GESCHLECHTERGERECHTIGKEIT IM AUSBILDUNGSSYSTEM Auszüge aus der Antwort der Bundesregierung: „Vorbemerkung der Fragesteller Frauen sind bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz und während der Ausbildung benachteiligt. Ferner ist nur etwa ein Zehntel der Ausbildungsberufe paritätisch mit Frauen und Männern besetzt in allen übrigen Berufen ist eine deutliche Orientierung von Frauen und Männern auf vermeintlich geschlechtstypische Bereiche abzulesen. In den klassischen oft schlechter bezahlten „Frauenberufen“ ist während der Ausbildung auch das Ausbildungsgehalt geringer. Teilweise ist es so niedrig, dass die Betroffenen kaum ohne zusätzliche finanzielle Unterstützungen auskommen (vgl. 1. Datenreport zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland, S. 52). Die schulische Vollzeitausbildung wird vor allem in den klassischen Frauenberufen durchgeführt – ohne Ausbildungsvergütung und teilweise mit Gebühren verbunden. Ein weiteres Problem junger Frauen in der Ausbildung sind fehlende Unterstützung und Beratung im Fall einer Schwangerschaft. In den letzten Jahren haben sich die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Ausbildung verschärft. Lösungsvorschläge der Bundesregierung sind nicht bekannt. Vorbemerkung der Bundesregierung Die Bundesregierung kann in Anbetracht des differenzierten Angebots an Ausbildungsmöglichkeiten keine Geschlechterdiskriminierung feststellen. … Bei der Wahl der Ausbildungsberufe zeigen sich geschlechtsspezifische Präferenzen: Zu den zehn von jungen Frauen bevorzugten Ausbildungsberufen zählen vor allem kaufmännische Berufe, das Friseurhandwerk sowie die Berufe der medizinischen bzw. zahnmedizinischen Fachangestellten. Bei den jungen Männern sind es überwiegend technische und handwerkliche Berufe. Mädchen und junge Frauen entscheiden sich traditionell zu einem hohen Anteil für Berufe im Bereich des Gesundheitswesens … sowie für erzieherische Berufe, die nur in vollzeitschulischer Form vermittelt werden. Ein großer Prozentsatz der Mädchen und jungen Frauen erwirbt eine Hochschulzugangsberechtigung und beginnt ein Studium. Der Frauenanteil bei den Studienanfängern bewegt sich seit 1998 um die 50-Prozent-Marke. … Aus Sicht der Bundesregierung sind Maßnahmen und Initiativen notwendig, um das tradierte, primär geschlechtsspezifische Berufswahlverhalten der Jugendlichen zu verändern und auf eine Erweiterung des Berufswahlspektrums von jungen Frauen und Männern insgesamt hinzuwirken. Eine Voraussetzung hierfür ist die Analyse der geschlechtsspezifischen Einflussfaktoren auf die Berufswahlentscheidung. Mit der Bekanntmachung „Frauen an die Spitze“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung … vom 30. Juni 2006 sollen noch offene Fragestellungen insbesondere in den Bereichen Berufswahlverhalten, Karriereverläufe und Motivationshintergründe für Karriereausstiege sowie Einfluss von Organisationsstrukturen gezielt angegangen werden. 1. a) Welche Priorität hat der Abbau geschlechtsspezifischer Ungleichheit in der beruflichen Erstausbildung für die Bundesregierung (bitte mit Begründung)? b) Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung in den letzten Monaten und speziell für das jetzt beginnende Ausbildungsjahr auf den Weg gebracht, um geschlechtsspezifische Benachteiligungen in der beruflichen Erstausbildung abzubauen? … Primäres Ziel der Berufsbildungspolitik der Bundesregierung ist es daher, möglichst allen ausbildungswilligen und -fähigen Jugendlichen die Chance zu eröffnen, mit einer arbeitsmarktverwertbaren Ausbildung den Start in das Berufsleben zu beginnen. Dazu