SGB VIII …..‘ Eine Datenübermittlungsbefugnis durch JA an Ausländerbehörden steht also immer unter den Schranken der § 64 und 65 SGB VIII. Oft wird nicht einmal eine Rechtsgrundlage für das Auskunftsersuchen mitgeteilt. Zu beachten ist weiterhin, dass und ob die Ausländerin / der Ausländer einen gültigen Aufenthaltstitel hat und sich damit rechtmäßig in der BRD aufhalten durfte. Wenn Jugendhilfe für Minderjährige gewährt wird, stellt dies in der Regel keinen Ausweisungsgrund dar (vgl. § 55 Abs. 1 Ziffer 7 AufenthG), wenn man sich rechtmäßig in der BRD aufhält. Wenn die Schranken der jugendhilferechtlichen Datenschutzvorschriften nicht greifen (hier: §§ 64 und 65 SGB VIII) enthält das SGB X weitere besondere Regelungen, insbesondere § 71 Abs. 2 SGB X: „Die Übermittlung von Sozialdaten eines Ausländer ist auch zulässig, soweit sie erforderlich ist 1. im Einzelfall auf Ersuchen der mit der Ausführung des Ausländergesetzes betrauten Behörden nach § 87 Abs.1 des Aufenthaltsgesetzes mit der Maßgabe, dass über die Angaben nach § 68 (SGB X = Name, Anschrift ) hinaus nur mitgeteilt werden können a) für die Entscheidung über den Aufenthalt des Ausländers oder einen Familienangehörigen des Ausländers Daten über die Gewährung oder Nichtgewährung von Leistungen, Daten über frühere und bestehende Versicherungen und das Nichtbestehen einer Versicherung. b)… c) … d) durch die Jugendämter für die Entscheidung über den weiteren Aufenthalt oder die Beendigung des Aufenthalts eines Ausländers, bei dem ein Ausweisungsgrund nach den §§ 53 bis 56 des Aufenthaltsgesetzes vorliegt, Angaben über das zu erwartende Verhalten. 2.für die Erfüllung der in § 87 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes bezeichneten Mittelungspflichten.‘ Bei sogenannte verbundenen Daten (wenn also die Daten Dritter mit betroffen sind) ist ferner § 67d Abs. 3 SGB X zu beachten (keine Übermittlung bei überwiegender Schutzbedürftigkeit der Daten Dritter und wenn die Daten untrennbar miteinander verbunden sind). Zwar gelten die Regelungen des SGB X dem Grunde nach für alles Sozialgesetzbücher. Zu beachten ist aber § 37 SGB I, wonach die Regelungen des SGB I und SGB X nur gelten, soweit sich aus den übrigen Büchern nichts abweichendes ergibt (also auch soweit sich aus dem SGB VIII nichts abweichendes ergibt). Hier schließt sich der Kreis wieder zu § 88 des Aufenthaltsgesetzes. Die Datenübermittlung des JA an Ausländerbehörden steht unter dem Vorbehalt der § 64 und 65 SGB VIII (also insbesondere Zweckbindung der Daten und besonderer Vertrauensschutz in der erzieherischen Hilfe bei anvertrauten Daten). Kurzum: Ob das JA der Ausländerbehörde Daten übermittelt, ist im Einzelfall – insbesondere nach § 64 und 65 SGB VIII. zu entscheiden. Wenn die Schranken der §§ 64 und 65 SGB X, 203 StGB Regelungen (ausnahmsweise) nicht greifen, ist die Datenübermittlung hinsichtlich der Qualität nach dem SGB X recht begrenzt (Name, Anschrift(en), Geburtsdatum/ort Bezug oder Nichtbezug von Sozialleistungen) Einzig beim Vorliegen eines Ausweisungsgrundes nach dem Aufenthaltsgesetz (z.B. schwerer Straftat) kommt es zu eine sogenannten Sozialprognose im Sinne des § 71 Abs. 2 Ziffer 1 d SGB X über das zu erwartende soziale Verhalten. Ob die Kenntnis von Daten des Leistungsberechtigten über die besondere Integrationsbedürftigkeit im Sinne der §§ 87 Abs.2 i.V. mit § 43 Aufenthaltsgesetz (z.,B. erhebliche Sprachprobleme) unter die Schranken des § 64 und 65 SGB X fällt, müsste man wohl im Einzelfall diskutieren und entscheiden. Wenn alle Ausländer mit Integrationsproblemen die mit dem JA Kontakt bekommen, befürchten müssen, dass sie gemeldet werden, könnte dies den Erfolg von Hilfen gefährden. Andererseits können die zu veranlassenden Integrationskurse nach § 43 des Aufenthaltsgesetzes auch eine Chance für die Betroffenen sein. “

http://www.lwl.org

Quelle: LWL-Landesjugendamt: Alfred Oehlmann-Austermann

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