BUNDESTAGSWAHL Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit hatte einen Fragenkatalog herausgegeben, um zu prüfen, welche Rolle Jugendsozialarbeit in der künftigen Bundespolitik spielen wird. Die Antworten von SPD und Bündnis 90/Die Grünen wurden in der letzten Ausgabe der News veröffentlicht. Um den Überblick zu erweiteren stellen wir Ihnen nachfolgend die Antworten der FDP vor. Auswahl aus den Antworten des Generalsekretärs der FDP, Dirk Niebel, auf den Fragekatalog des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit: “ * WELCHE GESETZESÄNDERUNG AUF BUNDESEBENE WOLLEN SIE DURCHSETZEN, DAMIT JUNGE MENSCHEN BESSER GEFÖRDERT WERDEN UND NIEMAND ‚VERLOREN GEHT‘? Allen Kindern Chancengerechtigkeit und Perspektiven zu bieten, ist Ziel liberaler Politik. Die soziale Lage der Eltern darf nicht über den Bildungsweg von Kindern und Jugendlichen entscheiden. Für Liberale ist Bildung von Beginn an, bereits im Kleinkindalter, der entscheidende Faktor für Chancengerechtigkeit. Die FDP fordert, dass jedes Kind als familienpolitische Leistung des Bundes einen Bildungs- und Betreuungsgutschein ab dem ersten vollendeten Lebensjahr erhält. Mit dem Gutschein können Eltern Bildungsangebote für ihre Kinder wie z. B. Krippen, Museen oder Sportvereine nutzen. Kindern und Jugendlichen, die in schwierigen sozialen und familiären Verhältnissen, in Brennpunktvierteln und anderen Problemumfeldern aufwachsen, muss von staatlicher Seite alle erdenkliche Hilfe zukommen. Hierzu dienen bedarfsorientierte Freizeiteinrichtungen, eigene Gestaltungsmöglichkeiten und Mitbestimmungsmöglichkeiten in der eigenen Umwelt. Zudem muss durch die Verbesserungen von Bildungs-, Ausbildungs- und zukünftigen Beschäftigungschancen die Situation von Kindern und Jugendlichen positiv beeinflusst werden. Die FDP will ferner solide finanzielle Rahmenbedingungen für alle Familien schaffen und fordert im Rahmen ihres Stufenmodells im Steuerrecht die Erhöhung des Kindergeldes auf 200 Euro für jedes Kind. Zusammen mit einem Grundfreibetrag von 8.004 Euro für Erwachsene und Kinder würden viele Familien keine Einkommenssteuer mehr zahlen. Ihnen würde mehr Geld netto zur Verfügung stehen. Für diejenigen, die nicht über ein ausreichendes Einkommen verfügen, soll ein Universaltransfer in Form eines leistungsgerechten und existenzsichernden Bürgergeldes gegen Armut helfen. Mit dem Bürgergeld werden möglichst viele steuerfinanzierte Sozialleistungen zusammengefasst. Für Kinder und Jugendliche ist im Rahmen der Bedarfsgemeinschaft ein eigenständiger Bürgergeldanspruch vorzusehen. * WERDEN SIE SICH FÜR EINE NÖTIGE KLARSTELLUNG UND STÄRKUNG DES § 13 SGB VIII (Jugendsozialarbeit) EINSETZEN? Die Jugendsozialarbeit stellt nach § 13 SGB VIII eine Maßnahme der Jugendhilfe im Rahmen der Erfüllung des eigenen gesetzlichen Auftrages dar und liegt in der Verantwortung der Kommunen. Inwieweit eine gesetzliche Änderung des § 13 SGB VIII bei Vollzugsproblemen und einer möglicherweise fehlenden Abstimmung von Angeboten mit Maßnahmen anderer Träger Abhilfe schaffen könnte, wäre zu prüfen. Notwendig ist mehr finanzieller Spielraum für die Kommunen, damit diese ihren Aufgaben, gerade auch im sozialen Bereich, nachkommen können. Die FDP setzt sich für die Verankerung des Konnexitätsprinzips im Grundgesetz ein, damit künftig die Kommunen vom Bund für ihnen übertragene Aufgaben adäquat finanziell entschädigt werden. Weiterhin setzt sich die FDP für eine Gemeindefinanzreform ein, um eine sichere Basis für die Kommunen zu schaffen und gerade soziale Projekte auf eine langfristig gesicherte finanzielle Grundlage zu stellen. Sozialpolitik nach Kassenlage der Kommunen ist aus unserer Sicht nicht zielführend. * WIE WOLLEN SIE SICHERSTELLEN, DASS DIE FORDERUNG ‚AUSBILDUNG FÜR ALLE‘ REALITÄT WIRD? Angesichts des demografischen Wandels, der gestiegenen Ansprüche und Erfordernisse einer Wissensgesellschaft, welche sich auch auf den Bereich der beruflichen Bildung auswirken, ist es eine gesellschaftliche Verpflichtung und Notwendigkeit dafür zu sorgen, dass unser Nachwuchs bestmöglich gefördert wird. Denn wir können es uns nicht leisten, dass Jugendliche mangels Ausbildungsreife am Zugang zum Berufsbildungssystem scheitern. Gerade deswegen müssen wir sicherstellen, dass insbesondere Schulen, die traditionell den Brückenschlag zum System der beruflichen Bildung