Junge Flüchtlinge in Deutschland brauchen eine Perspektive

Junge Flüchtlinge in Deutschland brauchen eine Perspektive: Gemeinsame Forderungen der BAG Jugendsozialarbeit und des Bundesfachverbandes UMF zur Verbesserung der Situation minderjähriger Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland „…junge minderjährige Flüchtlinge befinden sich in einer besonders sensiblen Lebenslage. Sie sind entwurzelt, ihre Lebensentwürfe sind zerstört, ihre Familien zerrissen und ihre Perspektiven in Deutschland ungewiss. Dies gilt sowohl für Kinder und Jugendliche, die mit ihrer Familie flüchten und im Besonderen für alleinstehend flüchtende Kinder und Jugendliche, auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge genannt. Die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen im Hinblick auf das besondere Schutzbedürfnis minderjähriger Flüchtlinge sind unzureichend. Dies war und ist Anlass für die BAG Jugendsozialarbeit und den Bundesfachverband UMF, Stellung zu beziehen und Forderungen zu formulieren, wie die Situation minderjähriger Flüchtlinge in Deutschland verbessert werden kann. Dabei steht das Kindes- und Jugendwohl im Mittelpunkt der Betrachtung. So fordert auch der 11. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung, dass „alle in Deutschland lebenden Kinder und Jugendlichen … ein Recht auf umfassende Teilhabe an und ungehinderten Zugang zu den sozialen, ökonomischen, ökologischen und kulturellen Ressourcen der Gesellschaft haben. Die Einlösung dieses Rechtes ist Aufgabe und sollte Ziel aller Politik- und gesellschaftlichen Bereiche Deutschlands sein“. Auch der 6. Familienbericht der Bundesregierung gibt wertvolle Hinweise auf eine Lebenslagen unterstützende Förderung junger Flüchtlinge. Auch der Sachverständigenrat für Zuwanderung und Integration hat in seinem Jahresgutachten u.a. auf die Notwendigkeit sozialer Teilnahmechancen von geduldeten jungen Flüchtlingen und den Folgen des Ausschlusses aus sozialen Leistungen hingewiesen. Unser gemeinsames Anliegen ist es, mit dem Forderungskatalog über die Situation minderjähriger Flüchtlinge zu informieren, zu sensibilisieren und den notwendigen Handlungsbedarf auf zu zeigen. Dabei werden Forderungen auf der Grundlage unserer jeweils unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkte formuliert. Diese betrifft die Umsetzung internationaler Übereinkommen, das Aufenthaltsrecht, die Jugend- und Sozialhilfe, das Schul- und Arbeitsrecht sowie die gesetzliche Vertretung und die pädagogischen Standards für Fachkräfte. … Die BAG Jugendsozialarbeit vertritt als Fachorganisation der Jugendhilfe die Interessen benachteiligter und individuell beeinträchtigter junger Menschen im Alter von 12 bis 27 Jahren. Ein wichtiges Handlungsfeld sind hierbei die Integrationshilfen für Jugendliche mit Migrationshintergrund, insbesondere die Jugendmigrationsdienste, die bundesweit tätig sind. Weitere Informationen können Sie der Homepage der BAG Jugendsozialarbeit entnehmen. Der Bundesfachverband UMF fördert den fachlichen Austausch von Fachkräften, er formuliert fachliche Standards für die Arbeit mit jungen Flüchtlingen und fordert die Umsetzung dieser Standards von Politik und Verwaltung ein. Ein besonderes Anliegen ist, auch für diese Kinder und Jugendlichen das Kindeswohl in den Vordergrund zu rücken. Weitergehende Informationen sind auf der Homepage des Bundesfachverbands zu finden.“ Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V. und Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit Forderungen zur Verbesserung der Situation minderjähriger Flüchtlinge in der Bundesrepublik Deutschland “ Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in nationales Recht Bei der Ratifizierung der UN-Kinderrechtskonvention wurden von der Bundesregierung verschiedene Vorbehalte abgegeben. Der ausländerrechtliche Vorbehalt führt in der Praxis zu massiven Einschränkungen des Schutzgedankens der Konvention für Flüchtlingskinder und -jugendliche. Die Vorbehalte sind, wie vom Deutschen Bundestag mehrmals beschlossen, zurück zu nehmen. Die UN-Kinderrechtskonvention muss vollständig in nationales Recht umgesetzt werden. Die in der Bundesrepublik Deutschland bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen im Hinblick auf das besondere Schutzbedürfnis minderjähriger Flüchtlinge sind unzureichend. Mit dem Vorbehalt zur UN-Kinderrechtskonvention wird eine in Deutschland gängige Praxis untermauert, die nicht nur bei asyl- und ausländerrechtlichen Regelungen, sondern auch bei der Gewährung von sozialen Hilfen und Betreuung das Kindeswohl fortlaufend missachtet. Konkrete Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in nationales Recht bedeutet: Verfahrensfähigkeit ab der Volljährigkeit Analog der in der Kinderrechtskonvention festgelegten Definition des Kindes bis zum 18. Lebensjahr muss die Verfahrensfähigkeit von Minderjährigen im ausländer- und asylrechtlichen Verfahren auf achtzehn Jahre festgelegt werden. Die tägliche Arbeit der Verbände im gesamten Bundesgebiet zeigt, dass Minderjährige tatsächlich nicht in der Lage sind, sich selbständig und eigenverantwortlich in der komplexen Materie des Aufenthalts- und Asylrechts zu vertreten. Deshalb bedeutet die Herabsetzung der Handlungsfähigkeit auf sechzehn Jahre keinen rechtlichen Vorteil für die betroffenen Minderjährigen, sondern führt zu deren unzureichender Vertretung. … Altfallregelung für UMF Im Asylkompromiss von 1993 wurde eine großzügige Altfallregelung vereinbart. Auch im Zusammenhang mit der Verabschiebung des Zuwanderungsgesetzes war geplant „Kettenduldungen“ durch die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen zu ersetzen. Die bisherigen Regelungen entsprechen keinesfalls dem Kriterium „großzügig“. In allen bisherigen Härtefallregelungen wurde die Gruppe der unbegleiteten Minderjährigen nicht berücksichtigt. Für sie gelten die gleichen Bedingungen wie für allein stehende Erwachsene. Kettenduldungen bestehen fort. Der Situation von unbegleiteten Flüchtlingen muss durch eine vernünftige Stichtagsregelung Rechnun getragen werden. Allein stehende Kinder dürfen nicht schlechter gestellt werden als Kinder mit Familien. Grundsätzlich darf die Unterbringung von Minderjährigen im Rahmen der Jugendhilfe kein Ausschlusskriterium für die Anwendung der Altfallregelung sein, zumindest nicht für die Zeit, in der sich Kinder und Jugendliche in einer schulischen oder beruflichen Ausbildung befinden. Der Tatsache, dass sich Kinder schneller integrieren, muss bei der Festsetzung des Einreisestichtags Rechnung getragen werden. Bei der Festlegung von Ausschlusskriterien von der zu treffenden Altfallregelung muss auch die besondere Situation von kinderreichen Familien berücksichtigt werden. Dies betrifft insbesondere die Anforderungen an den notwendigen Wohnraum und die Inanspruchnahme ergänzender Leistungen zum Lebensunterhalt. Bei Entscheidungen über generelle oder individuelle Härtefallregelungen darf die Integrationsleistung von Kindern und Jugendlichen nicht nur unter wirtschaftlichen Kriterien bemessen werden. Vielmehr müssen sprachliche und kulturelle Integrationsaspekte Berücksichtigung finden. Aufenthaltserlaubnis für Clearingverfahren Die Situation von allen Minderjährigen, die ohne Eltern in das Bundesgebiet eingereist sind, muss grundsätzlich möglichst umfassend geklärt werden. Hierfür ist die Durchführung eines fachlich fundierten Clearingverfahrens unabdingbar. In diesem soll von Expertinnen und Experten unter anderem geklärt werden: ob eine Rückkehr der Minderjährigen in ihr Heimatland unter der Voraussetzung kindgerechter Betreuung gefahrlos möglich ist, ob für sie Familienzusammenführung in einem Drittland in Frage kommt, ob für das Kind Asylantrag gestellt werden soll, da es sich aus Furcht vor politischer Verfolgung im Sinne von