Jugend, Information, (Multi)Media

KOMMUNIKATION IM INTERNET IST FÜR JUGENDLICHE AM WICHTIGSTEN Der Medienumgang von Jugendlichen ist ein ständig aktuelles Thema. Viele Problemlagen in Schule und Bildung, aber auch im familiären Umfeld, werden häufig in Zusammenhang mit der Mediennutzung diskutiert. Für viele Missstände wird die Medienwelt der Jugendlichen verantwortlich gemacht, eine Medienwelt, die vielen Erwachsenen kaum oder nur oberflächlich bekannt ist und zu der sie meist auch wenig Zugang haben oder wollen. Die Studienreihe „Jugend, Information, (Multi-) Media“ (JIM) ist vor über zehn Jahren angetreten, um zumindest Teile dieser Wissenslücken bei den Beteiligten der oftmals sehr emotional und wenig empirisch untermauerten Diskussion zu schließen. Die JIM-Studie liefert Informationen zur Geräteausstattung, zu Freizeit- und Medienbeschäftigungen, zu Fragen der Medienbindung, zum Stellenwert von Fernseher, Radio, Computer und Internet sowie des Mobiltelefons. Da der Medienkompetenz als Schlüsselkompetenz des 21. Jahrhunderts eine immer stärkere Rolle zukommt, greift die JIM-Studie nicht nur die alltäglichen Nutzungsgewohnheiten auf, sondern untersucht problematische Aspekte der Mediennutzung. Hierzu gehört beispielsweise das Stichwort „Datensparsamkeit“ im Internet, das Tauschen von gewalthaltigen oder pornografischen Bildern per Handy oder das Verhalten der Jugendlichen in Chatrooms und Communities. Die Studie umfasst die sieben Millionen Jugendlichen im Alter von 12 bis 19 Jahren in Telefon-Haushalten der Bundesrepublik Deutschland. Aus dieser Grundgesamtheit wurde eine repräsentative Stichprobe von 1.208 Jugendlichen in der Zeit vom 14. Mai bis 16. Juni 2008 telefonisch befragt. Auszüge aus der JIM-Studie: “ Die 12- bis 19-Jährigen können heute auf ein enormes Medienangebot zurückgreifen. Erstmals in der zehnjährigen Geschichte der JIM-Studie zeigt sich, dass Jugendliche eher einen Computer als einen Fernseher besitzen. Und auch sonst hat sich in den letzten Jahren die Grundausstattung an Mediengeräten verändert und kontinuierlich erweitert. Handy und MP3-Player gehören inzwischen zum Standardinventar der 12- bis 19-Jährigen, zum ersten Mal haben mehr als die Hälfte der Jugendlichen einen eigenen Internetanschluss. Im Medienalltag stehen Computer und Fernseher an erster Stelle, dicht gefolgt von Handy, Internet und MP3-Player. Welche Rolle die verschiedenen Medien im Alltag von Jugendlichen spielen, zeigt die Medienbeschäftigung. Betrachtet man die regelmäßige Nutzung (mind. mehrmals pro Woche), werden Computer und Fernseher von jeweils 89 Prozent gleich häufig genutzt, jeweils 84 Prozent beschäftigen sich mit dieser Häufigkeit mit dem Handy oder gehen ins Internet. Betrachtet man nur die tägliche Nutzung, dann weist der Umgang mit dem Handy die höchste Alltagsrelevanz auf. Musik ist zentrales Element der Jugendkultur, was sich auch im Umgang mit verschiedenen Musikmedien zeigt. Mindestens mehrmals pro Woche werden MP3-Player (82 %), Radio (72 %) und Musik-CDs/Kassetten (68 %) genutzt. Die gleiche Reihenfolge ergibt sich auch für die tägliche Nutzung. Daneben haben auch im Zeitalter elektronischer Medien klassische Angebote bei Jugendlichen Bestand: 43 Prozent lesen regelmäßig eine Tageszeitung (täglich: 29 %), zwei Fünftel schmökern in Büchern (täglich: 23 %) oder blättern in Zeitschriften (29 %, täglich: 11 %). Es werden aber auch die Online-Ausgaben von Printmedien genutzt. Zwölf Prozent suchen regelmäßig das Internetangebot einer Tageszeitung auf, jeder Zehnte liest inzwischen Zeitschriften online. Am Beispiel Musik wird deutlich, dass Jugendliche die unterschiedlichen technischen und inhaltlichen Angebote sehr differenziert nutzen. Am häufigsten wird Musik mit dem Radio gehört, neben dem MP3-Player hat sich zunehmend das Handy als Musikabspielgerät etabliert. Fast jeder dritte Jugendliche fotografiert mindestens mehrmals pro Woche mit einer Digitalkamera. Genauso groß ist der Anteil derjenigen, die mit dieser Häufigkeit Computerspiele nutzen. Tragbare Spielkonsolen werden sogar nur von 26 Prozent regelmäßig genutzt. Das Fernsehen nimmt weiterhin viel Raum im Leben der Jugendlichen ein, knapp zwei Drittel sehen täglich fern. Das liebste Programm ist wie in den Jahren zuvor Pro7, aus Sicht der 12- bis 19-Jährigen hat dieser Sender das beste Filmangebot. Bei Nachrichtensendungen