Hilfe bei der Wahlentscheidung – Wofür steht welche Partei?

WELCHE ROLLE SPIELT JUGENDSOZIALARBEIT IN DER KÜNFTIGEN AUSGESTALTUNG DER BUNDESPOLITIK? Haben die Parteien, die im Wahlkampf zur Bundestagswahl um unsere Stimmen werben, die Jugendsozialarbeit im Blick? Wie wollen sie zur Verbesserung der Lebenssituation Jugendlicher beitragen? Welche Handlungsanforderungen und Lösungsmöglichkeiten werden gesehen? Hier möchten wir die Antworten der SPD und der BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN auf einen Fragekatalog des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit auszugsweise vorstellen. Angefragt wurden alle im derzeitigen Bundestag vertretenen Parteien. In der nächsten Ausgabe der News werden Antworten weiterer Parteien vorgestellt. Auszüge aus den Antworten der SPD zum Fragekatalog: “ … * WELCHE GESETZESÄNDERUNG AUF BUNDESEBEN WOLLEN SIE DURCHSETZEN, DAMIT JUNGE MENSCHEN BESSER GEFÖRDERT WERDEN UND NIEMAND ‚VERLOREN GEHT‘? Die SPD will eine möglichst gute Förderung von jungen Menschen erreichen. Das ist bildungspolitisch zielführend, sozialpolitisch nachhaltig und wirtschaftspolitisch vernünftig. Kein junger Mensch darf zurückgelassen werden. Alle Jugendlichen brauchen gute Chancen für ihre Zukunft. Und die Wirtschaft braucht qualifizierten Fachkräftenachwuchs. Vieles haben wir bereits durchsetzen können: Im vergangenen Jahr haben wir erreicht, dass rund 690 Millionen Euro zusätzlich in die Zukunftschancen von Jugendlichen investiert werden. Wichtig ist dabei der Ausbildungsbonus: Den Bonus zahlen wir an Unternehmen, die zusätzliche betriebliche Ausbildungsplätze für benachteiligte junge Menschen schaffen. Damit helfen wir gezielt z. B. Jugendlichen ohne Schulabschluss, Haupt- und Sonderschülern sowie Jugendlichen, die sich schon sehr lange vergeblich um Ausbildung bemühen. Wir haben in Zeiten der Wirtschaftskrise die starren Regelungen zum Ausbildungsbonus gelockert. Wenn ein Betrieb es Lehrlingen ermöglicht, ihre Ausbildung nach der Insolvenz fortzusetzen, soll dies künftig mit diesem Ausbildungsbonus gefördert werden können – und zwar unabhängig davon, ob der Ausbildungsplatz im Betrieb zusätzlich eingerichtet wird oder der Azubi nur schwer vermittelbar ist. Der Ausbildungsbonus ist Teil eines Gesamtkonzepts. Dazu gehören auch praktische Ausbildungshilfen für Betriebe und die individuelle Begleitung von Schülerinnen und Schülern in Ausbildung. Die SPD setzt sich in der kommenden Legislaturperiode dafür ein, dass die Kompetenzen, Zuständigkeiten und Kooperationsanforderungen in der beruflichen Förderung junger Menschen nach den Sozialgesetzbüchern II, III und VIII überprüft werden. Bestehende Schnittstellenproblematiken müssen identifiziert und abgebaut werden. Wir wollen, dass Jugendämter, Arbeitsagenturen und Grundsicherungsträger enger miteinander zusammenarbeiten. * WERDEN SIE SICH FÜR EINE NÖTIGE KLARSTELLUNG UND STÄRKUNG DES § 13 SGB VIII (Jugendsozialarbeit) EINSETZEN? Die SPD hät die Angebote der Jugendsozialarbeit für sehr wichtig, um soziale Benachteiligungen oder individuelle Beeinträchtigungen junger Menschen auszugleichen. Zu der Überprüfung der Sozialgesetzbücher