Art. 16 a Grundgesetz bzw. der Genfer Konvention in das Bundesgebiet begeben hat, ob ein Bleiberecht aufgrund humanitärer Gründe für die Minderjährigen angestrebt wird, insbesondere aus Gründen, die sich aus den nicht gesicherten kind- und jugendgerechten Betreuungsmöglichkeiten im Heimatland herleiten. … Kindgerechte Gestaltung von Asylverfahren Das Asylverfahren wird Minderjährigen weder im formalen Ablauf noch in der Entscheidungspraxis gerecht. Vor der Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ist allen Minderjährigen Gelegenheit zu geben, sich bei einer unabhängigen Organisation/Person ihres Vertrauens über Zielsetzung, Inhalt und Ablauf der Anhörung zu informieren. Alle Minderjährigen müssen beim BAMF von speziell als Kinderbeauftragte ausgebildeten Entscheidern, die regelmäßig geschult werden, angehört werden. Der Ablauf der Anhörung muss weniger formal gestaltet werden. Rechtzeitig vor der Anhörung muss den Minderjährigen angeboten werden, dass sie eine Person ihres Vertrauens zur Anhörung begleiten kann. Dolmetscherinnen und Dolmetscher im Verfahren sollten auf Wunsch aus dem gleichen Land und der gleichen Ethnie stammen. In den Entscheidungen müssen kinderspezifische Fluchtgründe wie der Missbrauch als Kindersoldaten anerkannt werden. Bei der Entscheidung über Abschiebungshindernisse muss die Versorgung im Heimatland bei einer möglichen Rückkehr berücksichtigt werden. Aussetzung der asylrechtlichen Restriktionen für Kinder Minderjährigen muss in jedem Fall der Zugang zum Clearingverfahren und zum Asylverfahren ermöglicht werden. Die asylrechtlichen Einschränkungen für Erwachsene dürfen keinesfalls für Kinder und Jugendliche gelten. Zurückweisungen von Minderjährigen an den Grenzen aufgrund der Drittstaatenregelung müssen gestoppt werden, weil dort eine Abklärung des Kindeswohls nicht stattfinden kann. Ebenso muss das Flughafenverfahren für Minderjährige außer Kraft gesetzt werden, da es im krassen Gegensatz zum Kindeswohl steht. …. Geduldeten Minderjährigen sollte ein amtlicher Ausweis ausgehändigt werden, der ihnen z.B. ermöglicht, ein eigenes Bankkonto zu führen oder Bücher aus einer öffentlichen Bibliothek auszuleihen. Asylunabhängiges Aufenthaltsrecht Der rechtliche Rahmen zur Erteilung eines gesicherten Aufenthaltsrechts muss erweitert werden. Unbegleitete Minderjährige sollen nach 2 Jahren tatsächlichen Aufenthalts in Deutschland eine Aufenthaltserlaubnis erhalten, nach 5 Jahren eine Niederlassungserlaubnis. Für unbegleitete Minderjährige müssen die geltenden Möglichkeiten zur Erteilung eines Aufenthaltsrechts aus humanitären Gründen verstärkt genutzt werden. Schutz von Ehe und Familie bei Abschiebungen Flüchtlingsfamilien mit Kindern, die unterschiedlichen Wohnorten zugewiesen wurden, muss ein Zusammenleben an einem Ort ermöglicht werden. … Die Vereinbarkeit einer Rückführung junger Flüchtlinge mit dem Kindeswohl wird wenig geprüft. Oft kommt eine Rückführung in das Heimatland der Eltern für junge Flüchtlinge einer erzwungenen Ausreise in ein für sie fremdes Land gleich, mit dessen Sprache und Kultur sie unzureichend vertraut sind. Der im Grundgesetz und in internationalen Abkommen verankerte Schutz von Ehe und Familie muss auch bei der Durchführung von Abschiebungen beachtet werden. Kinder, deren Eltern ein Abschiebungshindernis nach § 60 Absatz 7 Aufenthaltsgesetz zuerkannt wird, sollten bei Erlangung der Volljährigkeit nicht von ihren Familien getrennt und abgeschoben werden. … Verbot der Abschiebungshaft Minderjährige dürfen weder in Abschiebungshaft noch in Haftanstalten mit erwachsenen Straffälligen gebracht werden. Die Bedingungen der Abschiebungshaft sind weder kindgerecht noch menschenwürdig. Lageberichte Auswärtiges Amt Die Lageberichte des Auswärtigen Amtes sind als Entscheidungs – grundlage im Asylverfahren oft nicht ausreichend. Sie dokumentieren häufig weder die Lebenssituation von allein