VIELE KÖNNEN NOCH GAR NICHT AKTIVIERT WERDEN Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit hat in einer seiner aktuellen Analysen junge Erwachsene im Rechtskreis des SGB II besonders in den Blick genommen. Hilfebedürftigkeit kann bei jungen Erwachsenen aus unterschiedlichen Gründen entstehen. Bei vielen ist Arbeitslosigkeit ausschlaggebend, oftmals im Zusammenhang mit Qualifikationsdefiziten. Fast ebenso viele sind aber noch in der Schule, in der Ausbildung oder betreuen kleine Kinder. Bei diesen ist eher die Bedürftigkeit der Eltern oder des Lebenspartners die Ursache des Leistungsbezugs. Ein großer Teil der jungen Erwachsenen, die Anfang 2005 Leistungen nach SGB II bezogen haben, kann keine Bildungszertifikate vorweisen: Rund ein Fünftel der 18- bis 24-Jährigen besitzt nach Ende der allgemeinen Schulzeit keinen Abschluss. Drei Viertel haben bislang noch keinen Ausbildungsabschluss. Auszüge aus dem IAB-Kurzbericht “ Jugendliche und junge Erwachsene sind in der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) als besondere Zielgruppe definiert. Dies wurde damit begründet, dass gerade bei dieser Gruppe die Qualifizierung verbessert und der Weg zum Arbeitsmarkt geebnet werden müssten, um späterer Hilfebedürftigkeit vorzubeugen. Sind junge SGB II-Leistungsbezieher zwischen 18 und 24 Jahren tatsächlich durchgängig qualifikationsarm und arbeitsmarktfern?… Angesichts der schwerwiegenden Arbeitsmarktprobleme junger Erwachsener gerät mitunter jedoch aus dem Blick, dass in vielen Fällen die Hilfebedürftigkeit auf andere Gründe als auf die eigenen Arbeitsmarktprobleme zurückgeht. Annahmen des Gesetzgebers … Der Gesetzgeber ging davon aus, dass Qualifikationsdefizite und daraus resultierende Arbeitsmarktprobleme zentrale Gründe für die Hilfebedürftigkeit von Jugendlichen sind. Um ein von sozialstaatlichen Unterstützungsleistungen unabhängiges Leben führen zu können, sollen sie deshalb vorrangig durch Qualifizierung in die Lage versetzt werden, auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu sein. Daneben wurde im Gesetzgebungsverfahren angenommen, dass jüngere Personen häufig auch aus verhaltensbedingten Gründen arbeitslos und hilfebedürftig bleiben, beispielsweise aufgrund von Motivationsmängeln. Ein Leben im Hilfebezug in jungen Jahren könne diese Probleme sogar noch verstärken, weshalb die angestrebte Vermittlung auch eine „Gewöhnung an den Bezug von Sozialleistungen“ vermeiden soll. Unterqualifiziert, arbeitslos und schlecht motiviert – diesen Personenkreis hatte der Gesetzgeber im Auge. Doch gerade bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sollte nicht übersehen werden, dass man nicht arbeitslos zu sein braucht, um Arbeitslosengeld II zu beziehen. Da es sich um eine Fürsorgeleistung für erwerbsfähige Personen handelt, kann man es auch dann erhalten, wenn man zum Beispiel noch zur Schule geht oder erwerbstätig ist. Gerade jüngere Personen, die sich in Ausbildung befinden, haben häufig ein geringes Einkommen. Sie sind auf Zuschüsse anderer angewiesen … Für die Entstehung von Hilfebedürftigkeit ist also nicht nur die eigene Arbeitslosigkeit von Bedeutung, sondern auch die Arbeitslosigkeit der Eltern oder des Partners. … Fazit Zwei recht unterschiedliche Gruppen von jungen Erwachsenen beziehen also SGB II-Leistungen: Auf der einen Seite handelt es sich um Schüler und Auszubildende, die häufig noch bei den Eltern leben und deren weiteres Erwerbsleben noch nicht absehbar ist. Auf der anderen Seite handelt es sich um junge Erwachsene, die eine selbständige Lebensgemeinschaft gegründet haben. Diese sind vornehmlich aufgrund eigener Arbeitsmarktprobleme und Qualifikationsdefizite in den SGB II-Rechtskreis geraten. Anders als Schüler und Auszubildende kommt diese Zielgruppe für das „Fördern und Fordern“ in Frage. Die Ergebnisse zeigen, dass die Annahmen nicht durchgängig zutreffen, die zur gesetzlichen Definition der Zielgruppe „unter 25-Jährige“ im SGB II führten. … Bei der Arbeitsmarktintegration der jungen Erwachsenen ergibt sich aber ein weniger eindeutiges Bild: Wohl gibt es einen hohen Prozentsatz von Arbeitslosen und Maßnahmenteilnehmern. Ebenso gibt es auch eine Vielzahl von Personen, die nicht unmittelbar zu den Problemgruppen des Arbeitsmarktes gezählt werden können. Hintergrund ist, dass junge Menschen aus vielfältigen Gründen hilfebedürftig werden können, nicht nur aufgrund von eigenen Qualifikations- und Arbeitsmarktproblemen. Oftmals sind es die weiteren Lebensumstände der Betroffenen, die die Hilfebedürftigkeit und damit den Leistungsanspruch auslösen, wie etwa die schwierige ökonomische Lage des Haushalts oder Arbeitsmarktprobleme der Eltern. Entsprechend müssen Maßnahmen der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik häufig auch an diesen Lebensumständen ansetzen, etwa beim häuslichen und familiären Hintergrund. Gerade bei jungen Erwachsenen sind also passende und kreative Lösungen gefragt. … Exakt diese Maxime hat der Gesetzgeber ja auch zum Grundsatz des Förderns und Forderns erhoben. … Diese Aufgabe sachgerecht zu erfüllen, erfordert den Aufbau von Vertrauen und stellt höchste Anforderungen an die Vermittler und Fallmanager. … Die Beratungs- und Betreuungsdienste werden sich bemühen müssen, der Verschiedenheit der Lebenssituationen und den Gründen für die Hilfebedürftigkeit gerecht zu werden. “ Den Volltext der Analyse entnehmen Sie bitte dem Anhang.
http://www.iab.de
Quelle: IAB-Kurzbericht Nr. 26/2006
Dokumente: Junge_Arbeitslose_im_SGB_II.pdf