II, III und VIII gehört auch eine Klärung der Frage, ob § 13 SGB VIII in der jetzigen Form den Anforderungen der Praxis vor Ort gerecht wird oder angepasst werden muss. * WIE WOLLEN SIE SICHERSTELLEN, DASS DIE FORDERUNG ‚AUSBILDUNG FÜR ALLE‘ REALITÄT WIRD? Das Menschrecht auf Bildung schließt das Recht auf eine Ausbildung ein. Unser Ziel ist, dass alle Jugendlichen einen Berufsabschluss oder Abitur haben. Eine Berufsausbildung ist für viele junge Menschen die Eintrittskarte in gute Arbeit. Doch noch immer gelingt vielen Jugendlichen der Übergang in Ausbildung nicht reibungslos. Mit der Einführung einer Ausbildungsgarantie für junge Menschen, die mit Anfang 20 weder Abitur noch eine Berufsausbildung haben, werden wir allen eine berufliche Perspektive sichern. Sie sollen eine Chance in außerbetrieblichen Ausbildungsangeboten bekommen und sich dort in Berufen mit Arbeitskräftebedarf qualifizieren können. Wir wollen den Übergang von der Schule zum Arbeitsleben neu ordnen und aus Warteschleifen übersichtliche Wege von der Schule in die Ausbildung machen. Wir wollen die Arbeits- und Berufsorientierung in der Schule fest verankern. Sie soll gemeinsam mit einer umfangreichen Beratung und Berufswahlvorbereitung Pflichtangebot in allen allgemeinbildenden Schulen sein. Schule und Betrieb müssen dafür besser verzahnt werden. Wir werden vor diesem Hintergrund den Ausbildungspakt weiterentwickeln und streben an, die Ausbildungsplatz-Verpflichtungen der Wirtschaft weiter zu erhöhen. Den Betriebsräten wollen wir ein Mitbestimmungsrecht verschaffen, damit sie in ihrem Betrieb mehr Ausbildungsplätze durchsetzen können. Mit dem Ausbildungsbonus setzen wir ein Zeichen für diejenigen, denen es in den vergangenen Jahren nicht gelungen ist, nach der Schule unmittelbar einen Ausbildungsplatz zu finden. * WIE KOMMEN WIR IN DER NÄCHSTEN LEGISLATURPERIODE ZU EINER ARBEITSMARKTPOLITIK, DIE VOR ORT SO GESTALTET WERDEN KANN, DASS AUCH JUNGE MENSCHEN MIT GROßEN VERMITTLUNGSHEMMNISSEN PASSENDE UNTERSTÜTZUNG FINDEN? Für die Mehrheit der jungen Erwachsenen bleibt die Berufsausbildung der Einstieg ins Berufsleben. An dieser Schwelle gehen heute zu viele Menschen verloren, überdurchschnittlich viele mit Migrationshintergrund. Das ist ein Problem für unsere Gesellschaft, aber auch ein Problem für unsere Wirtschaft. Gerade in den Zukunfts- und Wachstumsbranchen werden neue Fachkräfte gebraucht. • Die SPD bleibt bei ihrer Forderung, dass die Wirtschaft auch in diesem Jahr mindestens 600.000 neue Ausbildungsverträge abschließt. Das ist notwendig, damit alle Jugendlichen – auch jene, die schon seit längerer Zeit einen Ausbildungsplatz suchen – versorgt werden können. Sonst wird die Ausbildungslücke von heute ganz schnell zur Fachkräftelücke von morgen. • Damit Jugendliche den Einstieg ins Berufsleben besser schaffen, wollen wir die Berufsorientierung ab der 7. Klasse an den allgemeinbildenden Schulen verpflichtend und mit gemeinsamen Qualitätsstandards einführen. Wenn längeres Lernen erforderlich ist, um fit für die Ausbildung zu sein, wollen wir dies ermöglichen und dabei die Probleme aber auch Potentiale von Jugendlichen mit