Erste Bilanz des Strukturprogramms ‚Perspektive Berufsabschluss‘

JAHRESTAGUNG Das BMBF initiierte vor ca. einem Jahr das Programm „Perspektive Berufsabschluss“ mit den bei den Förderinitiativen „Regionales Übergangsmanagement“ und „Abschlussorientierte modulare Nachqualifizierung“. Das Föderprogramm wurde eingesetzt, weil ein anerkannter Berufsabschluss der Eintrittsschlüssel in die Arbeitswelt ist, jedoch viele junge Menschen – zu viele – diesen Weg nicht aus eigener Kraft schaffen. Mit „Perspektive Berufsabschluss“ werden insgesamt 49 regionale Vorhaben gefördert, die dazu beitragen sollen diesen jungen Menschen zu helfen. Einerseits sollen (Förderinitiative 1 – Regionales Übergangsmanagment) bereits vorhandene Förderangebote und Unterstützungsleistungen einer Region besser miteinander vernetzt und besser aufeinander abgestimmt werden. Andererseits sollen Rahmenbedingungen geschaffen werden für eine Nachqualifizierung An- und Ungelernter. Im Rahmen einer Tagung zogen das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Projektträger für das BMBF im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt eine erste Bilanz. Erfahrungen des fast abgeschlossenen ersten Programmjahrs wurden veröffentlicht und diskutiert. Zentrale Erkenntnisse der Vorträge und Podiumsdiskussionen: – Ein regionales Übergangsmanagement kann nur gelingen, * wenn sich die kommunale Spitze engagiert * alle Akteure einen langen Atem haben * eine Abstimmung mit Landesprogrammen stattfinden * eine Vernetzung mit den Geldgebern eher arbeitsmarktpolitischen Förderinstrumente (Agentur und ARGE) erfolgt. – Die Kommunen müssen in der Gestaltung regionaler Bildungsräume/-landschaften eine herausragende Rolle spielen. Allerdings bleibt bei dieser Forderung unklar, wie genau die kommunale Rolle aussehen soll. Der Einfluss der Kommune auf Bildungsprozesse (z.B. Schule, z.B. Maßnahmen der BA) ist zum Teil sehr gering. – Zur Lösung der Bildungsproblematik ist nicht eine isolierte Sicht der Lebenssituation in den Blick zu nehmen, sondern das gesamte Leben eines Menschen als Lernprozess zu verstehen und in allen Lebensbereichen als solcher zu berücksichtigen. – Jungen Menschen stehen am Übergang Schule – Beruf nicht zu wenig Angebote und Maßnahmen zur Verfügung. Allerdings fehlt ein Mangel an Kordination dieser Angebote zu einem fast undurchdringlichen Dickicht. – Die erfolgreiche Gestaltung eines regionalen Übergangsmanagements erfordert einen Perspektivenwechsel aller an Bildungsprozessen Beteiligten. – Zur Bekämpfung von Abbrüchen von „Bildungskarrieren“ bedarf es * klarer Bildungsmindeststandards * differenzierende Ausbildungsalternativen * Unter- aber auch Überforderung vermeiden * Hohe Durchlässigkeit * Möglichkeiten Schulkarrieren, Berufs- und Studienkarrieren unkompliziert „korrigieren zu können * eine zweite und dritte Chance für jeden Abbrecher * Förderunterricht für Lernschwache – durchgehend durch alle Bildungssysteme – Tutoren-Systeme * Individuelle Begleitung * Begleitende Beratung, Schulpsychologoie, Schulsozialarbeit * Aktivitäten von Verbänden, Jugendarbeit und Jugendhilfe außerhalb des Curiculums * Kontinuierliche Leistungs- und Lernrückmeldungen, die viel beschreibender und aussagekräftiger als Noten sind. – Veränderungsdruck auf bestehende Systeme erzeugen, etwas durch die Einführung von Benchmarks oder Rankings (wie lange braucht ein Hauptschüler in der Region, bis er in die Berufsausbildung eingemündet ist? Warum geht das in Region A besser als in Region B?) Weitere Erkenntnisse und erste Erfolge nach einem Jahr Programm „Perspektive Berufsabschluss“ wurden seitens der wissenschaftlichen Begleitung der Förderinitiativen präsentiert. FÖRDERINITIATIVE 1 „Regionales Übergangsmanagement“ “ In der Förderinitiative „Regionales Übergangsmanagement“ werden seit 2008 27 kommunale Vorhaben gefördert. Die Initiativen in den 16 Städten und elf Landkreisen