gehören neben der Bereitstellung eines ausreichenden Ausbildungsplatzangebotes auch Maßnahmen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen, um sowohl leistungsstarken Jugendlichen als auch Jugendlichen mit schlechteren Startchancen eine zukunftsorientierte Berufsausbildung zu ermöglichen. Die Aufnahme einer dualen Berufsausbildung basiert auf dem privatrechtlichen Ausbildungsvertrag zwischen einem Jugendlichen und dem Ausbildungsbetrieb. … Um das Berufswahlspektrum von Mädchen zu erweitern, hat die Bundesregierung neben dem Girls’ Day – Mädchen-Zukunftstag eine Reihe von weiteren Maßnahmen wie JobLab (ein multimediales Planspiel zur Berufsfindung), Roberta (Roboterkurse für Mädchen zur Verbesserung von Unterrichtsinhalten) und LizzyNet (Internetplattform für Schülerinnen) ergriffen. … Bei diesen Aktivitäten muss jedoch bedacht werden, dass es sich bei der Änderung von traditionellen Einstellungen zu Berufen um langfristige Prozesse handelt. Rasche Veränderungen sind daher nicht zu erwarten. Ein positiver Trend ist aber für die letzten Jahre zu verzeichnen. So ist z. B. seit 1993 ein Aufwuchs des Frauenanteils bei den Studierenden im Maschinenbau von 10 Prozent auf knapp 17 Prozent (2004) und in der Elektrotechnik von 4 Prozent auf gut 8 Prozent (2004) zu verzeichnen. … 3. a) Welche Maßnahmen der Bundesagentur für Arbeit, die darauf zielen, vorhandenen traditionellen Geschlechterbildern ihrer Berufsberaterinnen und -berater entgegenzuwirken, sind der Bundesregierung bekannt? … c) Welche ergänzenden Maßnahmen sind von Seiten der Bundesregierung für die Weiterentwicklung der Beratungstätigkeit der Bundesagentur für Arbeit im Hinblick auf geschlechtsspezifische Stereotype und Benachteiligungen geplant? Bei den Leistungen der Arbeitsförderung gemäß dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), zu denen auch die Berufsberatung zählt, verfolgt die Bundesagentur für Arbeit entsprechend ihrer gesetzlichen Verpflichtung die Gleichstellung von Frauen und Männern als durchgängiges Prinzip (§ 1 Abs. 1 Satz 3 SGB III). In jeder Agentur für Arbeit gibt es gemäß § 385 SGB III hauptamtliche Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie externe Partner in Bezug auf wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Strategien informieren und beraten. Die Bundesagentur für Arbeit ist zudem Gründungsmitglied des Vereins „Kompetenzzentrum Technik, Diversity und Chancengleichheit“, … Im Rahmen der Berufsorientierung und -beratung trägt die Bundesagentur für Arbeit mit ihren Veröffentlichungen und mit der Arbeit der Berufsberaterinnen und Berufsberater in den einzelnen Agenturen für Arbeit dazu bei, dass junge Menschen ihr Berufswahlspektrum über die klassischen geschlechterspezifischen Berufe hinaus erweitern. … Schülerinnen und Schüler werden angeregt, sich mit allen Ausbildungsangeboten zu befassen und sich nicht unnötig früh einzuschränken. Bei der Ausbildungsvermittlung werden die Jugendlichen geschlechtsunabhängig für den Ausbildungsberuf vorgemerkt, den sie erlernen möchten und für den sie geeignet sind. … Regelmäßig sind die Themen „Berufswahlverhalten junger Frauen“ und „Umsetzung der Chancengleichheit von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt“ Gegenstand fachlicher Informationen für Beraterinnen und Berater. Ab Herbst 2006 steht für die Beratungs- und Führungskräfte ein Schulungsmodul „Gender Mainstreaming“ zur Verfügung. Ergänzend zur Qualifizierung wird zur Sicherung der Nachhaltigkeit gezielte genderorientierte Begleitung der Mitarbeiter organisiert. …. 