Katholische Jugendsozialarbeit entschlossen gegen Rechtsextremismus

ENTSCHLOSSEN GEGEN RECHTSEXTREMISMUS BESCHLUSS DER MITGLIEDERVERSAMMLUNG Die Mitgliederversammlung der BAG KJS hat am 16.11.2006 in Bonn Stellung bezogen anlässlich der Entwicklung und Umsetzung des neuen Programms zur Förderung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie. Die Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt gehört zu den wesentlichen Grundhaltungen und zum Selbstverständnis der Jugendsozialarbeit in katholischer Trägerschaft. Um der rechten Ideologie den Nährboden zu entziehen, bedarf es langer, geduldiger und qualifizierter Arbeit im politischen, medialen und Bildungsbereich. Rechtsextremismus darf nicht länger als Jugendproblem, sondern muss als gesamtgesellschaftliche Herausforderung verstanden werden. Die Träger und Einrichtungen der Jugendsozialarbeit sind bei der Entwicklung und Diskussion zukünftiger Programme und Projektkonzeptionen einzubeziehen. Es gilt flexible Programme für die Förderung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie zu schaffen und zivilgesellschaftliche Netzwerke – insbesondere in ländlichen Gebieten – zu fördern, um Ressourcen und Akteure vor Ort entsprechend unterstützen zu können. Die Stellungnahme der Mitgliederversammlung der BAG KJS vom 16.11.2006 anlässlich der Entwicklung und Umsetzung des neuen Programms zur Förderung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie im Wortlaut “ Vorbemerkung: Das rechtsextreme Potenzial hat sich trotz der Anstrengungen von Politik und Zivilgesellschaft in den letzten Jahren auf besorgniserregendem Niveau stabilisiert. Abgesehen von den gewalttätigen Übergriffen, ist vor allem die gelungene Verankerung rechtsextremer Organisationen in den sozialen und politischen Strukturen vor Ort und der Imagewechsel rechtsextremer Parteien und Organisationen in einigen Gegenden, in denen sie inzwischen als akzeptable Partner auftreten, beunruhigend. Es existieren inzwischen deutschlandweit etablierte Organisationen, Parteien und Kameradschaften, die mehr oder weniger organisiert recht wirksam versuchen, ihre Vorstellungen von gesellschaftlicher, sozialer und staatlicher Ordnung umzusetzen. Entgegen der öffentlichen Wahrnehmung haben sich rechtsextreme Organisationen und Schlüsselpersonen inzwischen vielfältig und modern aufgestellt und präsentieren sich innovativ mit dem Ziel, neue Anhänger und Mitglieder für ihre Ideen zu gewinnen. Rechtsextremismus hat dann keine Chance, wenn zivilgesellschaftliches Engagement und demokratische Mitgestaltung in der konkreten Alltagspraxis einer Gesellschaft stattfinden. Rechtsextremes Gedankengut durchzieht alle Altersgruppen – es als Jugendproblem herabzustufen ist nicht nur verharmlosend, sondern auch gefährlich, da die Gesellschaft auf neuere auftauchende Phänomene häufig nicht adäquat vorbereitet ist: • Rechtsextreme Eltern treten in Elternverbände, Schulternverbände und sonstige Beiräte ein und versuchen dort, ihre Interessen gezielt durchzusetzen • Rechtsextreme Mütter gründen eigene Krabbelgruppen und erziehen ihre Kinder auf diese Weise im Sinne des „nationalen Widerstandes“ fernab der demokratischen Gesellschaft • Ratsuchende Eltern finden es in Ordnung, dass ihre männlichen Kinder „national“ eingestellt sind – nur auf die Gewalt sollten sie doch bitte verzichten • Rechtsextreme Unternehmer unterstützen örtliche Kameradschaften und verschaffen rechtsextrem orientierten Jugendlichen Ausbildungsplätze • In strukturschwachen Gebieten bieten die NPD oder andere rechtsextrem orientierte Vereine Freizeitangebote für Schüler und junge Erwachsene an • Insbesondere in ländlichen Regionen herrscht weit verbreitet ein eher diffuses Demokratieverständnis, das es Rechtsextremen einfach macht, Sympathisanten zu gewinnen Die Bedeutung von Jugendsozialarbeit als pädagogisches und soziales Auffangsystem ist in den letzten Jahren beständig gewachsen. Die Bekämpfung von Rechtsextremismus, Rassismus und Gewalt gehört zu den wesentlichen Grundhaltungen und zum Selbstverständnis der Jugendsozialarbeit in katholischer Trägerschaft. Um der rechten Ideologie den Nährboden zu entziehen, bedarf es langer, geduldiger und qualifizierter Arbeit im politischen, regionalen, medialen und Jugendbildungsbereich. Die BAG KJS fordert von den politisch Verantwortlichen: 1. Rechtsextremismus nicht länger als Jugendproblem, sondern als gesamtgesellschaftliche Herausforderung zu verstehen. 2. sich klar gegen Rechtsextremismus zu positionieren sowie die Zusammenarbeit mit rechtsextremen Gruppierungen und Parteien auf jeder Ebene weiterhin abzulehnen 3. eine Einbindung der Jugendsozialarbeit bei der Entwicklung und Diskussion zukünftiger Programme und Projektkonzeptionen, um politische Verantwortungsübernahme zu fördern 4. bürgernahe Strukturen zu garantieren, die transparente und demokratische Entscheidungsprozesse ermöglichen, in denen sich die Bürgerinnen und Bürger als aktiv Handelnde in einer demokratischen Gesellschaft erleben können 5. flexible Programme für die Förderung von Vielfalt, Toleranz und Demokratie, die die Erprobung und Evaluierung unterschiedlicher Aspekte und Herangehensweisen an die Thematik ermöglichen 6. die finanzielle Unterstützung von zivilgesellschaftlichen Netzwerken, um Ressourcen und Akteure vor Ort entsprechend zu unterstützen. 7. die Schaffung und Unterstützung verlässlicher Personal- und Infrastrukturen, um insbesondere in den ländlichen Räumen des Landes eine eindeutig identifizierbare demokratische Gegenkultur zu rechtsextremen Ideologien zu schaffen 8. Jugendsozialarbeit, Jugendarbeit und politische Bildung, die die Bildung selbstständig handelnder und mündiger Menschen sowie die Vermittlung von Werten zu ihrem Ziel haben, weiter zu entwickeln und finanziell und personell verlässlich zu fördern 9. Jugendlichen mit Migrationshintergrund durch den Abbau diskriminierender Strukturen und die Forderung nach interkultureller Öffnung auf allen Ebenen einen angemessenen und gleichberechtigten Platz in unserer Gesellschaft zu ermöglichen 10. die gleichberechtigte Teilhabe an Bildung für alle jungen Menschen als Ausgangslage für ein demokratisches Wertebewusstsein und Chancengleichheit in der Gesellschaft zu garantieren Deshalb fordern die Mitgliedsorganisationen in der BAG KJS die Unterstützung der Bundesregierung durch die Bereitstellung eines entsprechenden Bundesprogramms „Jugend für Vielfalt, Toleranz und Demokratie – gegen Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit und Antirassismus“, das eingebettet ist in ein Bündel von politischen Maßnahmen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit. “ Bonn, 16.11.2006 gez. Pater Franz Ulrich Otto SDB Vorsitzender

Quelle: BAG KJS

Dokumente: Beschluss_Rechts_MV_BAGKJS_11_06_doc.pdf

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