Maßnahmen zur Förderung der Jugendbeschäftigung in Europa

Auszüge aus dem Bericht des Europäischen Beschäftigungsobservatoriums Maßnahmen für Jugendliche 2010:
“ Jugendliche sind … auf dem Arbeitsmarkt häufig benachteiligt. Mit anderen Worten: Sie sind mit größerer Wahrscheinlichkeit arbeitslos bzw. entgegen ihren Wünschen befristet oder teilzeitbeschäftigt. Zudem entsprechen ihre Fähigkeiten häufig nicht dem Bedarf der Arbeitgeber und sie werden gering bezahlt. Dies liegt teilweise darin begründet, dass viele Jugendliche Schwierigkeiten haben, nach Abschluss ihrer Ausbildung eine erste (Vollzeit-)Stelle zu finden, die ihren Qualifikationen und Erwartungen entspricht. In einigen Fällen kann dies zu einer Überqualifizierung führen, andererseits sind viele Jugendliche noch immer unterqualifiziert und ihre Beschäftigungschancen sind daher begrenzt.

Jugendliche bilden zudem eine der Gruppen, die die Krise am stärksten getroffen hat. Junge Arbeitnehmer gehören zu denen, die ihren Arbeitsplatz im Verlauf der Krise als Erste verloren haben, da befristete Verträge nicht verlängert wurden. Auch die Arbeitsmarktaussichten junger Akademiker, die eine erste Anstellung suchen und infolge des rückläufigen Stellenmarkts mit erfahrenen Arbeitsuchenden konkurrieren müssen, haben sich verschlechtert. Trotz Stabilisierung der Jugendarbeitslosigkeit zwischen 2005 und 2008 ist die Zahl arbeitsloser Jugendlicher im Alter von 15 bis 24 Jahren in der EU anschließend überdurchschnittlich schnell und im zweiten Quartal 2010 auf insgesamt 5,2 Millionen (20,4 % aller jugendlichen Arbeitnehmer) gestiegen und lag somit um knapp ein Drittel höher als Anfang 2008. Untersuchungen zufolge führt Arbeitslosigkeit gerade unter Jugendlichen zu langfristigen Konsequenzen und hat langanhaltende negative Folgen für ihre zukünftigen Beschäftigungs- und Gehaltsaussichten. …

Auf europäischer Ebene ist man sich einig, dass Jugendliche durch bildungs- und beschäftigungspolitische Strategien unterstützt werden müssen. Mit Verabschiedung der Strategie Europa 2020 hat die EU die Jugendarbeitslosigkeit auf höchster politischer Ebene als Problem anerkannt. In den Schlussfolgerungen des Rates „Neue Qualifikationen für neue Arbeitsplätze: Weitere Schritte“ (2010) wird überdies die Notwendigkeit betont, die Bildungssysteme stärker am Bedarf der Arbeitsmärkte auszurichten, um den Übergang von der Schule ins Berufsleben zu erleichtern und die Zahl der Jugendlichen, die weder berufstätig sind noch an Bildung oder Ausbildung teilnehmen (NEETs), zu reduzieren.

In vielen europäischen Ländern sind Jugendliche stärker von Arbeitslosigkeit und der Rezession betroffen als die älteren Generationen. … Allerdings hat sich in Deutschland die Lage der Jugendlichen im Verlauf der Krise nicht drastisch verschlechtert: Ihre Arbeitslosenquote ist 2008 und 2009 nur leicht gestiegen und dank des Lehrlingssystems ist man offenbar weiterhin in der Lage, junge Menschen erfolgreich in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
Auch das Ausmaß, in dem Geschlecht und Bildungsniveau die Beschäftigungs- bzw. Arbeitslosenquote junger Menschen beeinflussen, variiert von Land zu Land. So scheint das Geschlecht in einigen Ländern einen sichtbaren Einfluss auf die Arbeitsmarktposition der Jugendlichen zu haben. Europäischen Daten zufolge ist die Beschäftigungsquote junger Männer (35,1 % im ersten Quartal 2010) höher als die junger Frauen (31,7 % im selben Quartal). Grund hierfür ist unter Umständen die Tatsache, dass junge Frauen häufiger inaktiv sind und häufiger an Bildung und Ausbildung teilnehmen. Junge Männer waren daher stärker von der Wirtschaftskrise betroffen, die für zwei Drittel des Anstiegs der Arbeitslosigkeit verantwortlich war. Junge Frauen gehören allerdings auch häufiger als junge Männer zur Gruppe der NEETs, dies jedoch mit einigen Unterschieden zwischen den verschiedenen Altersgruppen (2009 lag der NEET-Durchschnitt in der EU-27 unter jungen Frauen bei 12,9 % und bei den jungen Männern bei nur 11,9 %). Zudem sind junge Frauen häufiger unfreiwillig teilzeitbeschäftigt (2009: 29,2 % junger Frauen im Vergleich zu 25,4 % junger Männer). Andererseits verlassen junge Männer in allen bis auf drei EU-Mitgliedstaaten (Bulgarien, Österreich, Rumänien) vorzeitig die Schule. In der Tschechischen Republik ist der Anteil unter Männern und Frauen gleich hoch.
In der Tschechischen Republik sowie in Litauen, Island, Serbien und Norwegen haben junge Männer offenbar einen schwereren Stand auf dem Arbeitsmarkt als junge Frauen. So ist die Jugendarbeitslosigkeit laut der norwegischen Arbeits- und Wohlfahrtsorganisation (NAV)am stärksten unter jungen Männern gestiegen, die hauptsächlich im Bauwesen und im verarbeitenden Gewerbe beschäftigt sind, also beides Sektoren, die stark unter der Krise zu leiden hatten. Frauen sind typischerweise im öffentlichen Sektor beschäftigt und waren daher nicht so stark vom Anstieg der Arbeitslosigkeit betroffen. Dasselbe gilt für die Tschechische Republik, wo die Krise insbesondere jungen Männern mit einem Abschluss der Sekundarstufe I, die größtenteils ins verarbeitende Gewerbe gehen, zugesetzt hat.
In Belgien, Griechenland und Frankreich waren es jedoch die jungen Frauen, die sich in einer schwierigeren Lage sahen als junge Männer. In Belgien besuchen Mädchen die Schule zwar länger und sind auch erfolgreicher als Jungen, sind auf dem Arbeitsmarkt jedoch benachteiligt: Die Beschäftigungsquoten junger Frauen liegen deutlich unter denen junger Männer, obwohl die Krise stärkere negative Folgen für Männer als für Frauen hatte.
Wie bereits oben erwähnt sind geringqualifizierte Jugendliche noch immer mit Abstand am häufigsten arbeitslos und von dem aktuellen Wirtschaftsklima offenbar besonders stark betroffen. Dies ist der Fall in Belgien, Lettland, Litauen, Österreich, Finnland, Schweden, Kroatien, Island, Serbien und Norwegen. …

Maßnahmen zur Förderung der Jugendbeschäftigung

„Jugend in Bewegung“, die Leitinitiative der Strategie Europa 2020, wurde am 15. September 2010 von der Kommission mit dem Ziel auf den Weg gebracht, die Bildungssysteme zu verbessern und jungen Menschen den Arbeitsmarkteintritt zu erleichtern. „Jugend in Bewegung“ soll dazu beitragen, die Leitziele der Strategie Europa 2020 durch Unterstützung auf EU-Ebene und Förderung des gegenseitigen Lernens zu verwirklichen und den Mitgliedstaaten bei der Bewältigung ihrer Probleme auf diesem Gebiet zu helfen.
In der Mitteilung zu „Jugend in Bewegung“ wird daher ein Rahmen für die Jugendbeschäftigung vorgeschlagen, der auf vier Prioritäten zur Reduzierung der Jugendarbeitslosigkeit und zur Verbesserung der Beschäftigungschancen junger Menschen basiert: ## 1. Unterstützung auf dem Weg zur ersten Arbeitsstelle und beim Start in den Beruf
## 2. Unterstützung besonders gefährdeter junger Menschen
## 3. Adäquate soziale Absicherung junger Menschen
## 4. Förderung von Jungunternehmern und selbständiger Tätigkeit …
Die im November 2010 vorgelegte Leitinitiative der Strategie Europa 2020 „Eine Agenda für neue Kompetenzen und neue Beschäftigungsmöglichkeiten“ beschreibt die in der EU geplanten beschäftigungspolitischen Maßnahmen. Die vier Pfeiler dieser Initiative (Flexicurity, Kompetenzen, Arbeitsqualität und Arbeitsbeschaffung) sind auch für die Arbeitsmarktintegration junger Menschen von höchster Relevanz. …

Die Länder warten mit den unterschiedlichsten Strategien und Maßnahmen auf, um Jugendarbeitslosigkeit zu verhindern und junge Menschen beim Erwerb der erforderlichen Fähigkeiten und Kompetenzen sowie mit Sozialleistungen finanziell zu unterstützen. Einige dieser Maßnahmen wurden speziell für junge Menschen konzipiert, während andere allgemeiner Art sind, Jugendliche aber teilnahmeberechtigt oder eine der Zielgruppen sind.
Auch im Bereich der Bildungs- und Ausbildungspolitik haben die Länder nicht nur allgemeine Maßnahmen, sondern auch spezielle Initiativen ergriffen. Beispiele hierfür sind Schulen der zweiten Chance, Ausbildungsprogramme zur Überbrückung der Kluft zwischen Schule und Einstieg ins Berufsleben und spezielle Schulungsprogramme für junge Arbeitslose. Breiter angelegte Initiativen sind die allgemeine Reform der Systeme für die allgemeine und berufliche Bildung einschließlich der Schaffung zusätzlicher Berufsausbildungsplätze und der Einführung neuer Berufsausbildungsprogramme. Einige Länder konzentrieren sich auch auf bestimmte Sektoren oder Themenbereiche (z. B. die MINT-Fächer) oder auf dem Arbeitsmarkt benötigte Berufe und Fähigkeiten sowie auf Berufe, für die es keine eigene Lehrlingsausbildung gibt.
In einer Reihe von Ländern geraten die Lehrstellensysteme infolge der Wirtschaftskrise unter Druck: Die Unternehmen bieten weniger Lehrstellen an oder Lehrlinge werden von ihrem Arbeitgeber entlassen, weshalb spezielle Maßnahmen zur Schaffung von Lehrstellen und zur Unterstützung arbeitsloser Lehrlinge eingeführt wurden.
In einigen Ländern gibt es auch Garantien, die gewährleisten sollen, dass alle Jugendlichen entweder zur Schule gehen oder einen Arbeitsplatz haben, an einer Aktivierungsmaßnahme teilnehmen oder einen Platz in einer bestimmten Art von Bildungs- oder Ausbildungskurs haben. In anderen Ländern haben Jugendliche gesetzlichen Anspruch auf einen Ausbildungsplatz oder andere Formen von Unterstützung und Anbieter sind verpflichtet, den Bedarf junger Menschen zu decken.
Aktive Arbeitsmarktmaßnahmen speziell für Jugendliche reichen von Informations-, Begleitungs- und Beratungsdiensten, neuen Arten von Arbeitsverträgen und Arbeitgeberanreizen für die Einstellung von Jugendlichen bis hin zur Vermittlung von Arbeits- und Praktikumsplätzen und regionalen Abkommen über Jugendbeschäftigung.
Nur wenige Länder sehen eine Arbeitslosenunterstützung speziell für Jugendliche vor, das heißt, es gelten dieselben Bedingungen wie für ältere Arbeitnehmergruppen. Dies bedeutet allerdings, dass viele von ihnen gar keinen Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung haben, da sie noch nicht gearbeitet und daher auch keine Beiträge gezahlt haben und somit die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllen. In einigen Ländern haben Jugendliche jedoch Anspruch auf andere Formen finanzieller Unterstützung, zum Beispiel wenn sie an Bildungs- und Ausbildungskursen teilnehmen.
Häufig werden auch Anreize wie Einstellungszuschüsse und eine Senkung der Lohnnebenkosten eingeführt, um die Einstellung eines Jugendlichen für Unternehmen interessanter zu machen und so zusätzliche Arbeitsplätze für junge Menschen zu schaffen. …
Einige Länder haben sich auch speziell auf problematische Merkmale der Jugendbeschäftigung oder auf benachteiligte Gruppen konzentriert. Zudem wurden Schritte unternommen, um die Koordination zwischen den verschiedenen Organen eines Landes zu verbessern, zum Beispiel durch Gründung von Ausschüssen oder ähnlichen Einrichtungen, oder man hat sich im Rahmen von Abkommen und Vereinbarungen zu einer stärkeren Zusammenarbeit verpflichtet.

Maßnahmebewertung als Grundlage für Investitionen
Für die Zukunft ist klar, dass eine Bewertung der Maßnahmen erforderlich ist, die dann als Entscheidungshilfe für weitere Investitionen und als Grundlage bei der Gestaltung künftiger Strategien dienen kann. Eine regelmäßige Bewertung der Wirksamkeit aktiver Arbeitsmarktprogramme und mehr Flexibilität und Effizienz bei der Mittelverteilung innerhalb der ÖAV dürften spürbare Verbesserungen nach sich ziehen. Strategien für die Investition in die Jugendbeschäftigung sollten idealerweise immer auf einer Bewertung vorhandener Maßnahmen basieren. …

Die Daten beweisen …, dass noch einiges zur Unterstützung von Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt getan werden muss. Mithilfe von Europa 2020 – und insbesondere der Leitinitiative „Jugend in Bewegung“ – wird die Europäische Kommission das gegenseitige Lernen fördern und die EU-Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der Probleme in diesem Bereich unterstützen. “

Den Bericht in vollem Textumfang entnehmen Sie bitte dem Anhang.

http://www.eu-employment-observatory.net/resources/reviews/DE-EEOReviewYEM-2010.pdf

Quelle: Europäische Kommission: GD Beschäftigung, Soziales und Integration C.1 und C.3

Dokumente: DE_EEOReviewYEM_2010.pdf

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