6. a) Wie bewertet die Bundesregierung die Konzentration auf wenige Ausbildungsberufe unter jungen weiblichen Auszubildenden? b) Stimmt die Bundesregierung der These des „1. Datenreport zur Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesrepublik Deutschland“ zu, dass sich durch die Konzentration der weiblichen Auszubildenden auf wenige Ausbildungsberufe die Übernahmechancen von diesen Auszubildenden verringern? Falls ja, welche Maßnahmen ergreift die Bundesregierung – jenseits des Girls’ Day –, um eine Erweiterung des Berufswahlspektrums von jungen Frauen und Männern zu erreichen? Falls nein, warum nicht? Die unterschiedliche Konzentration von Frauen und Männern auf einzelne Ausbildungsberufe … spiegelt sicherlich die unterschiedlichen Ausbildungswünsche von jungen Frauen bzw. Männern wider. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich Jugendliche primär an dem auf dem regionalen Ausbildungsmarkt verfügbaren Angebot an Ausbildungsplätzen orientieren und sich somit vielfach für Ausbildungsberufe entscheiden, in denen auch eine entsprechend große Anzahl von Ausbildungsplätzen angeboten wird. … Die in dem Datenreport zitierte Erhebung wurde 1999/2000 vom Bundesinstitut für Berufsbildung durchgeführt (Stichprobengröße: 3 671). Von den betrieblich Ausgebildeten erhielten 74,5 Prozent der männlichen Absolventen ein Übernahmeangebot, bei den weiblichen Befragten waren es 69,5 Prozent. Der Datenreport führt zu den weiteren Beschäftigungsperspektiven ein Jahr nach der Ausbildung aus: „Trotz der selteneren Übernahmeangebote …, haben Absolventinnen aus dualer Ausbildung im Hinblick auf die Einmündung als Fachkraft rund ein Jahr nach der Ausbildung mit den männlichen Fachkräften gleichgezogen.“ Insofern haben Frauen keine schlechteren Übernahmechancen. Die Ergebnisse des IAB-Betriebspanels zeigen, das im Jahr 2005 rund 54 Prozent der Auszubildenden, die ihre Ausbildung mit Erfolg beendet haben, von ihren Ausbildungsbetrieben anschließend in ein Beschäftigungsverhältnis übernommen wurden. Die fehlende direkte Übernahme von Ausbildungsabsolventinnen und Absolventen ist in erster Linie darauf zurückzuführen, dass die Betriebe (rund 33 Prozent) von vorneherein über Bedarf ausbilden. … 8. a) Stimmt die Bundesregierung der These zu, dass der Anstieg an Ausbildungsverträgen vor allem jungen Männern zugute kommt? Falls ja, was unternimmt sie, um diese Benachteiligung von Frauen abzubauen? Falls nein, warum nicht? b) Worin könnten nach Ansicht der Bundesregierung die Ursachen dafür liegen, dass 79 Prozent der zusätzlich abgeschlossenen Ausbildungsverträge im Jahr 2004 durch junge Männer und nur 21 Prozent durch junge Frauen abgeschlossen wurden? Im Zeitraum vom 1. Oktober 2003 bis zum 30. September 2004 wurden 572 980 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Dies waren rund 15 300 Verträge mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Im Berufsbildungsbericht 2005 wurde aufgezeigt, dass von diesem Zuwachs bei den neuen Ausbildungsverträgen zu 78,5 Prozent junge Männer und nur 21,5 Prozent junge Frauen profitiert haben. Hierfür können verschiedene Ursachen als Erklärung herangezogen werden, die zum Teil auch außerhalb der dualen Ausbildung liegen: Der Wunsch, einen schulischen Beruf in einer Berufsfachschule oder Schulen des Gesundheitswesen erlernen zu wollen, ist bei Mädchen und jungen Frauen seit langem überproportional hoch ebenso war in diesem Jahr eine weiterhin hohe Studierneigung junger Frauen zu verzeichnen (vgl. Berufsbildungsbericht 2005, Teil II, Kapitel 1.1.1). Betrachtet man für die letzten Jahre den Frauenanteil an den neu abgeschlossenen Ausbildungsverträgen bzw. an der Gesamtzahl der Auszubildenden, so lag dieser im Durchschnitt bei 42 bis 43 Prozent. Dieser Anteil ist nicht auf geschlechtsspezifische Diskriminierungen zurückzuführen, sondern auf im Vergleich zu jungen Männern abweichende Berufswahlentscheidungen. …. 