Auf Umwegen zum Ziel: Betriebspraktika

AKTUELLE ANALYSE DES INSTITUTES FÜR ARBEITSMARKT- UND BERUFSFORSCHUNG Praktika, so hört man immer öfter, sind bei der Suche nach einer festen Anstellung wichtig für Berufseinsteiger und für Arbeitslose. In der vorliegenden Analyse des IAB geht es um die Praktika aus betrieblicher Perspektive: Zum einen wird der Frage nachgegangen, welche Rolle Praktika bei der Suche nach Personal und bei Einstellungen spielen. Zum anderen geht es darum, welche Personen in welcher Phase ihres Erwerbslebens durch Praktika in welche Jobs kommen. Im landläufigen Gebrauch ist oft unklar, was der Begriff „Praktikum“ eigentlich bedeutet. Das Spektrum reicht von der „Schnupperlehre“, die zu einem Ausbildungsplatz führen soll, über Ferienjobs zur Berufsorientierung von Schülern und Studenten bis zu Pflichtpraktika von Hochschülern und den Berufseinstieg von Trainees und Volontären. Das IAB geht versteht den Begriff ‚Praktikum‘ in seiner Untersuchung wie folgt: Das Praktikum dient der Ergänzung der theoretischen Ausbildung, der Berufsorientierung und dem Sammeln erster beruflicher Erfahrungen. Es gibt zahlreiche Sonderformen. Außerdem können „Eignungs- und Trainingsmaßnahmen“, die von den Arbeitsagenturen angeboten werden um die Eingliederungschancen von Arbeitslosen zu verbessern, als Praktika gelten. Wegen des vielfältigen Begriffsinhaltes wurde den Befragten dieser Untersuchung bewusst keine Definition von „Praktikum“ vorgegeben. Im Sinne dieser Untersuchung sind Praktika somit Beschäftigungsformen, die von den Betrieben als solche wahrgenommen werden. Das Spektrum reicht von den Praktika der Studenten und Hochschulabsolventen über Probebeschäftigungen von Personen mit und ohne Berufsabschluss, bis hin zu Trainingsmaßnahmen für Arbeitslose. Auszüge aus der Analyse: “ Zunehmend wird in der Öffentlichkeit über Sinn und Unsinn betrieblicher Praktika diskutiert. … Für den Einzelnen – so hört man oft – könnten Praktika die Einstiegschancen sogar verschlechtern, insbesondere wenn sie in großer Zahl absolviert würden. Denn der Arbeitgeber werte sie als vergebliche Anläufe, und der „Marktwert“ der Bewerber sinke. … WIE VIELE PRKTIKANTEN GIBT ES ÜBERHAUPT? Es gibt keine flächendeckende Statistik über Praktikanten. … Es gibt jedoch erheblich mehr Praktikanten, als in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit ausgewiesen sind. … So weist die Erhebung des IAB-Betriebspanels für Mitte des Jahres 2006 einen Gesamtbestand von rd. 600.000 Praktikanten aus. WELCHE BETRIEBE BESETZEN STELLEN MIT EHEMALIGEN PRAKIKANTEN? Das IAB führt regelmäßig Befragungen in Betrieben und Verwaltungen durch, um das gesamtwirtschaftliche Stellenangebot darzustellen und um Stellenbesetzungsvorgänge nachzuzeichnen. Gefragt wird dort auch, wie viele Arbeitsplätze (für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte) über vorausgegangene interne Praktika besetzt wurden und welche Personen auf diesem Weg ihre Stelle gefunden haben. Dies kann bedeuten, dass Praktikanten nahtlos fest eingestellt wurden, oder dass zwischen dem Praktikum und der Einstellung einige Zeit verstrichen ist, in der die betroffenen Personen andere erwerbsbiographische Stationen durchlaufen haben. … In den Jahren 2004 und 2005 entfielen … durchschnittlich 2,3 Prozent aller Einstellungen auf ehemalige Praktikanten. Das entspricht, hochgerechnet, rd. 300.000 Einstellungen von den rd. 12,7 Millionen Einstellungen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung insgesamt in diesen zwei Jahren. … In Ostdeutschland wird dieser Weg öfter (3,2%) beschritten als in Westdeutschland (2,1%). Überdurchschnittlich viele Stellen werden im Dienstleistungsbereich auf diesem Wege besetzt (3%). Das produzierende