Die Handlungsprogramme der Bundesagentur für Arbeit zur Integration junger Menschen

HANDLUNGSPROGRAMME DER BA ZUR INTEGRATION JUNGER MENSCHEN Auszüge aus einem Beitrag von Siglinde Bohrke-Petrovic: “ * Konzeptionelle und pädagogische Ansätze im SGB II und im SGB III Die Beratungsangebote der Bundesagentur für Arbeit zur Vermittlung von Ausbildung und Arbeit stehen zwischen der Wahrung der in Artikel 12 des Grundgesetzes garantierten freien Berufswahl und der Forderung, in Zeiten knapper Ausbildungs- und Arbeitsplätze für einen Marktausgleich zu sorgen. An die Bundesagentur werden Interessen der Einzelnen, der Wirtschaft und der Politik herangetragen. Wie kann Beratung in dieser Situation konstruktiv gestaltet werden? Der nachfolgende Artikel befasst sich mit den Konzepten und möglichen Auswirkungen der im Planungsstadium befindlichen Veränderungsprozesse speziell aus dem Blickwinkel der jungen Menschen. In der Bundesagentur für Arbeit wurden in den vergangenen Jahren Überlegungen diskutiert, wie ein hohes Qualitätsniveau in der Beratung und Vermittlung sichergestellt werden kann. Entsprechende Konzepte wurden für den Erwachsenenbereich entwickelt, erprobt und aktuell flächendeckend eingeführt. Sie gründen auf weitgehend standardisierten Verfahren, setzen eine Standortbestimmung des Kunden, der Kundin voraus und legen dann strukturierte Abläufe im Sinne von Handlungsprogrammen fest. * Grundüberlegungen für die Einführung der Handlungsprogramme Die Grundidee der Handlungsprogramme besteht darin, ein hohes Qualitätsniveau in der Aufgabenerledigung und eine Vergleichbarkeit erbrachter Dienstleistungen sicherzustellen. Gerade der letzte Punkt war in der Vergangenheit immer wieder Anlass für Verärgerung, weil sehr stark personenabhängig war, wie viel Unterstützung und Hilfestellung der einzelne Kunde erhalten hat. Mit den Handlungsprogrammen soll ein Höchstmaß an Transparenz herbeigeführt werden, sowohl für den Kunden als auch für den Mitarbeiter. Dabei geht es auch um einen Ressourcen schonenden Einsatz der individuellen und institutionellen Mittel, um Effizienz und Effektivität. … * Handlungsprogramme für den Personenkreis der unter 25-Jährigen Ausgehend von einer Standortbestimmung, konkret einem Abgleich statistischer Daten mit den individuellen Personenmerkmalen, soll in Zukunft ein Softwareprogramm die Zuordnung zur Arbeitsmarktnähe dieser Person übernehmen. Dabei werden vier Gruppen identifiziert. Die Differenzierung in vier Kundengruppen beruht im Wesentlichen auf der Einschätzung von Motivation, Nähe der Qualifikation (in der Regel nach Bildungsabschluss) zum Ausbildungsbeziehungsweise Arbeitsmarkt sowie auf festgestellten Hemmnissen. Aus diesen Erhebungen leitet sich der „Handlungsbedarf“ auf den Dimensionen „Fördern und Fordern“ jeweils individuell ab. In dem Segment „Marktkunde“ befinden sich diejenigen Jugendlichen, die über einen guten Schulabschluss verfügen und damit gute Realisierungsmöglichkeiten auf dem Ausbildungs- beziehungsweise Arbeitsmarkt haben, motiviert sind und keine weiteren Vermittlungshemmnisse aufweisen. Zu den „Beratungskunden – Aktivieren“ werden solche gerechnet, die über ein angemessenes Qualifikationsprofil verfügen und keine weiteren Hemmnisse für die Vermittlung aufweisen. Bei ihnen rühren die Schwierigkeiten aus den ungünstigen Marktbedingungen und der möglicherweise ungünstigen Motivation. Bei den „Beratungskunden – Fördern“ gilt es, das vorhandene Engagement zu erhalten und die Qualifikation durch den Besuch von beispielsweise berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen zu verbessern, um so mögliche Hemmnisse zu beseitigen, die bisher einer Einmündung auf den Ausbildungsmarkt entgegenstehen. Die Gruppe „Betreuungskunden“ vereinigt mehrere ungünstige Merkmale, wie zum Beispiel mangelndes Engagement und schwache Qualifikation