Bundesagentur für Arbeit: Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen. Es bewegt sich etwas.

BA: VERGABE VON ARBEITSMARKTDIENSTLEISTUNGEN. ES BEWEGT SICH ETWAS. In der April Ausgabe von ‚Arbeitsmarkt aktuell‘ erläutert der Bundesvorstand des DGB die derzeitigen Entwicklungen der Vergabepraxis. Auszüge aus dem Beitrag: “ 1. Umfang der Vergaben von Arbeitsmarktdienstleistungen Mit der Reform der Bundesagentur für Arbeit wurde auch die Vergabe von Arbeitsmarktdienstleistungen neu geregelt. Kern der Neuregelung ist, dass auch Arbeitsmarktdienstleistungen grundsätzlich nach der Verdingungsordnung für Leistungen (VOL/A) ausgeschrieben werden und nach einem wettbewerblichen Verfahren vergeben werden. Die technische Abwicklung der Vergabe wurde BA intern bei Regionalen Vergabezentren gebündelt und so die Durchführung der Vergabe den örtlichen Agenturen entzogen. Vorher haben die Agenturen in eigener Verantwortung die Maßnahmen vergeben, dabei erfolgte die Vergabe häufig „freihändig“ nach Richtpreisen, die sich aus Durchschnittswerten ergaben. Über ein Vergabeverfahren werden folgende Maßnahmen vergeben: Trainingsmaßnahmen, Sprachförderung, die Beauftragung Dritter mit Vermittlungsleistungen, PSA, Berufsvorbereitende Bildung, Ausbildungsbegleitende Hilfen sowie Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen. Zurzeit wir daran gearbeitet, auch Maßnahmen der Rehabilitation über Ausschreibungen zu vergeben. Das Beschaffungsvolumen des Einkaufs betrug im Bereich der Arbeitsmarkt-dienstleistungen im Jahre 2005 rund 1,4 Mrd. Euro. Nicht enthalten sind Maßnahmen der Weiterbildung, die über den Bildungsgutschein belegt werden. In diesem Fall entsteht keine direkte Rechtsbeziehung zwischen der BA und den Trägern, sondern die Teilnehmer suchen sich den Träger selbst. Die Bezahlung erfolgt über den von der BA vorher ausgegebenen Bildungsgutschein. Die Zulassung dieser Träger erfolgt durch eine externe Zertifizierung. 2. Auswirkungen der neuen Praxis Die Neuregelung hat den Preiswettbewerb unter den Trägern deutlich verstärkt. Hinzu kam die Reduzierung des Mittelvolumens für aktive Arbeitsmarktpolitik. Dies hat nicht nur zu einer hohen Zahl von Insolvenzen geführt, sondern die Arbeitsbedingungen der noch Beschäftigten bei den Weiterbildungsträgern erheblich verschlechtert. Von den Gewerkschaften wurde zudem kritisiert, dass die Bürokratie deutlich zugenommen hat und vielerorts ein Qualitätseinbruch der Maßnahmen beobachtet wurde. Erfolgreiche Maßnahmen, die sich durch eine regionale Vernetzung auszeichneten bzw. bessere Standards beinhalteten, die aber teuer waren, sind oftmals vom Markt verschwunden. Durch die Ausschreibungsverfahren wurden Maßnahmen standardisiert, so dass kreative Träger mit maßgeschneiderten Konzepten nicht mehr zum Zuge gekommen sind. Insgesamt wird das Vergabeverfahren von den Gewerkschaften als ungeeignet angesehen. … Hauptdefizite bisher: • Vergabekriterien … • Organisatorische Ineffizienz der Vergabepraxis … • Organisatorische Ineffizienz der Planung … 3. Untergesetzliche Initiativen der BA … Nach einer gemeinsamen Initiative von Arbeitnehmergruppe und Arbeitgebergruppe im Verwaltungsrat fand im Februar ein Workshop unter Einbeziehung von Vertretern von Weiterbildungsträgern statt. Aus der Sicht der Praxis wurden die grundsätzlichen Mängel der Vergabe noch einmal bestätigt. Da aktuelle Gesetzesänderungen als schwer umsetzbar eingeschätzt wurden, wurde zunächst versucht, auf der Basis des geltenden Rechts Verbesserungen zu erreichen. In diesem