stehenden Kindern, noch die von Kindern, die mit ihren Familien zurückkehren. Als Entscheidungsgrundlage in Asylverfahren sollten deshalb nicht nur die Lageberichte des Auswärtigen Amtes herangezogen werden, sondern auch die Erkenntnisse von Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen. Legalisierung junger Flüchtlinge ohne Aufenthaltsrecht Für in Deutschland lebende minderjährige Flüchtlinge ohne Aufenthaltsrecht müssen Wege zur Legalisierung geschaffen werden. Die Grundstandards der UN-Kinderrechtskonvention sollten auch für diese Minderjährigen zur Anwendung kommen.   Gleichbehandlung von Flüchtlingskindern mit deutschen Kindern Alle Leistungen nach dem SGB VIII müssen grundsätzlich für alle minderjährigen Flüchtlinge zugänglich sein. Dem Schutzgedanken des SGB VIII muss Vorrang vor den ausländerrechtlichen Regelungen eingeräumt werden. Dies bedeutet auch, dass der Ausweisungstatbestand „Leistungen von Hilfe zur Erziehung außerhalb der eigenen Familie“ im Aufenthaltsgesetz gestrichen werden muss. Inobhutnahme nach § 42 SGB VIII Zur Durchführung eines fachlich fundierten Clearingverfahrens müssen alle unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge im Sinne von § 42 SGB VIII in Obhut genommen werden. Beratung, Begleitung, Integrationsförderung Junge Flüchtlinge bedürfen auf Grundlage des § 13 SGB VIII niedrigschwelliger, lebensweltbezogener Hilfen. Sie sollten in die Integrationsleistungen gemäß Zuwanderungsgesetz einbezogen werden. 16-Jahresgrenze Viele Jugendämter verweigern Flüchtlingskindern aufgrund der Handlungsfähigkeit nach dem Asylverfahrensgesetz nach deren sechzehnten Geburtstag den Zugang zu Erziehungshilfen, obwohl im SGB VIII keine 16-Jahresgrenze existiert. Dieser Umstand ist nicht tragbar und muss abgeschafft werden. Das Recht junger Flüchtlinge, auf der Grundlage des SGB VIII ambulante und stationäre Formen der Erziehungshilfen in Anspruch zu nehmen, muss in der Praxis umgesetzt werden. Asylbewerberleistungsgesetz Der um 30 Prozent gekürzte Sozialhilfesatz bzw. die geminderten Sachleistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz und die Beschränkung der medizinischen und psychotherapeutischen Hilfen auf akute Notfälle behindern massiv die kindgerechte Entwicklung minderjähriger Flüchtlinge. … Jugend- und Sozialhilfe   Unterbringung Für die Unterbringung von Minderjährigen in Gemeinschaftsunterkünften müssen Mindeststandards gelten, welche die Intimsphäre, die Gesundheit und das Wohl der Kinder schützen und die von der Heimaufsicht der Jugendämter überwacht werden. Gemeinschaftsunterkünfte sollten familiengerecht ausgerichtet, an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen und sozialpädagogisch begleitet sein. … Schulpflicht für alle Flüchtlingskinder In einigen Bundesländern unterliegen Flüchtlingskindern nicht der Schulpflicht, teilweise wird ihnen sogar das Recht auf Schulbesuch versagt. Jedes Kind hat ein in Artikel 28 der UNKinderrechtskonvention garantiertes Recht auf Bildung. Dieses Recht muss Vorrang vor ausländerrechtlichen Regelungen haben, deshalb müssen auch Kinder ohne Aufenthaltsrecht die Möglichkeit haben, eine Schule zu besuchen. Schulen müssen den besonderen Bedürfnissen von jungen Flüchtlingen gerecht werden. Dies kann zum Beispiel durch die Einrichtung von Übergangs- oder Förderklassen und durch Alphabethisierungskurse geschehen. Flüchtlingskinder sollten die Möglichkeit erhalten, zwischen Unterrichtsfächern in Übergangs- bzw. Förderklassen und Regelklassen individuell zu wechseln, um in Fächern, in denen sie gute Vorkenntnisse haben, entsprechend gefördert zu werden. Flüchtlingskinder sollen eine tatsächliche 10-jährige Schulpflicht haben es soll nicht von einem fiktiven Schulbesuch im Herkunftsland ausgegangen werden. Auch über Sechzehnjährige, die in ihren Heimatländern keine Schulen besuchen konnten, müssen Zugang zum Bildungssystem erhalten. Der