sollen die Prozesse des Übergangs von der Schule in Ausbildung und Beruf für (insbesondere benachteiligte) Jugendliche in ihrer Region systematisch gestalten. Deutschen Jugendinstitut (DJI) hat die wissenschaftliche Begleitung der Förderinitiative Regionales Übergangsmanagement übernommen. Neben einer schwerpunktmäßig beratenden Tätigkeit der Vorhaben wurde zugleich eine empirische Basis geschaffen, die in den kommenden Jahren fortgeschrieben wird. Zwischen Juni und Dezember 2008 wurden dabei an allen 27 Vorhabensstandorten Interviews mit zentralen lokalen Akteuren des Regionalen Übergangsmanagements geführt. Als Ergebnis entstanden Analytische Berichte, die Auskunft über die Ausgangssituation sowie die ersten Erfahrungen bei der Umsetzung der Vorhabensziele geben sollten. Erste standortübergreifende Befunde lassen sich daraus ablesen. Überall werden qualitative und quantitative Schwachstellen im Bereich der Übergänge Schule – Beruf konstatiert. Dabei besteht in den meisten Fällen kein Angebotsmangel, eher mangelt es an entsprechender Koordination und einer Qualitätskontrolle. Auch für die im Feld tätigen Fachmitarbeiter/innen ist es zunehmend schwerer, sich einen Überblick über das gesamte Spektrum an Angeboten zu verschaffen. Zudem spielt bei der Zuweisung zu verschiedenen  Maßnahmen eher die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Rechtskreis als die individuellen Bedürfnisse der Jugendlichen die entscheidende Rolle. Insgesamt wird von den Vorhaben ein umfangreicher Bedarf an Koordinierung und Abstimmung im Übergangsfeld Schule – Beruf festgestellt. Darauf richten sich demnach die wesentlichen Aktivitäten der einzelnen Vorhaben. Jedoch richten sich diese Aktivitäten an einigen Standorten nicht auf das gesamte Angebotsspektrum im Übergangsbereich, sondern konzentriert sich auf die Angebote und Maßnahmen bestimmter Akteure wie der allgemein bildende Schulen, der Förderschulen oder der Berufsschulen/Berufskollegs. Deutlich wird, dass an fast allen Standorten der Förderinitiative die Koordinatorinnen und Koordinatoren auf zwei Ebenen aktiv werden. So arbeiten sie auf der einen Seite auf der spezifischen, operativen Ebene bei der Gestaltung des regionalen Übergangsmanagements (z.B. die Fokussierung auf konkrete Themen wie die Optimierung der Berufsvorbereitung an den Schulen). Auf der anderen Seite berührt die Arbeit der Projektleiterinnen und –leiter auch die Ebene einer kommunalen Bildungspolitik insgesamt, insofern sich die Initiativen für regionales Übergangsmanagement in kommunale Gesamtkonzepte für Bildung einordnen. Dass die Arbeit auf beiden Ebenen stattfindet, zeigt sich für die aktuelle Phase der Projektumsetzung, die idealtypisch folgende Schritte beinhaltet: • Schaffung einer soliden Datengrundlage und Etablierung eines professionellen Datenmanagements • Herstellung von Transparenz: Durchführung von Bestandsaufnahmen in den (Teil)Bereichen der Angebote und Maßnahmen im Übergangsbereich • Entwicklung und flächendeckende Implementierung von Qualitätsstandards • Strukturelle Verbesserung der Kooperation der regionalen Akteure im Übergang Schule-Beruf • Herstellung bzw. Verbesserung (politischer) Verantwortungsbereitschaft Ein wichtiger Problembereich, mit dem sich eine Reihe von Vorhaben auseinandersetzen muss, berührt die Rolle der Kommunen als Koordinatoren und Initiatoren regionalen Übergangsmanagements. Kommunen sind in der Regel nicht selbst Anbieter von Programmen und Maßnahmen im Übergangsfeld. Diese werden auf der Bundes- und auf der Landesebene konzipiert und ins Leben gerufen. So gibt es neben den Angeboten auf der Bundesebene (durch BA, BMBF, BMFSFJ oder BMAS) etliche Maßnahmen auf der Landesebene. Eine Hauptaufgabe der Kommunen besteht darin, diese Vielzahl an unterschiedlichen Angeboten zu koordinieren und sinnvoll in die regionale Übergangspolitik einzupassen. Gelingt dies nicht oder nur