Migrationshintergrund verstärkt in den Blick nehmen. • Für die SPD ist Ausbildung ein Recht, das sich auch in einer 2. und 3. Chance ausdrücken muss. 1,5 Millionen junge Erwachsene ohne Berufsausbildung sind nicht nur zu viele junge Menschen ohne echte Zukunftschancen, sie sind auch verschenktes wirtschaftliches Potenzial. Deshalb wollen wir eine Ausbildungsgarantie für alle, die älter sind als 20 Jahre und weder Berufsabschluss noch Abitur haben. Sie sollen eine Chance in außerbetrieblichen Ausbildungsangeboten bekommen. • Wir wollen zudem die Arbeitslosenversicherung zu einer Arbeitsversicherung weiterentwickeln, die Arbeitslosigkeit nicht nur schnell beendet, sondern dabei hilft, sie zu vermeiden. Die Grundidee der Arbeitsversicherung ist, dass der Schutz bei Arbeitslosigkeit durch einen stärkeren Schutz vor Arbeitslosigkeit erweitert wird. Ziel ist eine Job-Vorsorge für alle Menschen von 15 bis 67 Jahren, also auch für Jugendliche und junge Erwachsene. Jede und jeder soll einen Rechtsanspruch auf Weiterbildungsberatung erhalten. • Die staatliche Förderung der Weiterbildung wird ausgebaut. Das Ziel ist, durch Stärkung der individuellen Qualifikation die Chancen auf dem Arbeitsmarkt deutlich zu erhöhen. … “ Auszüge aus den Antworten von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Fragekatalog: “ … * WELCHE GESETZESÄNDERUNG AUF BUNDESEBENE WOLLEN SIE DURCHSETZEN, DAMIT JUNGE MENSCHEN BESSER GEFÖRDERT WERDEN UND NIEMAND ‚VERLOREN GEHT‘? Die Schnittstellenprobleme zwischen dem SGB II und dem SGB VIII haben flächendeckend negative Auswirkungen für Jugendliche und junge Erwachsene. So überschneiden sich Hilfen der Jugendsozialarbeit (§ 13 SGB VIII) mit den möglichen Hilfen durch SGB II- und SGB III-Träger. Für eine gelingende gesellschaftliche Teilhabe junger Menschen fordern wir daher mit den Akteuren der Jugendsozialarbeit die Ausweitung des §13 SGB VIII auf Hilfen zur Überwindung sozialer und individueller Beeinträchtigung, die bereits im Vorfeld und unabhängig von der Vermittlung in Ausbildung oder Arbeit (wie sie im SGB II und SGB III vorgesehen ist) zum Einsatz kommen. Zudem muss die Jugendhilfeplanung mit der Arbeit der Job Center vernetzt werden. * WERDEN SIE SICH FÜR EINE NÖTIGE KLARSTELLUNG UND STÄRKUNG DES § 13 SGB VIII (Jugendsozialarbeit) EINSETZEN? Ja, siehe auf Antwort 2. Jugendhilfe und Jugendarbeit müssen mehr Wertschätzung erfahren – finanziell, aber auch strukturell. Wir sehen mit Bedauern, dass die Rolle der Jugendhilfe im Übergangssystem zwischen Schule und Beruf immer schwächer wird, da sich viele Kommunen aus der Jugendsozialarbeit zurückziehen. Jugendspezifischer Förderung für jugendspezifische Probleme muss weiterhin einen hohen Stellenwert einnehmen. Das muss sich auch in den Ausgaben widerspiegeln. Diese sinken für die Jugendsozialarbeit bundesweit seit Jahren. Wir wollen dazu beitragen, die Jugendhilfe aus dem finanziellen Teufelskreislauf zu befreien. Es ist eine zentrale Herausforderung, die notwendigen Finanzströme zugunsten der Jugendhilfe zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu gestalten und als gesamtstaatliche Verantwortung zu organisieren. In diesem Sinne