sehen die Jugendlichen die höchste Kompetenz bei DAS ERSTE/ARD, die besten Comedies hat SAT.1. Das für junge Menschen besonders wichtige Format „Daily Soaps“ wird nach Ansicht der Jugendlichen am besten von RTL bedient. Insgesamt zeigt sich, dass die Jugendlichen einen differenzierten Blick auf das Fernsehangebot haben und den verschiedenen Anbietern unterschiedliche Kernkompetenzen zuschreiben. Als Offline-Medium dient der Computer vielen Jugendlichen als Lernmittel für die Schule, zur Musiknutzung und vor allem zum Spielen. … Neben dem Austausch unter Freunden kommt insbesondere das Internet und der Einzelhandel als Bezugsquelle in Frage. Erstaunlich ist, dass entgegen der öffentlichen Diskussion das Thema „Computerspiele“ aus der Sicht der meisten Jugendlichen zuhause kein Problem darstellt und nur selten Anlass für Auseinandersetzungen mit den Eltern bietet. Dies bedeutet allerdings nicht, dass Computerspiele kein Gegenstand von Absprachen sind. Zumindest bei den 12- bis 13-Jährigen gelten für jeden zweiten Computerspieler Vereinbarungen mit den Eltern zur Auswahl der Spiele und zur Spieldauer. Je älter die Spieler sind, desto weniger häufig gibt es ein Reglement. Insgesamt betrachtet bedeutet dies aber auch, dass die Mehrheit der Eltern keinerlei Regeln für den Umgang mit Computerspielen getroffen hat. Hier ist ein deutlicher Informationsbedarf für Eltern gegeben. Nahezu alle Jugendlichen zählen zu den Internetnutzern und Internet bedeutet für die Generation der 12- bis 19-Jährigen in erster Linie Kommunikation, also die Nutzung von Instant Messenger, E-Mail, Chat und Communities. Weiter wird das Internet zum Spielen, zur Informationssuche und als Unterhaltungsmedium genutzt. Da das Internet mittlerweile auch klassische Medien wie Fernsehen, Radio oder Zeitungen umfasst, hat es aufgrund seiner Multifunktionalität bei Jugendlichen die größte Bindungskraft. Vor die Wahl gestellt, auf welches Medium sie am wenigsten verzichten könnten, würden sich die meisten Jugendlichen für das Internet entscheiden. Trotz der großen Begeisterung, die Jugendliche dem Internet entgegenbringen, würden sie sich bei widersprüchlicher Berichterstattung zum gleichen Ereignis nicht für das Internet, sondern größtenteils für die Tageszeitung als glaubwürdigste Quelle entscheiden. Das Internet schneidet hier – nach Fernsehen und Radio – eher schlecht ab. Jugendliche können also durchaus entscheiden, welches Medium zu welchem Zweck für sie am besten geeignet ist. Mit wenigen Ausnahmen zeigen Jungen und Mädchen deutliche Unterschiede in der Mediennutzung. Computer, Internet und MP3-Player werden von Jungen häufiger genutzt und insbesondere der Bereich der Computerspiele ist noch immer eindeutig eine „Männerdomäne“: fast viermal so viele Jungen wie Mädchen spielen regelmäßig Computer- oder Konsolenspiele. Auch die Nutzung der Onlineausgaben von Zeitungen und Zeitschriften hat für Jungen mehr Relevanz. Aber auch die klassische Zeitung sowie Trägermedien wie DVD und Video werden von Jungen häufiger genutzt. Mädchen liegen dagegen beim Handy vorn, hören mehr Radio und CDs, und deutlich mehr Mädchen als Jungen greifen regelmäßig zu einem Buch. Auch fotografieren Mädchen häufiger mit einer Digitalkamera. Keine oder nur wenige Unterschiede zeigen sich bei der Nutzung von Fernseher und Zeitschriften. Mit steigendem Alter nimmt die Nutzung von Computer, Internet, Handy, MP3-Player und Radio zu. Auch die Nutzung von Tageszeitungen – online wie offline – hat für ältere Jugendliche eine größere Relevanz. An Bedeutung verlieren hingegen Computer- und Konsolenspiele, Bücher, Hörspielkassetten/-CDs und Comics. Auch die Fernsehnutzung zeigt mit zunehmendem Alter eine abnehmende Tendenz. … Die Häufigkeit der Nutzung verschiedener Medien differiert auch nach dem Bildungsgrad der Jugendlichen. So nutzen Jugendliche mit höherer formaler Bildung deutlich häufiger Computer, Internet, Radio, Tageszeitungen und Bücher. Jugendliche mit niedrigerem Bildungsniveau nutzen eher Musikkassetten/CDs, DVD und Video, Spielkonsolen und die Onlineausgaben von Tageszeitungen und Zeitschriften. Besondere Bedeutung kommt derzeit den Online-Communities zu, die von über der Hälfte der Internetnutzer regelmäßig besucht werden. Das Chatten in speziellen Chatrooms erfreut sich trotz zunehmender alternativer Kommunikationsmöglichkeiten im Internet nach wie