Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge fällt auf den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung

ZAHL DER NEU ABGESCHLOSSENEN AUSBILDUNGSVERTRÄGE FÄLLT AUF DEN NIEDRIGSTEN STAND SEIT DER WIEDERVEREINIGUNG Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB): „Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge war 2005 so niedrig wie noch nie im wiedervereinigten Deutschland. Dies ist das Ergebnis der BIBB-Erhebung … neue Vertragsabschlüsse, … 4% weniger als im Vorjahr. Gleichzeitig erreichte die Zahl der Abgänger aus allgemein bildenden Schulen mit nunmehr 948.200 einen neuen Höchststand. Die beiden gegenläufigen Entwicklungen führten dazu, dass die Einmündungsquote der Ausbildungsanfänger, das ist der rechnerische Anteil der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge an den Schulabgängern, mit einem Wert von 58,0% erstmalig unter die 60%-Marke rutschte. Anfang der neunziger Jahre hatte er noch bei über 70% gelegen. Hintergrundinformationen zur BIBB-Erhebung…: Gezählt werden alle Ausbildungsverträge, die zwischen dem 1. Oktober des Vorjahres und dem 30. September des laufenden Jahres abgeschlossen wurden. Die Vertragszahlen werden differenziert für Einzelberufe auf der Ebene der Arbeitsagenturbezirke erhoben. … Meldungen über neu abgeschlossene Ausbildungsverträge werden bis Ende November von den zuständigen Stellen an das BIBB übermittelt – erste Auswertungsergebnisse liegen dann bereits Anfang Dezember vor und finden für den Berufsbildungsbericht der Bundesregierung Verwendung. … Die gesetzliche Grundlage für die BIBB-Erhebung ist seit April 2005 § 86 des novellierten Berufsbildungsgesetzes (BBiG). Gründe für den Rückgang: Die Ursachen für den erneuten Rückgang der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge um 22.800 sind vielfältig. Zu nennen sind: * der weiterhin deutliche Abbau der Beschäftigung … * der geringere Ersatzbedarf an Auszubildenden aufgrund von im Vergleich zum Vorjahr deutlich weniger ausgeschiedenen, fertig ausgebildeten Ausbildungsabsolventen * ein starker Rückgang der überwiegend öffentlich finanzierten („außerbetrieblichen“) Ausbildungsplätze… um schätzungsweise 9.000 * ein zeitlich verzögertes Nachvermittlungsgeschäft… * Besonderheiten bei der statistischen Behandlung von Plätzen im Bereich der Einstiegsqualifizierung. Das Engagement von Betrieben in diesem Bereich wird nicht berücksichtigt, weil die Einstiegsqualifizierung nicht zu einem voll qualifizierenden Berufsabschluss führt… Die entscheidende Ursache für den Rückgang der Ausbildungsverträge dürfte aber in der Entwicklung im Beschäftigungssystem liegen. Das duale Ausbildungssystem… bleibt von der strukturellen Krise auf dem Arbeitsmarkt nicht unberührt. Von September 1999 bis September 2005 gingen rund 1,358 Mio. sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse in Deutschland verloren. … Eine durchgreifende Verbesserung der Verhältnisse auf dem Lehrstellenmarkt ist somit wohl nur dann zu erwarten, wenn auch die Beschäftigung wieder anzieht. Entwicklung nach Ausbildungs-/Zuständigkeitsbereichen: Vom Rückgang bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen waren bis auf die Seeschifffahrt alle Ausbildungsbereiche betroffen… Im Zuständigkeitsbereich Industrie und Handel sank die Zahl der Neuabschlüsse um 6.594 (-2,0%), im Handwerk um 11.265 (-6,7%), im Öffentlichen Dienst um 959 (-6,3%), in der Landwirtschaft um 406 (-2,7%), in den Freien Berufen um 2.921 (-6,3%) und in der Hauswirtschaft um 757 (-15,5%). Lediglich bei der Seeschifffahrt nahm die Zahl der neu abgeschlossenen  Lehrverträge zu, und zwar um 102(+52,0%). Entwicklung bei den rein betrieblichen Verträgen: Leider kann in der BIBB-Erhebung nicht unmittelbar zwischen rein betrieblichen und den überwiegend öffentlich finanzierten („außerbetrieblichen“) Ausbildungsverträgen unterschieden werden. Es lassen sich jedoch mithilfe der Daten der Bundesagentur für Arbeit Schätzungen vornehmen. … Bundesweit hat es nach ersten, noch vorläufigen Berechnungen im Jahr 2005 rund 505.000 betriebliche Lehrverträge gegeben. Dies bedeutet einen Rückgang um knapp 