bilden, bessere Förderbedingungen erhalten und eine sehr starke Berufsorientierung zum Regelfall wird. Betriebserkundungen, Praktika und Bewerbertraining müssen ebenso eine Rolle spielen wie die Ausrichtung der Lehrinhalte und Themen, die die Bedeutung der Wirtschaft und Technik in den Mittelpunkt rücken. Zudem fordert die FDP eine Anpassung unseres Berufsbildungssystems an die Erfordernisse der heutigen Zeit. Der Erwerb von beruflichen Abschlüssen ist durch breitbandige flexible Ausbildungsberufe zu unterstützen. Eine kompetenz-, werte- und zielorientierte Ausbildung, die eine umfassende und flexible berufliche Handlungsfähigkeit ermöglicht, ist weiterhin als Leitbild der Entwicklung des Berufsbildungssystems in Deutschland zu betrachten. Dabei ist die Beibehaltung des Berufsprinzips unbedingt zu gewährleisten. Die betriebs- und damit auftragsorientierte Qualifizierung durch die Organisation der Berufsausbildung im Dualen System ist über die vernetzte Ausbildung im Verbund zwischen Betrieben, Berufsschule und Überbetrieblichem Bildungszentrum zu sichern. * WIE KOMMEN WIR IN DER NÄCHSTEN LEGISLATURPERIODE ZU EINER ARBEITSMARKTPOLITIK, DIE VOR ORT SO GESTALTET WERDEN KANN, DASS AUCH JUNGE MENSCHEN MIT GROßEN VERMITTLUNGSHEMMNISSEN PASSENDE UNTERSTÜTZUNG FINDEN? Die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist eine der wichtigsten Aufgaben der Arbeitsmarktpolitik. Ausbildung und Arbeit ist mehr als nur die Grundlage für ein wirtschaftlich unabhängiges Leben. Beides hat zentrale Bedeutung für die Identitätsfindung und die Selbstbestimmung. Eine Gesellschaft kann es sich nicht leisten, dass jungen Menschen der Einstieg in das Arbeitsleben verwehrt bleibt und deren kreatives Potenzial und Arbeitskraft brach liegen. Ziel muss es sein, Jugendlichen bessere Perspektiven und Zukunftschancen zu geben. Wir müssen jungen Menschen und benachteiligten Jugendlichen den Zugang in Ausbildung und Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt ermöglichen. Staatliche Beschäftigungsprogramme oder eine Ausbildung durch öffentliche Stellen über deren Bedarf hinaus verschieben das Problem nur um wenige Jahre anstatt es zu lösen. Wir brauchen flexiblere Strukturen, kürzere Ausbildungszeiten und höhere Qualitätsstandards. Faire Bildungschancen für alle sind der Schlüssel zur Freiheit, zur sozialen Teilhabe, zum persönlichen Glück und Wohlstand. Durch Bildung können sich alle Menschen unabhängig von ihrer sozialen, ethnischen oder religiösen Herkunft eigene Wege zum Erfolg bahnen. Fehlende Förderung, mangelnde Anregungen für Kinder und ein unzureichendes Bildungsumfeld sorgen oft dafür, dass sich Begabungen nicht entfalten können. Begabungen von Kindern müssen besser als bisher gefördert werden. Wir fordern daher ein gerechtes Bildungssystem, das jedem den bestmöglichen Abschluss nach Begabung und Leistung ermöglicht, unabhängig von der sozialen Herkunft. Wir fordern ein intelligent organisiertes Bildungssystem, das sich flexibel den schnellen Veränderungen in unserer Arbeitswelt anpasst. Wichtigste Voraussetzung für mehr Beschäftigung Jugendlicher genauso wie älterer Arbeitnehmer ist, dass die Unternehmen mehr Arbeitsplätze anbieten. Hierfür müssen die Rahmenbedingungen erheblich verbessert werden. Die Lohn- und Lohnnebenkosten haben in Deutschland aber eine Höhe erreicht, die die Schaffung von Arbeitsplätzen und damit den Abbau der unerträglich hohen Arbeitslosigkeit verhindert. Eine Reform des Steuersystems, der sozialen Sicherungssysteme mit einer Reduzierung der Beitragslast und eine Reform des gegenwärtig durch Überregulierung und Ineffizienz gekennzeichneten Arbeitsmarktes und der Tarifordnung sind dringend notwendig. Die Betreuung Arbeitsloser muss verbessert werden. Die FDP will daher die Verantwortung für die Betreuung in die Hände der Kommunen geben. Diese können passgenauer auf die individuelle Situation der Arbeitslosen eingehen und kennen den regionalen Arbeitsmarkt besser, als die zentralistische Nürnberger Bundesagentur für Arbeit. Hierfür hat die FDP Vorschläge vorgelegt. Darüber hinaus müssen wir immer wieder deutlich machen, dass die Unternehmen bedingt durch sinkende Geburtenraten bald unter einem erheblichen Nachwuchsmangel leiden werden, wenn sie nicht schon jetzt mehr junge Leute ausbilden. “
Quelle: Generalsekretär des FDP Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit