Dokumentation der Fachtagung ‚Wie kommt Gender in die Berufsorientierung und Berufsausbildung? – Methoden der nachhaltigen Verankerung von Gender Mainstreaming‘ vom 24.02.2005

Fachtagung ‚Wie kommt Gender in die Berufsorientierung und Berufsausbildung? Methoden der nachhaltigen Verankerung von Gender Mainstreaming‘ vom 24.02.2005 Zusammenfassung der Vorträge im Internet veröffentlicht: “ Stefan Bleicker: Ansätze der Jungenarbeit: alternative Lebensentwürfe und Verhaltensweisen für Jungen In der außerschulischen Bildungsarbeit ist die ‚Berücksichtigung der spezifischen Lebenslage von Jungen und Mädchen‘ (§ 9 BSHG VIII) eine Querschnittsaufgabe, die auf die Notwendigkeit geschlechterspezifischer Jugendarbeit hinweist. Neben der Mädchenarbeit hat sich seit den 1980er Jahren die Jungenarbeit in vielen Feldern der Kinder- und Jugendarbeit ausdifferenziert und etabliert. Zunehmend zeigt sich, dass Aspekte traditioneller Männlichkeit für Jungen zur Belastung werden, dass sie nicht mehr adäquat für die gegenwärtigen Lebenschancen und -situationen sind. Ein wichtiges Feld für Jungenarbeit ist insofern, verschiedene Lebensentwürfe und Verhaltensweisen aufzuzeigen, und eine Stabilisierung der Identität von dem Zwang zur Männlichkeitsinszenierung zu entlasten. Hierbei hat die geschlechterdifferenzierte Arbeit mit Jungen einen wichtigen Auftrag. Die traditionelle Rollenbeschreibung von Männern und Frauen hat sich in unserer heutigen Gesellschaft verändert. Frauen strömen in Männerberufe, Männer müssen eine andere Verantwortung in der Familie übernehmen. Das klassische Vorbild von Vätern und Großvätern ist überholt. Stefan Bleicker, Mitarbeiter der KJFE Hosemannstr. 14, stellt anhand seiner Arbeit mit Jungengruppen verschiedene Konzepte der geschlechterdifferenzierten Arbeit mit Jungen vor, die Wege und Chance für Jungen sein können, sich vom herkömmlichen Männerbild zu distanzieren und eine eigene Identität, angepasst an den gesellschaftlichen und familiären Anforderungen, zu entwickeln. Schwerpunkt ist hierbei die Frage, welche Chancen das Aufzeigen alternativer Lebensentwürfe in der Arbeit mit heranwachsenden Jungen bietet. Seitenanfang Claudia Dunst: Welche Gender-Fragen spielen in Unternehmen eine Rolle? Die Frage der Geschlechtergerechtigkeit beschäftigt auch die Seite der Unternehmen. In Zeiten von Globalisierung, Wettbewerb und einem anstehenden demographischen Wandel gewinnt die Frage des Personalmanagements in Unternehmen zunehmend an Bedeutung. Neben der Orientierung an externen Kunden und Kundinnen und ihren Wünschen, werden zunehmend Überlegungen zu einer geschlechtersensiblen Personalrekrutierung, -entwicklung und –bindung angestellt. Dabei kann es sich um Maßnahmen im Bereich von Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Managing Diversity, Girls’ Day, Mentoringprogramme, geschlechtersensible Personalstatistiken oder flexible Arbeitszeitmodelle handeln. Haben Unternehmen den Vorteil und die Notwendigkeit von geschlechtersensiblem Management erkannt, stellt sich die Frage, wie eine Umsetzung im konkreten Fall aussehen kann. Claudia Dunst berichtet aus ihrer Erfahrung als Beraterin bei ISA Consult, welche Wege und Strategien gegangen werden (können) und wie Gender zu einer win-win-Situation führen kann. Sie zeigt, welche Themen für die Unternehmen im Bereich von Gender wichtig sind, und welche Auswirkungen dieses auf die Gestaltung von Ausbildung hat bzw. haben kann. Seitenanfang Sabine Hellmuth-Press: Berufe zum Ausprobieren: Chancen der Berufsorientierung in geschlechtshomogenen Gruppen Im Rahmen des Projektes ‚Berufe zum Ausprobieren‘ haben Mädchen und Jungen in geschlechtshomogenen Gruppen die Möglichkeit ihre Wunschberufe praktisch kennen zu lernen. Die schwierige Situation sich für einen Beruf zu entscheiden und die Erfahrung, dass Jugendliche meist theoretisch über einzelne Berufe informiert sind, aber vor ihrer Entscheidung wenig Einblick in die tatsächliche Praxis des jeweiligen Arbeitsfeldes haben, war Ausgangspunkt für diese Projektidee. Sabine Hellmuth-Press vom Mobilen Team der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport Berlin erläutert anhand des Konzeptes ‚Berufe zum Ausprobieren‘ für Mädchen die Frage, welche Chancen die Berufsorientierung in geschlechtshomogenen Gruppen hat. Zudem gibt sie einen Überblick über bestehende Angebote in dem Bereich in Berlin. Seitenanfang Jens Krabel: Mit zwei Augen sieht man besser. Geschlechtersensible (Berufs-) Orientierungshilfe für junge Männer. Begründungen, Hemmnisse und Erfahrungen. Vor dem Hintergrund eines stark segregierten Arbeitsmarktes wird mittlerweile auch die eingeschränkte Berufswahl von jungen Männern problematisiert. Besonders in der Diskussion um die frühkindliche Erziehung wird die geringe Präsenz von Männern in Kindertageseinrichtungen beklagt. Kinder, so die gängige Meinung, brauchen konkret erlebbare und vielfältige Männer an ihrer Seite, die ihnen als Identifikationsfiguren oder als gegengeschlechtliche Bezugspersonen dienen können. Neben dieser Argumentation sprechen noch viele andere Gründe dafür, Männer für soziale, erzieherische und pflegerische Berufe zu motivieren. Praktische Erfahrungen in der Kinder- und Jugendarbeit und die Ergebnisse einer Studie zu ‚Männern in Erziehungs- und Pflegeberufen‘ zeigen jedoch, dass die Hürden für (junge) Männer einen ‚geschlechteruntypischen“ Beruf zu ergreifen nach wie vor hoch sind. Eine geschlechtersensible Berufsorien-tierung sollte sich dieser Problematik bewusst sein und mit geeigneten Konzepten und Methoden dazu beitragen, Berufsbilder und -entscheidungen zu ‚entgeschlechtlichen‘. Jens Krabel stellt in seinem Impulsreferat Ansätze und Ideen einer geschlechtersensiblen Berufsorientierungsarbeit vor und berichtet von seinen praktischen Erfahrungen aus einem geschlechtersensiblen Berufsorientierungsprojekt. Er arbeitet bei Dissens e.V. und bei Pat-Ex e.V. Seitenanfang Evelyn Schmidt: Arbeitsprozessorientierte und gendersensible Berufsausbildung Der BiBB-Modellversuch ‚IT-Kompetenz und Gender Mainstreaming in der Aus- und Weiterbildung‘ vom Berufsfortbildungswerk (bfw) hat zum Ziel, die Ausbildungssituation in IT ausbildenden Betrieben – insbesondere in KMU – nachhaltig zu verbessern und Genderkompetenz von ausbildendem Personal und Personalverantwortlichen zu erhöhen. Hierfür werden geschlechtersensible didaktische Handreichungen und Unterrichtsmaterialien für die Ausbilderinnen und Ausbilder entwickelt und erprobt. Gleichzeitig wurden Qualifizierungsmodule für die Ausbilder und Ausbilderinnen entwickelt. Genderkompetenz soll Bestandteil beruflicher Handlungskompetenz werden. Evelyn Schmidt, Projektleiterin des Modellversuches, zeigt Ansätze zur integrativen Entwicklung von Genderkompetenzen, die im Rahmen dieses Modellversuchs zur Implementierung von Gender Mainstreaming in der Ausbildung entwickelt wurden. Seitenanfang Regine Steinhauer: Beispiele von Gleichstellungsmanagements im Unternehmen Inzwischen gibt es einige Auszeichnungen für Unternehmen, die sich mit einer familienbewussten, geschlechtersensiblen Personalpolitik und durch ihr Engagement in Bezug auf Chancengleichheit der Geschlechter hervortun. Genannt werden kann beispielsweise das E-Quality-Prädikat und das Audit Beruf & Familie von der Hertie-Stiftung. Aber auch jenseits dessen gibt es immer mehr Unternehmen, die vorbildhaftes Gleichstellungsmanagement umsetzen. Regine Steinhauer von Kobra Berlin gibt einen Einblick in Aktivitäten auf diesem Feld. Sie gibt einen Ausblick, welche Bedeutung Gleichstellungspolitik im Wirtschaftskontext hat und haben wird. Seitenanfang Katharina Willems: Welche Bedeutung hat Geschlecht im schulischen Alltag? Schule hat einen geschlechterneutralen Bildungsauftrag. Dennoch zeigen zahlreiche Untersuchungen spätestens seit den 1980er Jahren, wie Geschlecht in differenzierter Weise in der Schule wirkt: Das Lehrpersonal agiert geschlechterdifferent (Stichwort ‚geheimer Lehrplan‘) die Unterrichtsfächer selbst sind nicht neutral, sondern orientieren sich teil-weise stärker an einem Geschlecht die Schüler und Schülerinnen inszenieren selbst ihr Geschlecht – teils mit strategischem Ziel. Und nicht zuletzt unterscheiden sich im Ergebnis die Kompetenzen, Leistungen und Lebenswegplanungen von Mädchen und Jungen stark. Werden die geschlechterdifferenten Strategien nicht erkannt und darauf reagiert, laufen die pädagogischen Konzepte Gefahr, an den Bedürfnissen und Lebenswelten der Schüler und Schülerinnen vorbei zu gehen. Z.B. wird im Bereich der Arbeit mit Schulverweigerung nur ein Teil der Zielgruppe erfasst, wenn neben aggressiven und offensiven Formen der Schulverweigerung nicht auch ‚unscheinbare‘ Formen wie die inneren Migration berücksichtigt werden, auf die eher Mädchen zurückgreifen. Gleichzeitig sind Konzept zu entwickeln, um den verschiedenen Formen entgegenzuwirken, durch die Geschlechterdifferenzen produziert werden. Über die Schule hinaus ist dies für alle Bereiche wichtig, die mit Jugendlichen arbeiten. Um solche geschlechtersensible Strategien zu entwickeln, bedarf es einer genauen Kenntnis darüber, wie Geschlecht in der Schule wirkt. Katharina Willems von der Universität Hamburg berichtet von den Ergebnissen des Forschungsprojektes, welches Konstruktionsprozessen von Geschlecht in schulischen Interaktionen in der Sekundarstufe I nachgegangen ist. Der Schwerpunkt liegt auf Ergebnissen, die für die Berufsorientierung und – Ausbildung von Bedeutung sind.“ Quelle: Pfefferwerk Stadtkultur gGmbH (Ausbildung)          

Quelle: Quelle: http://www.pfefferwerk.de/mezen/gm/dokumenta.htm#

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