14.000… gegenüber 2004. … Demnach dürfte der Rückgang der betrieblichen Verträge im Bereich Industrie und Handel gegenüber dem Vorjahr bei etwa 2.700 gelegen haben der größere Teil des Gesamtrückgangs aller Ausbildungsverträge in Industrie und Handel wäre demnach auf die Entwicklung der „außerbetrieblichen“ Verträge (-3.900) zurückzuführen. Im Handwerk wäre nach ersten Schätzungen die Zahl der rein betrieblichen Verträge um rund 9.500 gesunken („außerbetrieblich“ –1.800), und in der Landwirtschaft wäre der Umfang der betrieblichen Neuabschlüsse in etwa konstant geblieben („außerbetrieblich“ –400). Ergebnisse nach West und Ost, Ländern und Regionen: Was die Gesamtzahl aller Ausbildungsverträge angeht, so kam es im Jahr 2005 in allen sechzehn Bundesländern zu Rückgängen. Die Veränderungsraten schwanken zwischen -0,3% im Saarland und -12,7% in Sachsen-Anhalt. In den alten Ländern fielen sie im Schnitt etwas niedriger aus als im Osten Deutschlands … Die Zahl der überwiegend öffentlich finanzierten („außerbetrieblichen“) Ausbildungsstellen ging nach vorläufigen Schätzungen im Zählzeitraum in fast allen sechzehn Ländern stark zurück. In den alten Ländern dürfte sich das Minus etwa auf 4.000 Plätze summieren (– 21%) und in den neuen Ländern einschließlich Berlin auf etwa 5.000 (–14%). Am stärksten (um knapp 7.000) sanken die außerbetrieblichen Ausbildungsverträge, die nach § 241 (2) SGB III mit sozial Benachteiligten und Lernbeeinträchtigten abgeschlossen werden. Rückläufig waren auch die Plätze für Rehabilitanden (-2.500) und für Teilnehmer aus dem zu Ende gegangenen Sofortprogramm (-600). Die Plätze aus dem Ausbildungsplatzprogramm Ost und den ergänzenden Maßnahmen der ostdeutschen Länder nahmen dagegen um knapp 600 zu. … Verhältnis von Ausbildungsplatzangebot und -nachfrage: Traditionell wird das Ausbildungsplatzangebot über die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge zuzüglich der noch offenen Lehrstellen definiert, die Ausbildungsplatznachfrage der Jugendlichen über die Zahl der neuen Lehrverträge zuzüglich der bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Lehrstellenbewerber, die bis zum 30.09. nicht vermittelt werden konnten… Bei der Berechnung der Angebots-Nachfrage-Relation werden aber auf der Nachfrageseite solche Ausbildungsstellenbewerber nicht mit eingerechnet, die nach Informationen der Bundesagentur für Arbeit wegen fehlenden Bewerbungserfolgs auf Alternativen und Warteschleifen ausgewichen sind (und somit erst einmal als „versorgt“ gelten), aber weiterhin in eine Lehrstelle vermittelt werden möchten. Ihre Zahl bezifferte sich im Jahr 2005 auf 47.228 (2004: 48.372). Nicht mit eingerechnet sind zudem 7.808 gemeldete Lehrstellenbewerber, die in eine betriebliche Einstiegsqualifizierung (EQJ) einmündeten (2004 nicht erfasst). Repräsentative Untersuchungen bei den bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldeten Bewerbern zeigen, dass darüber hinaus unter den weiteren alternativ verbliebenen Bewerbern (2005: 281.765) mehrere Zehntausend Jugendliche zu finden sind, die nur deshalb zu jobben anfingen, wieder die Schule besuchen oder in eine berufsvorbereitende Maßnahme einmündeten, weil ihre Lehrstellenbewerbungen trotz intensiver Suche erfolglos blieben … Ausblick auf die Entwicklung der kommenden Jahre: Diese Entwicklung ist umso problematischer, als die Zahl der Jugendlichen nicht mehr sehr lange auf dem heutigen Niveau verbleibt, sondern sich drastisch vermindern wird. Dies könnte in der Zukunft zu einem beträchtlichen Fachkräftemangel führen. … Wie die Vorausberechnungen des Statistischen Bundesamtes zeigen, wird im Osten die Zahl der Absolventen aus den allgemein bildenden Schulen bereits in nächster Zeit drastisch abnehmen. Im Westen bleibt die Zahl noch etwa bis 2013 mit einigen Ausschlägen nach oben (die im Zusammenhang mit der Schulzeitumstellung von 13 auf 12 Jahre stehen) auf dem jetzigen Niveau. Sie wird dann aber ebenfalls drastisch sinken…“ von Joachim Gerd Ulrich, Simone Flemming, Ralf-Olaf Granath, Elisabeth M. Kreke

Quelle: http://www.bibb.de/de/23491.htm

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