Gewerbe liegt nahe dem Durchschnitt (2%), der Handel, das Gastgewerbe und das Verkehrsgewerbe, sowie die wirtschaftsnahen Dienstleistungen (1,3% bzw. 1,6%) und insbesondere die Bereiche Land- und Forstwirtschaft sowie das Baugewerbe (0,7%) liegen deutlich darunter. Am häufigsten stellen kleine Betriebe über interne Praktika ein. 3,6 Prozent aller Einstellungen kommen hier auf diesem Weg zustande. … Offensichtlich schätzen kleinere Betriebe diesen weniger standardisierten Weg der Personalgewinnung besonders. WER WIRD EINGESTELLT? … Berufliche Qualifikation Im Hinblick auf die erforderliche berufliche Qualifikation zeigt sich ein differenziertes Bild: Die ehemaligen Praktikanten nahmen relativ selten Stellen ein, die keine Ausbildung verlangen (8% gegenüber 17% bei den anderen Einstellungen). … Es werden also nicht in erster Linie Stellen für Hochschulabsolventen über interne Praktika besetzt, sondern vielmehr Arbeitsplätze, die mittlere Berufsabschlüsse voraussetzen: Drei Viertel der Stellen, die mit ehemaligen Praktikanten besetzt wurden, verlangten eine gewerbliche/kaufmännische Ausbildung oder einen Fachschulabschluss. … Alter Auch die Altersverteilung der eingestellten Personen ist unterschiedlich …: Rund 45 Prozent aller ehemaligen Praktikanten waren 31 bis 40 Jahre alt, erheblich mehr als bei den anderen Einstellungen (29%). Auf die Altersgruppe bis 30 Jahre entfallen immerhin rd. 40 Prozent, etwa so viele wie bei den anderen. … Erwerbsstatus vor der Einstellung Idealerweise werden Praktika während der Ausbildung absolviert, oder sie schließen an diese an und führen dann zum festen Job. In der Wirklichkeit aber folgen ihnen oft ganz unterschiedliche Stationen im Erwerbsleben … . So war ein Großteil der eingestellten ehemaligen Praktikanten unmittelbar vor der Einstellung arbeitslos (35%) oder woanders beschäftigt (29%). Nur 28 Prozent standen in Ausbzw. Weiterbildung. … Von den jüngeren ehemaligen Praktikanten standen erwartungsgemäß die meisten (55%) vor ihrer Einstellung in Ausbildung, aber immerhin ein Viertel war vorher arbeitslos. … Der insgesamt relativ hohe Anteil von vorher arbeitslosen Personen kann auch mit „Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen“ zusammenhängen, die vielen Arbeitslosen von den Arbeitsagenturen angeboten werden. Sie finden häufig in Betrieben statt und werden möglicherweise von diesen als Praktika wahrgenommen. … Art des Beschäftigungsverhältnisses Die über Praktika zustandegekommenen Beschäftigungsverhältnisse … sind häufiger (55%) befristet als bei den anderen Einstellungen (43%). … hier zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen den Altersgruppen … . So kommt dies bei den Älteren häufiger vor als bei den Jüngeren. FAZIT … Die Qualifikationsanforderungen der mit ehemaligen Praktikanten besetzten Stellen zeigen, dass auf diesem Weg überwiegend Beschäftigte mit mittleren Berufsabschlüssen gewonnen werden, … Dies spiegelt die weithin unterschätzte Bedeutung der Praktika für die mittleren Qualifikationsgruppen wider. … Praktika sind demnach für viele Personen keine Sackgasse, sondern nur ein Umweg zum Ziel. Sie führen nicht selten in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung – oft auch aus der Arbeitslosigkeit heraus. Dazu könnten jedoch auch „Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen“ beigetragen haben, die von den Arbeitsagenturen angeboten werden, um die Eingliederungschancen von Arbeitslosen zu verbessern. … “ Den Volltext des IAB Kurzberichts Nr. 7 / 2007 entnehmen Sie bitte dem Anhang oder der Quellenangabe.

http://www.iab.de

Quelle: http://www.iab.de/asp/internet/dbdokShow.asp?pkyDoku=k070321f02

Dokumente: kb_Praktikum.pdf

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