wollen wir insbesondere die Jugend(sozial)arbeit stärken. Wir sehen eine Mitverantwortung des Bundes, die Jugendhilfe adäquat auszustatten und sie für die Herausforderungen der Zukunft fit zu machen. * WIE WOLLEN SIE SICHERSTELLEN, DASS DIE FORDERUNG ‚AUSBILDUNG FÜR ALLE‘ REALITÄT WIRD? Mit unserem Konzept „DualPlus“ setzen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sich für eine Reform der beruflichen Bildung ein, von der auch Jugendliche mit individuellem Förderbedarf profitieren werden. Anstatt weiterhin drei bis vier Milliarden Euro jährlich für ein unsinniges Warteschleifensystem auszugeben, das für viel zu viele Jugendliche zur Sackgasse wird, wollen wir mit DualPlus echte Ausbildungsplätze nach dem dualen Prinzip schaffen. Wir wollen allen AltbewerberInnen, lernschwächeren Jugendliche und auch Jugendlichen mit Behinderungen zusätzliche Zugänge zur dualen Ausbildung eröffnen. Statt des bisherigen „Maßnahmedschungels“ von Bund, Ländern und Bundesagentur wollen wir eine Strukturreform durchführen, so dass Teilschritte der Ausbildung besser anerkannt und angerechnet werden. Neben Betrieb und Schule treten überbetriebliche Ausbildungsstätten als dritter Lernort. Statt einer Milliarde € für sinnlose 1-Euro-Jobs auszugeben, muss das Geld für Qualifizierungen verwendet werden. * WIE KOMMEN WIR IN DER NÄCHSTEN LEGISLATURPERIODE ZU EINER ARBEITSMARKTPOLITIK, DIE VOR ORT SO GESTALTET WERDEN KANN, DASS AUCH JUNGE MENSCHEN MIT GROßEN VERMITTLUNGSHEMMNISSEN PASSENDE UNTERSTÜTZUNG FINDEN? BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben sich in der 16. Wahlperiode wiederholt gegen Standardisierung und dezidiert für eine dezentrale und passgenaue Arbeitsmarktpolitik im SGB II eingesetzt (zum Beispiel für die Fortführung der weiteren Leistungen nach dem alten §16 Abs. 2 Satz 1 SGB II BT-Drs. 16/8524) . Auch in der nächsten Wahlperiode werden wir uns für eine lokal vernetzte und zielgruppenorientierte Integrationspolitik und die Verwirklichung eines ganzheitlichen Hilfeansatzes einsetzen – auch für Jugendliche an der Schwelle zu Ausbildung und Arbeit. Sowohl Scheinangebote zur Überprüfung der Arbeitsbereitschaft als auch Sanktionsautomatismen darf es in Zukunft nicht mehr geben. Dafür müssen Hilfebedürftige im SGB II in ihren Rechten gestärkt werden. Die Anwendung des Vergaberechts für sozial- und arbeitsmarktpolitische Dienstleistungen befördert einen Preiswettbewerb zu Lasten der Qualität. Wir streben eine für Dienstleistungen am Menschen besser geeignete Methode der Leistungsbeauftragung an und wollen alternative Regelungen erproben. … “ Die Antworten auf den gesamten Fragekatalog entnehmen Sie bitte dem Anhang. Welche Ziele und Vorhaben verfolgen die im derzeitigen Bundestag vertretenen Parteien darüber hinaus? Einen Überblick bieten Gegenüberstellungen der Parteipogramme zu den Bereichen Arbeit, Armut und Sozialstaat. Die Materialien zur Bundestagswahl des Caritasverbandes stehen Ihnen im Anhang als Download zur Verfügung.

Quelle: Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit Deutscher Caritasverband

Dokumente: Wahlkampfprogramme_Sozialstaat.pdf

Ähnliche Artikel

Skip to content