vor großen Beliebtheit. Fast die Hälfte der Internetnutzer chattet zumindest selten, 29 Prozent sogar mehrmals pro Woche und häufiger (2007: 30 %). Besonders attraktiv ist diese Form des virtuellen Treffens und Austauschens für die jüngeren Internetnutzer und Jugendliche mit geringerer formaler Bildung. Rückläufig ist das regelmäßige Chatten nur bei Gymnasiasten und den Volljährigen. Die Chatroom-Nutzer besuchen zu zwei Dritteln immer den gleichen Chat, ein Drittel ist aber auch in mehreren Chats aktiv. Fragt man die Jugendlichen nach den konkreten Angeboten und Plattformen, die sie nutzen, dann wird deutlich, dass ihnen die Unterscheidung zwischen einem Chat, einer Online-Community und einem Messenger offensichtlich schwerfällt. … Unabhängig davon, auf welcher (Kommunikations-)Plattform sich Jugendliche im Internet bewegen, gibt es nach wie vor ein gewisses Gefährdungspotential, wie am Beispiel der Chats deutlich wird: So geben 49 Prozent der Chatroom-Nutzer an, dass sie von Fremden nach persönlichen Informationen wie Adresse, Telefonnummer oder Namen befragt wurden (2007: 53 %). Der Anteil derer, die dieser Aufforderung nachkommen (13 %), ist genauso groß wie im Vorjahr. Persönliche Kontakte in Form von Telefonaten (27 %) oder reale Treffen (20 %) mit Personen, die man im Chat kennengelernt hat, sind im Vergleich zum Vorjahr rückläufig (2007: Telefon 33 %, Treffen 28 %). Generell berichten aber vor allem Jugendliche ab 16 Jahren (und weniger die Jüngeren) von solchen Kontakten. Trotzdem stimmt es bedenklich, dass jene, die sich schon einmal mit neuen „Freunden“ aus dem Chat getroffen haben (n=112), zu 13 Prozent von einer eher unangenehmen Begegnung berichten. Sehr viel häufiger als Chats werden von den Jugendlichen Online-Communities genutzt. Fast drei Viertel haben inzwischen mehr oder weniger intensive Erfahrungen mit diesen Angeboten gemacht, 41 Prozent besuchen diese Plattformen täglich, weitere 16 Prozent mehrmals pro Woche. Mädchen und formal höher Gebildete nutzen diese websites häufiger. Betrachtet man die Altersgruppen, dann sind die 14- bis 15-Jährigen besonders aktiv. Selbst die täglichen Nutzer unterscheiden sich jeweils hälftig nach solchen, denen es genügt, einmal am Tag vorbeizuschauen, und solchen, die sich mehrmals am Tag in der Community bewegen. … In einer Lebensphase, in der junge Menschen sich von der Familie abnabeln, sich selbst finden müssen, sich ständig neu definieren, positionieren und ausprobieren, bietet das Internet „Spielräume“, wie sie noch keiner Generation vorher zur Verfügung standen. Durch die Vernetzungsmöglichkeiten erweitert sich der persönliche Aktionsrahmen kolossal, er ist nicht mehr nur auf die Klassenstufen der eigenen Schule oder des Sportvereins begrenzt, sondern erlaubt jahrgangs-, schul- oder ortsübergreifend nach interessanten Personen Ausschau zu halten und mit einem relativ hohen „Vorwissen“ auf diese zuzugehen. Wie die Zustimmungswerte zu vorgelegten Aussagen dokumentieren, macht das Stöbern in Profilen nicht nur viel Spaß, es erleichtert auch den Zugang zu neuen Freunden. Und dabei geht es den Jugendlichen dann vor allem um Authentizität – die potenziell vorhandene Möglichkeit, eine andere Identität anzunehmen oder das eigene Aussehen auszublenden, stößt nur verhalten auf Zustimmung. Neben den Chats, … sind auch die Online-Communities nicht unproblematisch. Einerseits besteht die Gefahr, durch naiven Umgang mit persönlichen Daten die Privatsphäre der Öffentlichkeit preiszugeben – über die Hälfte der Internetnutzer hat eigene Fotos oder Filme im Netz hinterlegt und mehr als ein Drittel hat seine Instant Messenger-Nummer im Internet angegeben. Andererseits sind Online-Communities im schlimmsten Fall auch eine Plattform um andere bloßzustellen, zu beleidigen oder gar systematisch fertig zu machen. Das Beispiel Communities macht deutlich, dass es stets gilt, neue Angebote im Auge zu behalten, um jugendschutzrelevante Entwicklungen zu erkennen und entsprechende Hilfsangebote für Jugendliche, aber auch für Pädagogen und Eltern anzubieten.“ Die Studie in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem aufgeführten Link.

http://www.mpfs.de/fileadmin/JIM-pdf08/JIM-Studie_2008.pdf
http://www.mpfs.de
http://www.medienportal.de

Quelle: Medienpädagogischer Forshcungsverbund Südwest

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