Workshop wurden insbesondere folgende Punkte diskutiert: – Verlängerung der Vertragslaufzeiten … – Größe der Lose. Die Lose sollten so zugeschnitten sein, dass sie dem örtlichen Bedarfe besser gerecht werden und auch kleinere Träger zum Zuge kommen. – Beauftragung von Subunternehmen … – Qualitätskontrolle der Maßnahmen. Eine Qualitätskontrolle der laufen Maßnahmen findet nicht statt. Deswegen könne nicht garantiert werden, dass die vertraglich zugesagten Vereinbarungen auch tatsächlich umgesetzt werden. Die mangelnde Qualitätskontrolle wurde inzwischen von der BA eingestanden. … – Beschränkte Ausschreibung. Anstatt bundesweit auszuschreiben, sind auch beschränkte Ausschreibungen gesetzlich zulässig. Hiervon sollte stärker Gebrauch gemacht werden. – Rahmenverträge. Mit Anbietern können Rahmenverträge gemacht werden. Innerhalb dieser Rahmenverträge können konkrete Maßnahmen oder Teilnehmer zugewiesen werden. … – Letztentscheidungsrecht des jeweiligen Agenturleiters… – Mindestpreise. Anbieter, die zu Dumpingpreisen anbieten, sollten generell von der Vergabe ausgeschlossen werden. Dumpingpreise würden letztendlich die Qualität der Maßnahmen mindern. Über diese Vorschläge konnten bei dem Workshop mit der BA zunächst keine verbindlichen Vereinbarungen erreicht werden. … 4. Erste Ergebnisse Dennoch hat der Druck auf die BA inzwischen einiges bewegt. In einem Schreiben an die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag hat die Bundesagentur zugesagt: 1. Die örtlichen Agenturen entscheiden über Bedarf, Lose und die fachliche Bewertung der Maßnahmen. 2. Je nach lokaler Situation werden auch kleinteilige Lose eingeführt. 3. Über den Preis hinaus werden zahlreiche Bewertungskriterien als Mindestqualitätsstandards festgelegt. 4. Die bisherigen Integrationserfolge, bzw. die Schlüssigkeit und Erfolgsfähigkeit des Integrationskonzepts werden als Bewertungskriterium zusätzlich eingeführt. 5. Besonders gewertet werden soll die Einbindung in regionale Netzwerke, bzw. Erfolgsaussichten der dargelegten Strategie einer Netzwerkbildung. 6. Erfolgsorientierte Vergütungselemente sollen in die Leistungsbeschreibung aufgenommen werden. Darüber hinaus soll stärker überwacht werden, ob die in den Ausschreibungen zugesagten Angebote und Konzepte auch tatsächlich umgesetzt werden. Inzwischen hat die BA auf dieser Basis das Einkaufssystem weiter entwickelt. Konkret wurde festgelegt: – Trägerprüfungen werden durch alle beteiligten Dienststellen deutlich stärker intensiviert, – vor Maßnahmebeginn muss der Träger nachweisen, dass er über die notwendige Ausstattung verfügt, – bereits bei Maßnahmebeginn sollen gezielte Außenprüfung in Einzelfällen vorgenommen werden, – die Kontrolle der Maßnahmen erfolgt durch Mitarbeiter der Einkaufszentren und der Agenturen bzw. ARGEn, – Erkenntnisse aus den Prüfungen werden für spätere Vergabeverfahren ausgewertet, – Träger müssen einen Nachweis über ihre Einbindung in den regionalen Arbeitsmarkt vorlegen, – Integrationserfolge aus vergangenen Maßnahmen werden bei der Bewertung berücksichtigt, – es werden Anreize für eine höhere Integrationsquote durch erfolgsabhängige Bezahlungskomponenten geschafften, soweit dies rechtlich zulässig ist, – für den Einkauf wird Wirkungscontrolling eingeführt, – Niedrigpreisangebote sollen einer besonderen Prüfung unterzogen werden, um sicherzustellen, dass eine auftragskonforme Dienstleistung gewährleistet ist, – für berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen werden erstmalig zweijährige Verträge mit einer zusätzlichen einjährigen Option vergeben. Hierdurch soll die Kalkulations- und Planungssicherheit der Träger erhöht werden. 