Welche Rolle spielen gemeinnützige Organisationen im Übergang Schule – Beruf?

UNTERSTÜTZUNGSANGEBOTE IM ÜBERGANG SCHULE – BERUF Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hat das Deutsche Jugendinstitut (DJI) die Unterstützungsangebote für Jugendliche im Übergang von der Schule in den Beruf zusammengestellt. Neben einer Darstellung der Fördermöglichkeiten beleuchtet das DJI auch die Rolle, die gemeinnützige Organisationen in diesem Zusammenhang spielen. Auszüge aus der Expertise des DJI von Tabea Schlimbach: “ Der Übergangsprozess von der Schule in den Beruf wird von der noch relativ jungen Übergangsforschung als besonders sensible Phase im Lebenslauf definiert. Die erfolgreiche Aufnahme einer Erwerbsarbeit dient der Absicherung der eigenen Existenz und gehört zu den entscheidenden Entwicklungsaufgaben im Jugendalter. Dabei ist immer weniger bestimmbar, wie eine erfolgreiche Bewältigung angesichts sozialer und wirtschaftlicher Umbrüche aussieht und was Jugendliche dafür tun müssen. Prozesse der Entstandardisierung und Entgrenzung eröffnen jungen Menschen neue Freiräume und Chancen, werden aber auch begleitet von neuen Risiken und Anforderungen. Dabei spielen Veränderungen im Bereich der dualen Ausbildung, dem „Königsweg‘ in das Arbeitsleben, eine entscheidende Rolle. Nach wie vor genießt die berufliche Ausbildung hohe Popularität bei Unternehmen und bei jungen Menschen an der Schwelle zum Beruf. Drei Viertel der Schulabgänger streben eine voll qualifizierende Berufsausbildung an. Doch die Verringerung des Ausbildungsplatzangebots geht einher mit einem harten Konkurrenzkampf zwischen jungen Menschen um freie Ausbildungsplätze. … Benachteiligte Jugendliche sind Verlierer dieser Entwicklungen. Sie finden sich überproportional in berufsvorbereitenden Maßnahmen wieder, die einerseits den Übergang abfedern und unterstützen sollen, andererseits bezüglich ihrer Wirkungen und ihrer Anerkennung durch potentielle Arbeitgeber — gerade beim Durchlaufen von Maßnahmeketten — umstritten sind. An Jugendliche im Übergang werden hohe Erwartungen und Handlungsaufforderungen gerichtet, aber ihnen werden immer weniger Orientierungspunkte für die Gestaltung des eigenen beruflichen Einstiegs geboten. Auf der Suche nach dem richtigen Weg finden sie widersprüchliche Antworten auf die Fragen, welcher Status erstrebenswert ist, welche Zeitfenster zu nutzen sind, welche Stationen förderlich und welche möglicherweise hinderlich sind. Dabei sind ihre Handlungs- und Entscheidungsprozesse eingebettet in individuelle Lernverläufe, gesellschaftliche Muster und Normen sowie institutionelle Richtlinien. … Um Jugendliche bei der Bewältigung der sensiblen Übergangsprozesse zu unterstützen, wird ein breites Netz an Angeboten zur Verfügung gestellt. Neben allgemeinen Angeboten gibt es solche, die auf die spezifischen Bedürfnisse junger Menschen mit Benachteiligungen ausgerichtet sind. … Es existieren umfangreiche und investitionsintensive Bemühungen, um jungen Menschen geeignete Hilfen beim kompliziert gewordenen Schritt in die Berufswelt an die Hand zu geben. Gleichzeitig werden Dopplungen und Überlagerungen, aber auch Lücken deutlich, die sich aus unterschiedlichen und nicht immer klar abgrenzbaren Zuständigkeiten und fehlender Transparenz ergeben. Zielgruppenspezifische Hilfeangebote unterliegen Zugangsrestriktionen. Nach regionalen Rahmenbedingungen und Förderlogiken werden unterschiedliche konzeptionelle Ansätze favorisiert. Nicht zuletzt spielen finanzielle Abwägungen und strategische Überlegungen der Initiatoren und Anbieter in die Gestaltung mit hinein. Immer wieder werden kritische Stimmen hinsichtlich der Ausgestaltung und Effektivität der Maßnahmenkataloge laut. Im Sinne eines Übergangsmanagements ist es notwendig, Angebote anhand von Evaluationen zu beurteilen und gegebenenfalls restrukturieren zu können. Für Jugendliche und ihre Unterstützer besteht die Herausforderung darin, die Fülle von Angeboten zu ordnen, kritisch zu prüfen und bedarfsorientiert zusammenzustellen. Dafür ist es unerlässlich, Effekte und Wirkungen zu kennen, um individuelle Potenziale, aber