unzureichend, bremst es den Aufbau eines regionalen Übergangsmanagements. Auf der anderen Seite führt das erfolgreiche Integrieren von Bundes- und Landesprogrammen in die regionalen Strategien eines Übergangsmanagements zu wichtigen Impulsen in der Kommune/ dem Landkreis. Dies zeigt sich auch bei den ersten identifizierten Faktoren, die das Gelingen des Auf- und Ausbaus des regionalen Übergangsmanagements befördern: • Regionales Übergangsmanagement mit Bundes- und Landesprogrammen verknüpfen Dort, wo es gelingt Bundes- und Landesprogramme gut mit dem eigenen Konzept von regionalem Übergangsmanagement zu verzahnen, setzt das positive Impulse für die Vorhaben. Unterstützend scheint eine solche Verzahnung insbesondere dann zu wirken, wenn Initiativen für ein regionales Übergangsmanagement auch auf Landesebene ressortübergreifend angelegt sind. • Engagement der politischen Spitze Die Formulierung des politischen Ziels, möglichst alle Jugendliche zum Abschluss einer anerkannten Berufsausbildung zu führen, setzt wichtige Impulse in der Region. Das kann auch über Leitbilder/ Leitthemen gestärkt werden. Trotz der grundsätzlichen Rahmenbedingung, dass die Kommune bzw. der Landkreis gegenüber relevanten Akteuren keine Weisungsbefugnis hat, erleichtert das klare Engagement konsensuelle Problemlösungen mit unterschiedlichen Akteuren. • Regionales Übergangsmanagement braucht ausdauerndes Engagement Die Verbesserung der Kooperation und Abstimmung im Übergang Schule – Berufsausbildung gelingt nur im Zuge eines längerfristig angelegten Prozesses. Es hat sich gezeigt, dass die Anbindung dieses Koordinators und Initiators innerhalb der kommunalen Verwaltung keinen Einfluss auf die Kontinuität der Arbeit hat. Die Akteure können sowohl auf Seiten der Bildungsverwaltung als auch beim Jugendamt oder der Arbeits- oder Wirtschaftsförderung angesiedelt sein. Wichtig ist, dass die anderen Akteure mit „im Boot“ sind und dass innerhalb der kommunalen Verwaltung selbst kooperiert wird. “ Dr. Birgit Reißig, Deutsches Jugendinstitut FÖRDERINITIATIVE 2 ‚Abschlussorientiere modulare Nachqualifizierung‘ “ • Jungen Erwachsenen Möglichkeiten eröffnen, einen Berufsabschluss zu erwerben, wenn eine reguläre betriebliche Ausbildung aus persönlichen, sozialen oder wirtschaftlichen Gründen nicht mehr in Frage kommt. • Unternehmen Wege aufzeigen, wie sie aus An-und Ungelernten Fachkräfte machen können, die flexibel einsetzbar und deren berufliche Qualifika¬tionen auch über längere Zeit verwertbar sind. • Nachqualifizierung gemeinsam mit den relevanten Arbeitsmarktakteuren vor Ort zum regionalen Regelangebot machen. • Damit beschäftige und arbeitslose An- und Ungelernte mit und ohne Migrationshintergrund eine zweite Chance auf den Berufsabschluss bekommen, sind die 22 regionalen Vorhaben der Förderinitiative „Abschlussorientierte modulare Nachqualifizierung‘ (Fö2) seit rund einem Jahr im ganzen Bundesgebiet aktiv, um die Wirtschaft und die Zielgruppe durch eine breit angelegte Öffentlichkeitsarbeit für Nachqualifizierung zu sensibilisieren und zu mobilisieren, regionale Nachqualifizierungsbedarfe und -angebote zu erfassen und transparent zu machen, auf der Grundlage bestehender Fördermöglichkeiten tragfähige Fördermodelle für Nachqualifizierung zu entwickeln und so den Grundstein für ein bedarfsgerechtes Service-Angebot für Unternehmen und An- und Ungelernte rund um die Nachqualifizierung zu legen. Öffentlichkeitsarbeit Über Medienarbeit, Präsenz bei Messen, zielgrup-pengerecht gestaltete Informationsmaterialien und Internetangebote und eine Vielzahl von Veranstaltungen wurden Unternehmen, Betroffene und Multiplikatoren darüber informiert, wie passgenaue Qualifizierung Geringqualifizierter entlang am betrieblichen Bedarf aussehen kann. In Presseartikeln, Rundfunk- und Filmbeiträgen wurden anhand von Good-Practice Beratungsmöglichkeiten, Nachqualifizierungsangebote und