Den Einstieg in den Beruf erleichtern

Auszüge aus einem Vorschlag für ein neues Anerkennungssystem
von Kompetenzen, die in non‐formalen und informellen Kontexten erworben wurden:

Im Kern bezieht sich der vorliegende Vorschlag darauf, mit einem entsprechenden Verfahren neue Möglichkeiten zu eröffnen, sowohl Bildungsträger bzw. ‐orte und ihre Bildungsangebote so anzuerkennen, dass dort erworbene Kompetenzen mit Hilfe Fachkundiger Stellen formal angerechnet werden können, als auch individuell und/oder informell erworbene Kompetenzen besser anerkennen und anrechnen zu können.
## Das Verfahren soll leicht anwendbar und auch für kleine Bildungsträger bzw. ‐orte (etwa Vereine oder Bildungshäuser) ohne großen Aufwand an Zeit und Geld realisierbar sein – und dennoch klare Standards einhalten. Bestehende Formen der Zertifizierung und Akkreditierung sind überwiegend zu aufwändig und zu teuer.
## Es soll ein fachlich fundiertes – und kein technokratisches – Verfahren vorgeschlagen werden, in dem die Profession der Pädagogik und Sozialpädagogik eine starke Bedeutung einnimmt: Pädagogische Fachkräfte sind Experten/‐innen für individuelle Lernprozesse und deren Ergebnisse. Diese Kompetenz ist in der Zukunft stärker zu nutzen und auszubauen.
## Das Verfahren soll sowohl eine Einordnung von Maßnahmen nach DQR vorsehen als auch die mögliche Nutzung von DECVET beinhalten, mit denen
auch Teilqualifikationen erfasst und in Wert gesetzt werden können. Durch die Vergabe von DECVET ist gleichzeitig sichergestellt, dass die individuell erworbenen Kompetenzen in Wert gesetzt werden, sodass sie auf eine Berufsausbildung oder ein Studium anrechenbar werden.
## Auf dem Weg zu einem Rechtsanspruch der Anerkennung müssen
niedrigschwellige flächendeckende Anlaufstellen auf kommunaler Ebene
geschaffen werden; hierfür trägt eine öffentliche Institution Verantwortung. Die Fachkundigen Stellen selbst müssen vor allem für junge Menschen gut zugänglich (im Sinne von niedrigschwellig) sein, besonders auch für die, die bislang dem Bildungssystem eher distanziert gegenüber stehen.
## Insgesamt soll die individuelle Kompetenzorientierung und der damit verbundene notwendige Perspektivwechsel – vom Input zum Outcome des
Lernens – gefördert werden, wohl wissend, dass sich dieser Wechsel nur
prozesshaft entwickeln kann. Das vorgeschlagene neue Anerkennungsverfahren und seine Elemente der wechselseitigen kollegialen Beratung verstehen sich in diesem Sinne als Teil eines Entwicklungsprozesses.
Komponenten des Anerkennungsverfahrens
A) Standards der Bildungsträger und ‐orte
Exemplarisch soll das Anerkennungsverfahren für die Jugendhilfe skizziert werden. Benötigt werden gemeinsame Standards, die ein Bildungsort oder ‐träger zu erfüllen hat, wenn die dort erworbenen Kompetenzen formal anerkannt werden sollen. Diese Standards sollen – neben der Anerkennung als Träger der Jugendhilfe o.ä. – folgende sein: ## Es müssen pädagogisch qualifizierte Fachkräfte eingesetzt werden.
## Ein Bildungsort muss über ein anerkanntes System der Qualitätssicherung verfügen.
## Die Lernziele der Angebote (Input) müssen beschrieben sein.
## Die Lernergebnisse/Kompetenzen (Outcome) werden durch geeignete Verfahren während und am Ende der Maßnahme nachgewiesen.
## Abhängig von der Größe des Trägers werden anteilig Ressourcen (z. B. Stellenanteile von pädagogischen Fachkräften) für die Wahrnehmung der Aufgaben als „Fachkundige Stelle“ bereitgestellt.
Wenn diese Standards … erfüllt werden, erhält der Träger die öffentliche Anerkennung, Bildungsmaßnahmen nach DQR‐Niveaus zuzuordnen sowie ECTS, ECVET bzw. DECVET für den individuellen Kompetenzerwerb zu vergeben.

B) Anerkennung von Bildungsmaßnahmen
Wenn ein Bildungsort oder ‐träger die unter A) beschriebenen Standards erfüllt und Bildungsangebote oder ‐maßnahmen durchführt, erhält er grundsätzlich das Recht zur Vergabe von ECTS/DECVET‐Punkten. Diese können für bestimmte DQR‐Niveaus genutzt werden.