auch kontraproduktive Effekte abschätzen zu können. Der Stand der Wirkungsevaluation der Angebote im Übergang ist qualitativ und quantitativ höchst heterogen. Für einzelne Förderinstrumente wurden verschiedene Verfahren zur Bewertung angewendet. … Dennoch tragen viele Projektansätze nachweisbar, wirkungsvoll und auf ganz unterschiedliche Weise zur erfolgreichen Bewältigung des Übergangs von der Schule in den Beruf bei. … DIE ROLLE DER GEMEINNÜTZIGEN AKTEURE Gemeinnützige Träger erfüllen eine Schlüsselfunktion in fast allen Bereichen sozialen Lebens, wie Demokratiebildung, Menschenrechte, Bürgerbelange, Sport, Kultur und Bildung. Ihre wachsende Präsenz als Akteure im Übergangssystem lässt sich aus unterschiedlichen wirtschaftlichen und bildungspolitischen Perspektiven herleiten, die nur angerissen werden können. … Nichtstaatliche Partner (gemeinnützige Bildungsträger, Finanziers) gewinnen in dem Maße zunehmend an gestalterischem Einfluss auf Übergang und Ausbildung, in dem sich öffentliche Träger aus der Leistungserbringung zurückziehen und auf ihre Rolle als Gewährleistungsträger beschränken. Während diese also die Rolle von Auftraggebern und Architekten des Gebäudekomplexes „Übergangssystem‘ einnehmen, indem sie Angebote finanzieren, durch politische Entscheidungen rechtliche Rahmungen schaffen, (Modell-)Programme initiieren und deren Durchführung ausschreiben, sind Vereine und Verbände die Baumeister, die den Angeboten vor Ort ihr individuelles konzeptionelles Gesicht verleihen, in direkter Zusammenarbeit mit den „Bewohnern‘ — den jungen Menschen – die Maßnahmen ausgestalten und in Kooperation mit anderen Projektträgern an der Gestaltung einer lokalen Gesamtarchitektur beteiligt sind. Neben ihrer inhaltlichen Arbeit haben sie durch verschiedene Partizipationsstrukturen an politischen Beratungs- und Entscheidungsgremien Einfluss auf die Ausgestaltung von Angeboten für Jugendliche. Die stärkere Einbindung gemeinnütziger Träger hat nicht nur strukturelle, sondern auch bildungspolitische Ursachen. Mit der Initiierung der Benachteiligtenausbildung öffnete sich Bildungsträgem und Trägern der Jugendsozialarbeit ein stabiles Tätigkeitsfeld. Die Herausbildung eines ganzheitlichen, integrativen Blicks auf die Übergangsproblematik und deren Herausforderungen für Jugendliche hat die soziale Sphäre nahezu gleichberechtigt neben schulische/ berufsfachliche Vermittlungsinhalte gestellt. Dies schlägt sich in der Ausgestaltung der Maßnahmen nieder, die neben der Vermittlung von Bildungsinhalten begleitende, unterstützende und Problembewältigung betreffende Zielstellungen beinhalten und in deren Durchführung zunehmend gemeinnützige Träger involviert werden. Sie tragen dazu bei, bestehende Lücken im sozialstaatlichen Leistungsangebot zu schließen. Wohlfahrtsverbände, Vereine und Stiftungen sind in vielen Segmenten des Weges von der Schule in den Beruf unterstützend aktiv. Innerhalb dieses Engagements lassen sich unterschiedliche Akzentsetzungen ausmachen, von denen zwei die Übergangslandschaft derzeit besonders prägen. Zum einen lenken Stiftungen ihr Engagement stark auf den Bereich Schule. Mit ihren Initiativen zielen sie auf eine frühe, systematische Berufswahlorientierung, den Ausbau von Kenntnissen und Fähigkeiten sowie auf Schulentwicklung. Eine große Prominenz hat zum anderen das Konzept der persönlichen Betreuung Jugendlicher durch Patenschaften. Diese Angebotsform ist vor allem durch das Ehrenamt geprägt. In vielen Projekten wird das Potenzial der intensiven Begleitung durch ehrenamtliche Mentoren, Paten und Coaches gezielt auf Gruppen mit bestimmten Benachteiligungen gelenkt (Schulabbrecher, Migranten, junge Menschen mit Behinderungen, jugendliche Strafgefangene). Mit den schwieriger gewordenen Zugängen ins Duale System der daraus resultierenden Notwendigkeit, ein Hilfesystem im Übergang zu schaffen, ist auch der Einsatz Ehrenamtlicher interessant geworden. Diejenigen Maßnahmen, deren Finanzierung durch Bundes-, Länder-, kommunale oder europäische Mittel abgesichert ist, werden in der Regel von Professionellen durchgeführt und stellen den