gleichberechtigte Zugang zu allen Bildungsaktivitäten einschließlich der Klassenfahrten ist sicherzustellen. Zugang zu beruflicher Erstausbildung und Qualifizierung Berufliche Qualifizierung ist für alle jungen Menschen der Schlüssel für eine eigenständige Entwicklung und eine unabhängige wirtschaftliche Grundlage. Dies gilt unabhängig davon, ob sie dauerhaft in der Bundesrepublik bleiben oder später in ihre Heimatländer zurückkehren. Deshalb muss der Zugang zum dualen Ausbildungssystem für junge Flüchtlinge ebenso offen sein wie der Zugang zu Ausbildungsplätzen nach SGB III. Zudem müssen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden, damit sie gleichberechtigt an den Fördermöglichkeiten der Jugendberufshilfe teilnehmen können, um berufliche Ausbildungen erfolgreich zu Schul- / Arbeitsrecht absolvieren. Spätestens nach zweijähriger Aufenthaltsdauer ist jungen Flüchtlingen ein gleichrangiger Arbeitsmarktzugang zu gewähren. Sie sollen in das SGB III einbezogen werden. Junge Flüchtlinge benötigen in der Regel vor und während ihrer Ausbildung besondere Sprachförderung, um einen erfolgreichen Abschluss zu ermöglichen. … Konsequente Anwendung der Vorschriften von MSA und BGB zu Vormundschaften Die Vorschriften des Haager Minderjährigenschutzabkommens und des BGB müssen konsequent für alle minderjährigen Flüchtlinge angewendet werden. Häufig erhalten über sechzehnjährige Flüchtlinge keinen Vormund, da sie nach dem Aufenthalts- und Asylverfahrensgesetz handlungsfähig sind. Um diesen Zustand zu beenden, müssen alle Behörden, die mit Minderjährigen ohne Sorgeberechtigten in Kontakt kommen, klären, ob bereits ein Vormund bestellt ist und gegebenenfalls ein Vormundschaftsverfahren einleiten. Dabei ist die Einrichtung von privaten Vormundschaften vorrangig. Überprüfung von Einzelpersonen Privatvormünder für Flüchtlingskinder müssen hinsichtlich ihrer Eignung nach den selben Kriterien überprüft werden, wie dies für andere Vormünder üblich ist. … Mindeststandards zur Altersfestlegung in Zweifelsfällen Alle unbegleiteten Minderjährigen unter achtzehn Jahren müssen Zugang zu einem qualifizierten Clearingverfahren erhalten. Dafür müssen in allen Bundesländern (soweit noch nicht geschehen) Clearinghäuser geschaffen werden. Sollten beim zuständigen Jugendamt Zweifel an den Altersangaben eines Jugendlichen auftreten und kann der Jugendliche sein Alter nicht durch geeignete Heimatdokumente belegen, darf das Alter nicht durch Inaugenscheinnahme im Schnellverfahren verändert werden. … Interkulturelle Pädagogik Um den Anforderungen, die junge Flüchtlinge an pädagogische Fachkräfte stellen, gerecht zu werden, ist es notwendig, interkultureller Pädagogik mehr Raum in Forschung und Lehre einzuräumen. Diese Thematik muss künftig auch verstärkt Gegenstand fachspezifischer Fortbildungsveranstaltungen für Pädagoginnen und Pädagogen sein. Interkulturelles Training in Behörden und Betreuungseinrichtungen Der Umgang mit Flüchtlingen ist häufig von Vorurteilen und Ängsten geprägt, die nicht der Realität entsprechen. Deshalb sollten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Behörden und Betreuungseinrichtungen die Möglichkeit haben, an interkulturellen Trainings zur Förderung ihrer Handlungskompetenz teilzunehmen.“ Bundesfachverband Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge e.V. Postfach 81 02 44, 90247 Nürnberg Tel.: 0911 / 237 37 53 Fax: 0911 / 237 37 56 Mail: info@b-umf.de www.b-umf.de Bundesarbeitsgemeinschaft Jugendsozialarbeit Hohe Straße 73, 53119 Bonn Tel.: 0228 / 95968 – 0 Fax: 0228 / 95968 – 30 Mail: info@bag-jugendsozialarbeit. – Forderungskatalog .pdf

http://www.bagjaw.de

Quelle: Schreiben und Forderungskatalog der BAG Jugendsozialarbeit und des Bundesfachverbandes Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge vom 5.9.2005

Dokumente: Forderungskatalog_.pdf

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