Für die Umsetzung wird Folgendes vorgeschlagen: ## 1. Die Qualität der Bildungsmaßnahmen soll sich an den jeweiligen Lernzielen und der Verankerung von Verfahren zur outcome‐orientierten Kompetenzfeststellung festmachen.
## 2. Dies erfolgt durch Fachkundige Stellen aus dem Arbeitsfeld. Es handelt sich um entsprechend qualifizierte pädagogische Fachkräfte, die in den verschiedenen Bereichen der Jugendhilfe, z. B. in der Jugendsozialarbeit, tätig sind.
C) Fachkundige Stellen – Auftrag und Ansiedlung
Fachkundige Stellen sind bei Trägern der Jugendhilfe angesiedelt. Sie sind qualifizierte pädagogische Fachkräfte und müssen in der Jugendhilfe tätig sein. Die Qualifizierung des pädagogischen Personals der Fachkundigen Stellen erfolgt zukünftig innerhalb der Ausbildung bzw. eines pädagogischen Studiums oder durch eine entsprechende Weiterbildung.

Fachkundige Stellen sollen perspektivisch bundesweit flächendeckend angesiedelt sein, …

Die Fachkundigen Stellen leisten die fachliche Begleitung von Bildungsmaßnahmen und der Verfahren zur Feststellung und Anerkennung dort erworbener Kompetenzen. Sie begleiten und beraten dabei jeweils nur Angebote Dritter und sind zur Vertraulichkeit verpflichtet. Neben der externen Qualitätssicherung sollen sie die Einordnung von Maßnahmen in DQR‐Niveaus und die Vergabe von ECTS/DECVETPunkten vornehmen.

Sie müssen darüber hinaus auch individuell non‐formal und informell erworbene Kompetenzen bei jungen Menschen validieren können. Die Fachkundigen Stellen müssen in der Lage sein, Verfahren zur Kompetenzfeststellung für die jeweiligen Bereiche der Jugendhilfe zu prüfen sowie diese einschätzen und selber anwenden zu können. …

D) Validierungsprozess: Erwerb, Nachweis und Anrechnung non‐formal und informell erworbener Kompetenzen
Junge Menschen, die an einer Maßnahme teilgenommen haben, die entsprechend der unter A) und B) beschriebenen Kriterien und Verfahren mit einem DQR‐Niveau und/oder ECTS/DECVET‐Punkten versehen ist, erhalten mit dem Abschlussnachweis das entsprechende Zertifikat.

Für die Validierung erworbener Kompetenzen Einzelner wird ein Kompetenzmanagementsystem vorgeschlagen, das – flankiert durch Beratungs‐ und Bildungsangebote – mehrstufig aufgebaut ist: ## In der ersten Phase werden junge Menschen durch qualifizierte Fachkräfte bei der Fachkundigen Stelle am Bildungsort oder in der Maßnahme informiert, motiviert und begleitet, ein individuelles Kompetenzportfolio zu erstellen.
## Auf der zweiten Stufe werden non‐formal und informell erworbene Kompetenzen in entsprechenden Verfahren nachgewiesen.
## Der Nachweis wird von der Fachkundigen Stelle mit ECTS‐/DECVET‐Punkten versehen und damit validiert sowie dem entsprechenden DQR‐Niveau zugeordnet.

E) Zuordnung von ECTS/DECVET und Einordnung in den DQR
Bei Einführung des DECVET‐Systems in Deutschland können die Bildungsmaßnahmen der Jugendhilfe u. a. mit DECVET bzw. ECTS‐Punkten versehen werden. Spätestens bei der Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums können diese angerechnet werden; damit erfolgt ihre „Inwertsetzung“.

Wie alle Ausbildungs‐ und Studiengänge werden auch die Maßnahmen der Jugendhilfe auf der Basis der Deskriptoren den DQR‐Niveaus zugeordnet – dies dient der zukünftigen Anerkennung auf dem Arbeitsmarkt und ermöglicht Transparenz im europäischen Vergleich. “

www.deutscherqualifikationsrahmen.de
http://www.deutscherqualifikationsrahmen.de/de/aktuelles/der-weg-f%C3%BCr-die-einf%C3%BChrung-des-deutschen-qualifika_gq21oohc.html

Quelle: BMBF; BAG KJS; Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit; Jugend für Europa; Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Dokumente: Eckpunktepapier_Einstieg_in_den_Beruf__Jan_12_.pdf

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