Mammutanteil an Hilfsangeboten für Jugendliche. Hier sind die HandlungsSpielräume für ehrenamtliche Akteure eher beschränkt. Ein in seiner Bedeutung stark wachsendes Engagementfeld im Übergang ist das der intensiven Betreuung durch Mentoren und Paten. Diese Angebote haben sich Mitte der 90er als Hilfeformen etabliert und erleben seitdem einen anhaltenden Boom und konzeptionelle Diversifizierung. Die Palette reicht von individuellen Übergangslotsen und Mentoren zu Ausbildungspatenschaften und Betriebspatenschaften. Eine Gruppe, die aufgrund ihrer spezifischen privaten und beruflichen Lebenserfahrungen und ihrer zeitlichen Ressourcen als besonders geeignet und wertvoll zur Begleitung von Übergangsprozessen in den Beruf gilt, ist die älterer Menschen in der nachberuflichen Lebensphase. Hier bedarf es allerdings erheblicher Anstrengungen durch Projekte und Initiativen, potentielle Helfer darauf aufmerksam zu machen, wie notwendig und sinnvoll gerade ihre Unterstützung für Jugendliche ist. Im Zusammenhang mit Übergangsprozessen in den Beruf werden Unternehmen vor allem als potentielle Ausbildungsanbieter und Arbeitgeber gesehen. Sie sind aber gleichzeitig auch wichtige ehrenamtliche Übergangspartner, vor allem für Jugendliche mit großen Schwierigkeiten auf dem freien Ausbildungsmarkt. Wirtschaftlichen Playern in ihrer Aufgabe als Träger zivilgesellschaftlichen Engagements wurde in Deutschland lange unverhältnismäßig wenig Aufmerksamkeit geschenkt. In der aktuelleren Diskussion ist diese Rolle von Unternehmen unter dem Stichwort der Corporate Citizenship spürbar zu einem Kernthema geworden. … Die Potenziale ehrenamtlicher Unterstützung Jugendlicher auf ihrem Weg in das Arbeitsleben dürften noch lange nicht ausgeschöpft sein. Es ist zu erwarten, dass angesichts derzeit stark wachsender Bindung ehrenamtlichen Kapitals bei Angeboten mit hohem personalisiertem und informellem Begleitungs- und Förderungsaufwand dieser Bereich als Engagementfeld weiter an Bedeutung gewinnen wird. Mit der Einführung der Berufseinstiegsbegleitung nach § 421s SGB III hat auch hier bereits eine Professionalisierung stattgefunden. Wie in anderen Bereichen wird diskutiert, inwiefern ehrenamtliche Mentoren und Paten, die jenseits von Wirtschaftlichkeitszwängen auf individueller, informeller und persönlicher Ebene mit Jugendlichen arbeiten können, für solche professionalisierten Angebote eine wichtige Ergänzung darstellen können. „Die Großen‘ in der Trägerlandschaft, Wohlfahrtsverbände und große Vereine, sind unverzichtbare und gewichtige Träger sozialer Arbeit und bundesweit aktiv. Sie erbringen „einen erheblichen Anteil an sozialstaatlichen und informellen Versorgungsleistungen‘, der zu 90% aus öffentlichen Haushalten stammt. Ihr Rollenbild generiert sich aus ihren multiplen Funktionen auf verschiedenen organisatorischen Ebenen. Sie fungieren als Anwälte für die Schwächeren der Gesellschaft, als Träger sozialer Dienste und Einrichtungen, als einer der größten Arbeitgeber in Deutschland, als Unternehmer, als Förderer ehrenamtlichen Engagements und als sozialpolitisch wirksame Qualitätsmanager und -entwickler. … Hauptanliegen von Wohlfahrtsverbänden, die Jugendliche im Übergang unterstützen, sind • Freiwilliges Engagement, • Berufsorientierung, • Außerbetriebliche Ausbildung bzw. Ausbildungsvorbereitung, • Chancenförderung auf berufliche Ausbildung, • Ausbildungsbegleitung und berufliche Integration. … Aktuelle Herausforderungen ergeben sich für Wohlfahrtsverbände aus ihrer sozialrechtlichen Deprivilegierung und deren … . Gleichzeitig sind enorme Anstrengungen zur Wahrung der Eigenständigkeit und Unabhängigkeit und die Definition eines eigenen, mit Tradition und Moderne zu vereinbarenden Rollenverständniss in Abgrenzung zu beispielsweise gewerblichen Anbietern sozialer Dienste gefordert. “ Die Expertise in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem aufgeführten Link oder dem Anhang.

http://www.dji.de

Quelle: DJI

Dokumente: Unterstuetzungsangebote_im_Uebergang_Schule_Beruf_Rolle_gemeinnuetziger_Organisationen.pdf

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