Arbeitslosigkeit bekämpft man am besten im Kindergarten

ARBEITSLOSIGKEITE BEKÄMPFT MAN AM BESTEN IM KINDERGARTEN Auszüge aus einem Handelsblatt-Beitrag: “ Wer Produktivität und Beschäftigungschancen von Niedrigqualifizierten verbessern will, kann damit gar nicht früh genug anfangen, … . Je jünger der Adressat, desto größer die Chancen auf Besserung und desto höher die soziale Rendite. Förderprogramme sollten daher am besten schon im Kleinkindalter ansetzen. Sozialhilfe vererbt sich – zu dieser Erkenntnis sind Wirtschaftsforscher und Soziologen in Deutschland schon vor längerer Zeit gekommen. Drei von zehn jungen Erwachsenen, deren Eltern bereits Sozialhilfe bezogen haben, sind selbst auf diese staatliche Unterstützung angewiesen. Auch Schulwahl und Schulerfolg hängen vom Elternhaus ab: … Geringqualifizierte sind die größte Problemgruppe auf dem Arbeitsmarkt. Und allen Prognosen zufolge werden sich ihre Beschäftigungsmöglichkeiten weiter verschlechtern. Was kann die Politik gegen die Misere unternehmen? Ein interdisziplinäres Forscherteam aus Ökonomen, Psychologen, Neurobiologen und Verhaltenswissenschaftlern … haben Antworten auf diese Frage aus ihren jeweiligen Disziplinen zusammengetragen. Zwar bezieht sich die Untersuchung auf die Situation in den USA, doch die meisten Erkenntnisse sind grundsätzlicher Natur, so dass eine Übertragung auf andere Länder möglich ist. Die Botschaft ist klar: Fördermaßnahmen für ältere Jugendliche und Erwachsene haben oft wenig Aussicht auf Erfolg. Wer Produktivität und Beschäftigungschancen von Niedrigqualifizierten verbessern will, kann damit gar nicht früh genug anfangen. … Die dahinter liegende Argumentationskette stützt sich auf Erkenntnisse aus allen vier Fachrichtungen. Menschen mit niedriger Motivation und Sozialkompetenz sowie schlechter Ausbildung kommen oft aus ärmlichen Verhältnissen. Ihre Eltern sind zudem eher ungebildet, haben oft psychische Probleme und vernachlässigen ihre Kinder. Bereits im Kindesalter werden die Weichen dafür gestellt, wie motiviert und leistungsfähig ein Mensch im produktiven Alter sein wird. Da dies später nur noch äußerst schwer zu revidieren ist, sollten Fördermaßnahmen vor allem in dieser kritischen Phase ansetzen. … Die Neurobiologie hat eine Hierarchie der kognitiven, sprachlichen, emotionalen und sozialen Fertigkeiten nachgewiesen. Diese bauen auf sehr früh erworbenen Grundfähigkeiten auf und können ohne diese kaum umfassend erlernt werden. Die Erfahrungen, die ein Mensch macht, wenn die für eine spezifische Fertigkeit nötigen neuronalen Netze erstmals ausgebildet werden, sind besonders prägend. Später können die Nervenverbindungen, die sich im Gehirn für die jeweiligen Aufgaben entwickelt haben, zwar noch in Grenzen revidiert werden – mit zunehmendem Alter ist dies aber kaum mehr möglich. Langzeitstudien belegen die Wirksamkeit von frühkindlicher Förderung empirisch. So bekamen in den USA bei einem Modellversuch Vorschulkinder aus Problemfamilien gut ein halbes Jahr lang speziellen Unterricht. Wissenschaftler verglichen über mehrere Jahrzehnte deren Werdegang mit dem einer Kontrollgruppe, die nicht an dem Programm teilnahm. Sie stellten fest: Wer die Förderung bekam, erzielte einen besseren Bildungsabschluss, bezog einen höheren Lohn, besaß häufiger ein eigenes Haus, war seltener auf Sozialhilfe angewiesen und landete weniger häufig im Gefängnis. Die Wissenschaftler beziffern diese so genannte ’soziale Rendite‘ des Vorschulprogramms auf 17 Prozent. Initiativen, die schon im Säuglingsalter ansetzen, sind möglicherweise noch effektiver, zeigt die noch laufende Evaluierung eines Förderprogramms für Unterschichtkinder im Alter von vier Monaten bis acht Jahren. Die ersten Kinder, die in den Genuss dieser Förderung kamen, sind heute 21 Jahre alt – und haben dauerhaft einen höheren Intelligenzquotienten als Altersgenossen, die im gleichen Umfeld aufgewachsen sind und nicht gefördert wurden. Da die Probanden erst am Anfang ihres Berufslebens stehen, konnte die soziale Rendite des sehr viel aufwendigeren Programms allerdings noch nicht ermittelt werden. Nimmt man die Ergebnisse der Wissenschaft ernst, sind die Schlussfolgerungen klar: Wer Arbeitslosigkeit bekämpfen will, sollte mehr für Kinder aus problematischen Milieus tun. Sie sollten möglichst früh Betreuungsangebote erhalten, die die Defizite im häuslichen Umfeld auszugleichen helfen.“ Von Norbert Häring, Frankfurt

http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=301104&_t=ft&_b=1127351

Quelle: GIB Newsletter Nr. 129

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