5. Vorschläge des DGB: Diese Vorschläge machen aber die Diskussion über gesetzliche Änderungen nicht überflüssig. Der DGB ist der Auffassung, dass das Vergaberecht mehr an die speziellen Bedürfnisse bei der Vergabe von Arbeitsmarkt-dienstleistungen angepasst werden muss. … Generell stellt sich die Frage, ob die Anbietung von Weiterbildung und die Förderung von Benachteiligten überhaupt über Ausschreibungen und Vergabe erfolgen sollten. … 6. Vorschläge der BA für gesetzliche Änderungen Auch die Bundesagentur hat inzwischen in einem Schreiben an die Bundesregierung gesetzliche Änderungen angeregt. Diese Änderungsvorschläge sind bisher nicht mit der Selbstverwaltung abgestimmt. Darin werden folgende Punkte vorgeschlagen: • Im Vergaberecht sollen Möglichkeiten für die Anwendung der freihändigen Vergabe erweitert werden. Dadurch soll flexibler auf örtliche Arbeitsmarktbedarfe reagiert werden. • Bei einem Missverhältnis zwischen Preis und Leistung soll der Ausschluss eines Trägers rechtssicher ermöglicht werden. Die derzeitige Rechtslage bietet zwar theoretisch die Möglichkeit, derartige Angebote auszuschließen, in der Praxis führt dies jedoch zu Nachprüfverfahren und zunehmender rechtsunsicherheit. • Da die BA zunehmend an Grenzen stößt, Leistungsbeschreibungen für Arbeitsmarktdienstleistungen so eindeutig und erschöpfend abzufassen, wie es derzeit die VOL/A vorsieht, sollte gesetzlich ermöglicht werden, vereinfachte Beschreibungen zuzulassen, um die Flexibilität am Arbeitsmarkt zu erhöhen. • Darüber hinaus fordert die BA auch, dass von der in der VOL/A enthaltenen Vorschrift, für eine festgelegte Anzahl von Teilnehmern eine festgelegte Vergütung zu zahlen, abgewichen werden kann. Hierdurch soll kurzfristig wechselnden quantitativen Anforderungen bei den Maßnahmedurchführungen Rechnung getragen werden. • Der BA soll das Recht eingeräumt werden, selbst dann, wenn ein Nachprüfverfahren anhängig ist, mit der Maßnahme zu beginnen, um zeitliche Verzögerungen, z. B. bei berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen zu verhindern. Hierdurch soll die Verfahrenssicherheit erhöht werden. 7. Bewertung: Mit den beiden Schreiben an die SPD Fraktion und an die Bundesregierung ist letztendlich Bewegung in die Sache gekommen. Offensichtlich wird auch von der BA inzwischen eingesehen, dass das jetzige Vergaberecht zu Fehlentwicklungen geführt hat, die letztendlich die Qualität der Maßnahmen beeinträchtigen und die Integrationserfolge mindern. Die neuen Regeln sollen bereits bei den zurzeit laufenden Ausschreibungen für ausbildungsbegleitende Hilfen angewendet werden. Ob die Probleme aber tatsächlich gemindert werden, hängt auch davon ab, ob die neuen Regelungen in der Praxis auch tatsächlich richtig angewendet werden, oder ob im Zweifel wieder der niedrigste Preis entscheidet. Aber immer noch ist die Bürokratie für die Träger hoch. Auch die Frage, wie besonders kreative Leistungen der Träger besser geschützt und letztendlich auch vergütet werden können, ist noch ungeklärt. Hier sollte ein gewisser Experimentierraum geschaffen werden, damit individueller auf die Situation am örtlichen Arbeitsmarkt reagiert werden kann. … “

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Quelle: Arbeitsmarkt aktuell, Nr. 3/2006, April 2006 DGB Bundesvorstand Abt. Arbeitsmarktpolitik und intern. Sozialpolitik

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