10. a) Welche Maßnahmen wird die Bundesregierung zur besseren beruflichen Integration von Absolventinnen und Absolventen außerbetrieblicher Ausbildungen ergreifen (hier bitte insbesondere auf die Situation von jungen Frauen eingehen)? b) Wann ist mit diesen Maßnahmen seitens der Bundesregierung zu rechnen? Das Arbeitsförderungsrecht sieht beim Übergang von der Ausbildung in den Beruf eine umfassende Unterstützung vor. Diese erhalten auch Absolventinnen und Absolventen einer außerbetrieblichen Ausbildung. Bereits frühzeitig vor Ende der Ausbildung führen die Beraterinnen und Berater der Arbeitsagenturen mit den Absolventinnen und Absolventen Beratungsgespräche durch und leiten zeitnah Vermittlungsbemühungen ein. Auf der Grundlage eines aussagefähigen persönlichen Profils, das die Beurteilungen durch den Bildungsträger berücksichtigt, werden alle Unterstützungsangebote nach Erfordernis des Einzelfalls genutzt. In der Eingliederungsvereinbarung wird das Integrationsziel festgelegt und die Pflichten der Bewerberinnen und Bewerber sowie der Agentur für Arbeit werden verbindlich festgeschrieben. Die Einhaltung dieser Vereinbarung und damit auch der Verlauf des Vermittlungsprozesses werden durch regelmäßige Kontaktpflege kontinuierlich überprüft und fortgeschrieben. Bei Nichterreichen des vereinbarten Ziels wird die individuelle Planung angepasst. Der Erfolg von Vermittlungsbemühungen wird jedoch auch von konjunkturellen und strukturellen Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und dem Einstellungsverhalten der Betriebe bestimmt.Die Thematik wird außerdem im Innovationskreis Berufliche Bildung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung behandelt. … 16. a) Warum werden im jährlichen Berufsbildungsbericht nicht alle Statistiken, getrennt nach Geschlecht, ausgeführt? b) Plant die Bundesregierung Maßnahmen zu ergreifen, damit sich dieses im nächsten Berufsbildungsbericht ändert? Die wesentlichen Statistiken und Datenquellen, die bei der Analyse der Entwicklung auf dem Ausbildungsstellenmarkt bzw. der des Berufsbildungssystems herangezogen werden, enthalten geschlechtsspezifische Angaben. Dies gilt für die verschiedenen Merkmale, die gemäß § 88 BBiG im Rahmen der jährlich vom Statistischen Bundesamt durchzuführenden Bundesstatistik erhoben werden. Die Erhebung des Bundesinstituts für Berufsbildung bei den zuständigen Stellen über die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge erfasst seit 2002 auch das Geschlecht der Auszubildenden, die einen neuen Ausbildungsvertrag abschließen. Ebenso enthalten die Beschäftsstatistiken der Bundesagentur für Arbeit oder die Schulstatistiken der Länder geschlechtsspezifische Angaben. Darüber hinaus enthält der Berufsbildungsbericht zum Teil in Tabellen ausgewiesene Schätzungen oder Berechnungen, zum Beispiel bei der Ermittlung der betrieblichen bzw. mit überwiegend öffentlichen Mitteln finanzierten Ausbildungsverträge, für die eine Differenzierung nach Geschlecht keine zusätzlichen Informationen liefern würde oder zum Teil auch nicht möglich ist. “ Den Volltext des Dokuments entnehmen Sie bitte dem Anhang.
http://dip.bundestag.de/parfors/parfors.htm
Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages
Dokumente: Antwort_der_Bundesregierung_GeschlechterGerechtigkeit_im_Ausbildungssystem.pdf