Schaffung von Ausbildungsplätzen durch Flexibilisierung der Vergütung der Auszubildenden. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP Fraktion

SCHAFFUNG VON AUSBILDUNGSPLÄTZEN DURCH FLEXIBILISIERUNG DER VERGÜTUNG DER AUSZUBILDENDEN. Bemerkung der Fragesteller: Die Zahl der betrieblichen Ausbildungsplätze ist seit Jahren rückläufig. Im letzten Quartal 2005 wurden mehr als 16 000 Ausbildungsplätze weniger gemeldet als im letzten Quartal 2004. Hintergrund dieser Entwicklung muss nicht eine zurückgehende Ausbildungsbereitschaft der Betriebe sein. Ursachen können auch in einer schwierigen wirtschaftlichen Situation, in zunehmend von den Betrieben als gravierend empfundenen Ausbildungshindernissen oder auch in veränderten wirtschaftlichen Strukturen liegen. Auszüge aus der Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der FDP Fraktion und der Abgeordneten Patrick Meinhardt, Ulrike Flach, Cornelia Pieper sowie weiterer Abgeordneter. Drucksache 16/526: “ 1. Wird sich der Abbau von betrieblichen Ausbildungsplätzen in diesem Jahr fortsetzen? 2. Wenn ja, in welcher Größenordnung? In den vergangenen Jahren wurden nach Berechnungen des Bundesinstituts für Berufsbildung zwischen knapp 500 000 und 560 000 betriebliche Ausbildungsplätze durch die Wirtschaft bereitgestellt … Aus dem Vorjahresvergleich wird ersichtlich, dass 2005 bei den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen das positive Ergebnis des Jahres 2004 nicht wieder erreicht werden konnte. Dabei wurde das Niveau von 2003 vor dem Abschluss des Ausbildungspaktes um rund 7 500 Verträge unterschritten. Betrachtet man jedoch die Zahl der betrieblichen Ausbildungsverträge, wurden 2005 mit 505 191 Verträgen immerhin rund 7 900 neue betriebliche Verträge mehr abgeschlossen als im Jahr 2003. … Die Kammern und Wirtschaftsverbände haben 2004 59 500 und 2005 63 400 neue Ausbildungsplätze eingeworben. Die Bundesregierung wird eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung des Ausbildungsplatzangebots fortführen. Dabei geht es z. B. darum, Unternehmen und Betriebe in innovativen Branchen mit Beschäftigungswachstum zur Ausbil- dung zu motivieren und damit zusätzliche Ausbildungsplätze zu gewinnen. Flankierend zu den von der Wirtschaft im Ausbildungspakt gegebenen Zusagen hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) das neue Programm JOBSTARTER zur Gewinnung zusätzlicher Ausbildungsplätze und zur Verbesserung regionaler Förderstrukturen mit einem Finanzvolumen von insgesamt 100 Mio. Euro aufgelegt. … Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird das Sonderprogramm für Einstiegsqualifizierungen Jugendlicher (EQJ) fortführen. 3. Was sind – nach Einschätzung der Bundesregierung – die wesentlichen Ursachen für den Abbau von betrieblichen Ausbildungsplätzen in den vergangenen Jahren? Eine wesentliche Ursache für die Entwicklung der Zahl der Ausbildungsverträge dürfte in der Entwicklung im Beschäftigungssystem liegen. Die enge Verbindung vom dualen Ausbildungs- und dem Beschäftigungssystem ist eine entscheidende Stärke des dualen Systems und sichert hohe Übergangsquoten in Beschäftigung. Auf der anderen Seite gibt es konjunkturelle und strukturelle Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zwischen Ausbildungsmarkt und Beschäftigungssystem. … weitere Gründe für den Rückgang an betrieblichen Ausbildungsverhältnissen … So gibt es zurzeit nur einen geringen Ersatzbedarf an Auszubildenden. Denn im Vergleich zu den Vorjahren beenden weniger Auszubildende … ihre Ausbildungsverhältnisse. Darüber hinaus ist der Rückgang der letzten Jahre teilweise auch auf den Rückgang öffentlich finanzierter Ausbildungsplätze zurückzuführen. 4. Welche Rolle spielt bei der Entscheidung, ob ein Betrieb Ausbildungsplätze oder zusätzliche Ausbildungsplätze bereitstellt, die Höhe der Vergütung der Auszubildenden? Die überwiegende Mehrheit der Betriebe bildet aus, um den zukünftigen Bedarf an Fachkräften zu decken. … In einer 2001 vom BiBB durchgeführten repräsentativen Betriebsbefragung gaben nur 14 % der Ausbildungsbetriebe an, dass die Senkung von Ausbildungsvergütungen ein geeignetes Mittel sei, um das Ausbildungsplatzangebot zu erhöhen. 