sowie eine schwierige Arbeitsmarktsituation, man spricht von multiplen Vermittlungshemmnissen. * Unterschiede zu den Handlungsprogrammen für Erwachsene Im Unterschied zur Implementierung der Handlungsprogramme im Erwachsenenbereich gibt es einen wesentlichen Unterschied für die jungen Menschen unter 25 Jahren. Bei ihren findet eine Differenzierung im obigen Sinne nur dann statt, wenn sie als Bewerber für eine duale Ausbildung – betriebliche Ausbildung mit den beiden Lernorten Betrieb und Berufsschule – für eine Vermittlung vorgesehen werden wollen. Dies trifft für rund 60 Prozent aller Kunden unter 25 Jahren zu. Allen Ausgangssituationen gemeinsam ist zunächst der Gesprächseinstieg über die Beratung, das individuelle Gespräch beim Berater, der Beraterin. … Geht es um das Treffen von Entscheidungen, das Abwägen von beruflichen oder schulischen Alternativen oder um die Suche nach einer Ausbildungsstelle im dualen System, so erhält die Person ein Beratungsgespräch. In diesem werden unterschiedliche Strategien beschritten, die letztendlich in der Vermittlung einer dualen Ausbildung gipfeln können. Erst dann wird eine Differenzierung in die oben bereits beschriebenen Kundengruppen vorgenommen. … * Aktueller Stand der Umsetzung Beratung wird auch in Zukunft weiterhin ohne Standardisierung angeboten. Es besteht ein Rechtsanspruch auf Beratung nach dem Sozialgesetzbuch III. Im Sinne des § 29, Abs. 2 SGB III richten sich Art und Umfang der Beratung am Beratungsbedarf des einzelnen Ratsuchenden aus. Die Grundsätze aus § 30 SGB III gelten fort und sehen vor, dass „ (…) bei der Berufsberatung Eignung, Neigung und Leistungsfähigkeit der Ratsuchenden sowie die Beschäftigungsmöglichkeiten zu berücksichtigen sind“. Die individuelle Sichtweise bildet, wie vom Gesetzgeber vorgegeben, weiterhin die Gesprächsgrundlage der beiden Partner und der in bestimmten Fällen beteiligten Erziehungsberechtigten. … Bei den weiteren Schritten muss berücksichtigt werden, dass der Rat der Europäische Union in seinem Memorandum zur lebensbegleitenden Beratung in Europa 2004 darauf hingewiesen hat, dass gerade für die Jugendlichen „niedrigschwellige“ Beratungsangebote vorgehalten und entwickelt werden müssen. Diese Forderungen hat die Bundesagentur für Arbeit für ihren Bereich übernommen, indem sie 2004 die Plattform unterschrieben hat. Dieser Hinweis erscheint besonders wichtig im Hinblick darauf, dass es noch reichlich Handlungsbedarf für die Zukunft gibt, diese EU-Auflagen zu erfüllen. Gerade auch die Verbände, die sich dem Wohl der Jugendlichen verpflichtet fühlen, sollten besonderen Wert auf die Einhaltung der obigen Verpflichtungen legen. Die Entscheidungsfähigkeit des Jugendlichen wird, zumindest auf dem Papier, nicht angetastet. Voraussetzung ist jedoch, dass der Berater kundenorientiert und im Sinne des im Grundgesetz festgeschriebenen Rechts auf freie Berufswahl handelt. … * Ausblick Für Beratung, Vermittlung und Integration im Rahmen des SGB II für junge Menschen unter 25 Jahren gibt es offiziell keine Tendenzen oder bereits sichtbare Belege für entsprechende Vorhaben in Richtung Standardisierung. Augenblicklich ist der Tenor wohl eher, dass es bei dieser Personengruppe nicht angezeigt sein kann, statistische Verfahren zur Grundlage für spezielle Zuordnungen zu machen, da die jungen Menschen häufig keine formalen Qualifikationen vorweisen können, die für eine Einschätzung bezüglich des Arbeitsmarktes relevant sein könnte. Das soll nicht heißen, dass eventuell nicht doch schon etwas in den Schubladen „lauert“. “ Siglinde Bohrke-Petrovic (Dozentin an der Fachhochschule des Bundes, Fachbereich Arbeitsverwaltung in Mannheim mit den Lehrgebieten Beratung, Vermittlung und Fallmanagement in der Beschäftigungsförderung)

Quelle: http://www.sozialextra.de

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