Job-Zuschüsse sind nicht teurer als Alg II

JOB-ZUSCHÜSSE SIND NICHT TEURER ALS ALG II Auch schwer Vermittelbare lassen sich in reguläre Arbeit bringen Auszüge aus einem Plädoyer von Raimund Klinkert: “ Die ersten Auswertungen von Monitoring-Prozessen zu den Auswirkungen der Hartz-Reformen verweisen – wie prognostiziert – auf erhebliche strukturelle und sozialrechtliche Mängel. Es wird sich belegen lassen, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende im zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) für viele davon Betroffene weder armutsfest wirkt noch eine dauerhafte Beschäftigungsperspektive ermöglicht. Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitslosengeldes (Alg II) sowie die Erstattung der Kosten der Unterkunft etc., also die passiven Leistungen, sichern kaum das Existenzminimum: Verdeckte Armut existiert fort. Bei den Leistungen zur Eingliederung hat sich die Schaffung von Arbeitsgelegenheiten gemäß § 16 Abs. 3 SGB II auf der Basis der Mehraufwandsentschädigung … durchgesetzt. … Es entsteht keine längerfristige Perspektive, häufig mangelt es in den Fördermaßnahmen an echter Qualifizierung. … Die Kritik an einer Beschäftigung gegen Mehraufwandsentschädigung und ohne Anschluss an sämtliche Zweige der Sozialversicherung hält sich seit 20 Jahren. … wird auch in der Berliner Koalition ernsthaft darüber nachgedacht, arbeitsmarktferne Menschen mit sehr hartnäckigen Vermittlungshemmnissen im Rahmen sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung zu fördern. Konkret ist bei dieser »diakonischen Strategie« an eine Offensive gemeinwohlorientierter, zusätzlicher Beschäftigung gedacht, die von Betrieben des ersten Arbeitsmarktes oder den Wohlfahrtsverbänden organisiert werden kann. Es besteht kein Zweifel, dass es in diesem Segment z.B. angesichts der demografischen Entwicklungen und der Notwendigkeit, haushaltsnahe Dienstleistungen zu aktivieren, nicht an Arbeit mangeln wird. Die Diakonie hat in ihrem Positionspapier die neutrale Finanzierung sozialversicherter Beschäftigung als »Passiv-Aktiv-Transfer« eindrücklich und schlüssig mitgeliefert. … Die Bruttopersonalkosten für die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung des Leistungsberechtigten werden aus den bisher geflossenen Transferleistungen an die Arbeitslosengeld-II-Empfänger und aus den Verwaltungsaufwendungen des Sozialleistungsträgers finanziert. Anhand einer beispielhaften Berechnung stellt sich heraus, dass unter Berücksichtigung sämtlicher durchschnittlicher Kosten der Träger des SGB II für einen alleinstehenden Alg-II-Bezieher die Finanzierung einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung bei einem Stundenlohn von 7,50 Euro um 3.422,16 Euro im Jahr günstiger ausfällt als die Beschäftigung im Rahmen der Mehraufwandspauschale. … Alle zukünftigen Modellüberlegungen sollten jedoch mindestens folgendes Beurteilungsraster erfolgreich überstehen: Bieten sie eine längerfristige Wiedereingliederungsperspektive und Teilhabemöglichkeit? Liegt der Nachteilsausgleich für die Betroffenen im Rahmen des soziokulturellen Existenzminimums? Anhaltswerte bilden … bzw. die Maßgaben der europäischen Sozialcharta, die für die BRD ein angemessenes Entgelt von 10,80 Euro brutto pro Stunde ermittelt. Sittenwidrige Dumpinglöhne von 3,20 Euro »magnetisieren« Menschen in der Bedürftigkeit und im Leistungsanspruch auf ergänzendes Alg II. “ Raimund Klinkert ist Geschäftsführer des Stiftungsbereichs Arbeit und Berufliche Rehabilitation proWerk der von Bodelschwinghschen Anstalten Bethel in Bielefeld.

http://portal.diakonie-wuerttemberg.de/
http://www.hartzkampagne.de/

Quelle: epd sozial Nr. 6 vom 9.2.2007

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