5. Könnten nach Ansicht der Bundesregierung das Einfrieren oder die Reduzierung von Ausbildungsvergütungen zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze beitragen? Die Festlegung von Ausbildungsvergütungen ist Sache der Tarifparteien. Generell begrüßt die Bundesregierung jegliche tarifvertragliche Vereinbarungen der Sozialpartner, die die Sicherung oder Erhöhung der betrieblichen Ausbildungsleistungen zum Ziel haben. 6. Wie könnten ein Einfrieren bzw. eine Reduktion der Ausbildungsvergütungen außerhalb von Tarifvereinbarungen erreicht werden? 7. Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang die im Berufsbildungsgesetz (BBiG) vorgeschriebene „Angemessenheit der Ausbildungsvergütung“? Die Fragen 6 und 7 werden im Zusammenhang beantwortet. Ein Einfrieren bzw. eine Reduktion der Ausbildungsvergütungen außerhalb von Tarifvereinbarungen ist nach derzeitiger Rechtslage – wenn überhaupt – ausschließlich für nicht tarifgebundene Betriebe möglich. Bei Tarifbindung besteht dagegen die gesetzliche Pflicht, mindestens die tariflichen Sätze zu zahlen, was nach einer repräsentativen BiBB-Studie aus dem Jahr 2001 über drei Fünftel (62 %) der Ausbildungsbetriebe betrifft. … Ein … Anteil der Ausbildungsbetriebe (17 %) ist nicht tarifgebunden und orientiert sich auch nicht an einem Tarif. Inwieweit die vorhandenen Spielräume bei der Vergütungszahlung von diesen Betrieben bereits ausgeschöpft werden, ist nicht bekannt … In jedem Fall schreibt § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG die Zahlung einer „angemessenen Vergütung“ vor. Die Rechtsprechung … bejaht die „Angemessenheit“, wenn die Vergütung eine gewichtige und fühlbare finanzielle Unterstützung zum Lebensunterhalt des Auszubildenden ist und eine Mindestentlohnung für die in dem jeweiligen Gewerbezweig bestimmbare Leistung eines Auszubildenden darstellt. In der Praxis ist die Höhe der Vergütung in den einzelnen Ausbildungsberufen Gegenstand der Tarifverhandlungen und wird damit von den Sozialpartnern selbst vereinbart… Soweit Ausbildungsbetriebe nicht tarifgebunden sind, können sie den jeweiligen Tarifsatz um bis zu 20 % unterschreiten. Es existiert eine differenzierende Spannbreite der Vergütungen in den einzelnen Ausbildungsberufen, die die unterschiedliche Leistungsfähigkeit der Betriebe nach Branche, Region und Betriebsgröße berücksichtigt. 8. Plant die Bundesregierung eine Änderung des BBiG, wenn sich der Abbau von Ausbildungsplätzen nicht umkehren oder zumindest aufhalten lässt? Die in § 17 BBiG formulierten allgemeinen Grundsätze über den Vergütungsanspruch der Auszubildenden, nach denen eine „angemessene Vergütung“ zu zahlen ist, hat sich in der Vergangenheit bewährt (s. o.). Nach aktuellen Erhebungen des BiBB zur Relation von Personalkosten der Auszubildenden zu den ihnen zurechenbaren Erträgen werden die Ausbildungsvergütungen einschließlich Personalnebenkosten – bei Unterschieden in den einzelnen Berufszweigen – praktisch durch die von den Auszubildenden erwirtschafteten Erträge refinanziert. Der Bundesregierung ist der Wunsch nach Kosteneinsparung für die Betriebe sehr bewusst. Jedoch liegt ihr trotz eingehender Untersuchungen kein Nachweis dafür vor, dass das Streichen des Merkmals der „Angemessenheit“ einen sonst erfolgenden Abbau betrieblicher Ausbildungsplätze ursächlich stoppen oder gar umkehren würde. Der zwischen der CDU, CSU und SPD am 11. November 2005 abgeschlossene Koalitionsvertrag besagt in den Zeilen 1676 ff. „Wir haben einvernehmlich in Bundestag und Bundesrat die im April diesen Jahres in Kraft getretene Reform des Berufsbildungsgesetzes verabschiedet. Ihre Wirkung wollen wir gemeinsam mit den Partnern im Laufe der Legislaturperiode überprüfen.“ “

Quelle: http://dip.bundestag.de/btd/16/005/1600526.pdf

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