Fördermöglichkeiten vorgestellt. Regionale Bedarfsanalyse Im Zuge einer systematischen Analyse regionaler Interessens- und Bedarfslagen wurden branchenbezogene Betriebsbefragungen durchgeführt und aus der persönlichen Beratung von Unternehmen und An- und Ungelernten Anforderungen an eine bedarfsgerechte Qualifizierung abgeleitet. Ein notwendiger Schritt um in Rückkopplung mit den regionalen Netzwerkpartnern maßgeschneiderte Nachqualifizierungsangebote entwickeln zu können. Bisher sind abschlussorientierte modulare Nachqualifizierungsangebote auf dem Bildungsmarkt kaum verfügbar. Um An- und Ungelernte aber Schritt für Schritt zum Berufsabschluss führen zu können, sind flexible betriebsnahe Qualifizierungskonzepte gefragt. Weiterentwicklung des regionalen Nachqualifizierungsangebots Für mehr Transparenz wurden in der Region vorhandene Nachqualifizierungsangebote von den regionalen Vorhaben erf asst und in regionalen Nachqualifizierungskatalogen zusammengestellt. Dadurch konnte der Zugang zu bereits bestehenden Qualifizierungsangeboten für Unternehmen und die Zielgruppe verbessert werden. Nachhaltig weiterentwickelt und ausgebaut wird das regionale Nachqualifizierungsangebot durch Know-how Transfer zu Netzwerkpartnern, regionale Anpassung von Nachqualifizierungskonzepten und Organisationsentwicklung bei Bildungsanbietern und Unternehmen. Auf- und Ausbau von regionalen Serviceangeboten rund um die Nachqualifizierung Begleitet werden Unternehmen und An- und Ungelernte bei der Planung und Umsetzung von Nachqualifizierung durch professionelle Beratung und Coaching. Die regionalen Vorhaben leisten Qualifizierungsberatung an der Schnittstelle zwischen Unternehmen, An- und Ungelernten und Bildungsdienstleistern, indem sie auf bestehende Beratungsstrukturen aufsetzen, neue Serviceangebote rund um die Nachqualifizierung regional etablieren und Beratungskompetenzen bei Netzwerkpartnern ausbauen. Netzwerkarbeit Gelingen kann die im Programm „Perspektive Berufsabschluss‘ angestrebte regionale Strukturentwicklung aber nur mit und durch die regionalen Arbeitsmarktakteure. Über eine nachhaltig regional verankerte Netzwerkarbeit konnten regionale Bildungsanbieter, zuständige Stellen, Träger der Arbeitsförderung und Grundsicherung für Arbeitsuchende, Fach- und Branchenverbände, Gewerk schatten und weitere regionale und kommunale Akteure im Netzwerk Nachqualifizierung eingebunden werden. Aufgabe der wissenschaftlichen Begleitung Das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) unterstützt die regionalen Vorhaben als wissenschaftliche Begleitung (Fö2) durch Monitoring, fachliche Beratung, überregionale Vernetzung und thematische Arbeitsgruppen. Weitere Aufgabenschwerpunkte sind Zuarbeit für das Programmmanagement, Öffentlichkeitsarbeit und Transfer im Sinne einer Verallgemeinerbarkeit und Übertragbarkeit der Ansätze auf andere Regionen. “ Dr. Eckart Severing, Forschungsinstitut Betriebliche Bildung Informationen zum Programm „Perspektive Berufsabschluss“ mit seinen beiden Förderinitiativen erhalten Sie beim Projektträger: Projektträger im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt Heinrich-Konen-Straße 1 53227 Bonn Fax: 0228-38 21-323 Dr. Manuela Martinek (Förderinitiative 1) Tel: 0228-38 21-313 E-Mail: manuela.martinek@dlr.de Dr. Hans-Peter Albert (Förderinitiative 2) Tel: 0228-38 21-315 E-Mail: hans-peter.albert@dlr.de Andrea Suhr (Öffentlichkeitsarbeit) Tel: 0228-38 21-345 E-Mail: andrea.suhr@dlr.de Kontakt zu den wissenschaftlichen Begleitungen: * Deutsches Jugendinstitut e.V. Außenstelle Halle Projekt „wissenschaftliche Begleitung Regionales Übergangsmanagement“ Franckeplatz 1, Haus 12/13 06110 Halle (Saale) * Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) gGmbH Obere Türnstr. 8 90429 Nürnberg www.f-bb.de

http://www.perspektive-berufsabschluss.de/

Quelle: BMBF DJI f-bb

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