Grüne wollen Kinder und Jugendliche aus armen Haushalten besser fördern

VERBESSERTE TEILHABECHANCEN FÜR KINDER UND JUGENDLICHE AUS ARMEN HAUSHALTEN Antrag der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen Die Grünen wollen die Teilhabechancen von Kindern und Jugendlichen aus armen Haushalten verbessern. Sie fordern daher die Bundesregierung in einem Antrag (16/5253) dazu auf, es den Kostenträgern des SGB II, SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetzes zu ermöglichen, Sachleistungen zu gewähren, die ‚der körperlichen, geistigen und sozialen Entwicklung‘ von Kindern und Jugendlichen dienen. Zu diesen Sachleistungen zählten etwa Lernmittel und Schulmaterial, Mahlzeiten im Rahmen der Ganztagsbetreuung in Kindertagesstätten und Schulen, die Inanspruchnahme von kommunalen Sportangeboten, Musikschulen und Bibliotheken sowie die Kosten für die Schülerbeförderung, sofern keine Erstattung durch das zuständige Bundesland vorgesehen ist. In der Begründung heißt es, es sei vor dem Hintergrund steigender Armutsgefährdungen von Familien mit Kindern ’nicht nachvollziehbar‘, dass einige Bundesländer sich sukzessive von der Verantwortung für alle Schüler verabschiedeten. Kürzungen im Bereich der Lernmittel und der Schülerbeförderung seien ’nicht hinnehmbare besondere Härten‘ für Kinder aus einkommensschwachen Familien. Auszüge aus dem Antrag und der Begründung: “ Der Bundestag wolle beschließen: 1. Der Deutsche Bundestag stellt fest: In der Bundesrepublik bestimmt noch immer weitgehend der soziale Status der Eltern den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen. So ist zum Beispiel ein Ergebnis der PISA-Studie, dass Kinder aus der oberen Einkommensschicht bei gleichen kognitiven Fähigkeiten eine sechs mal höhere Chance haben, ein Gymnsasium zu besuchen, als jene aus unteren bis mittleren Einkommensschichten. Angesichts der Tatsache, dass jedes sechste Kind in einer Familie lebt, die Sozialleistungen nach dem zweiten und zwölften Sozialgesetzbuch (SGB II, SGB XII) bezieht, müssen armutsbedingte Benachteiligungen beseitigt werden, die einer gleichberechtigten Teilhabe dieser Kinder an Bildungsangeboten im Weg stehen. Betroffen sind nicht nur Familien, die Leistungen nach dem SGB II und SGB XII oder dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, sondern auch der immer größer werdende Kreis der Familien mit einem Niedriglohn. … Im März 2007 bezogen 1.846.039 Personen unter 15 Jahren Sozialgeld nach dem SGB II. Das sind 10% mehr Kinder und Jugendliche (absolut 173.000) als im Jahr zuvor. Entscheidend für die Start- und Bildungschancen dieser Kinder aus armen Familien ist die Bereitstellung eines umfassenden und hochwertigen Förder- und Bildungsangebots. Eine früh einsetzende und individuell ausgerichtete Förderung von Kindern und Jugendlichen kann maßgeblich dazu beitragen, sozialer und kultureller Exklusion entgegenzuwirken und Armutskarrieren zu verhindern. Dazu gehört … die Abkehr von der frühen Selektion im Schulsystem sowie die umfassende Unterstützung in rhythmisierten Ganztagsschulen. … Allerdings besteht … auch die Aufgabe, mögliche Barrieren beim Zugang zu diesen Bildungsangeboten zu beseitigen. Deshalb sind vor allen Dingen die Länder und die Kommunen gefordert, solche Barrieren zu verhindern bzw. abzubauen. Zusätzlich stellt das soziale Leistungsrecht eine Möglichkeit dar, Härtefällen entgegen zuwirken. Das Sozialhilferecht sieht vor, dass bei Kindern und Jugendlichen der notwendige Lebensunterhalt auch den besonderen, insbesondere den durch ihre Entwicklung und ihr Heranwachsen bedingten Bedarf umfasst (§ 27 Abs. 2 SGB XII). Dieser besondere, entwicklungsbedingte Bedarf von Kindern wird im Sozialgeld für Kinder jedoch nicht erfasst, da die Regelsätze für Kinder pauschal aus dem Eckregelsatz eines erwachsenen, allein stehenden Haushaltsvorstandes abgeleitet werden. Einmalige Leistungen, die in der alten Sozialhilfe vor dem Jahr 2005 primär für die besonderen entwicklungsbedingten Bedarfe von Kindern in Anspruch genommen wurden, sind im neuen Sozialgeld pauschal in den Regelsatz integriert worden. Mehrfach durchgeführte pauschale Ableitungen bei der Berechnung der Kinderregelsätze haben zur Folge, dass im Regelsatz für Kinder beispielsweise nur 2,55 € pro Tag für Nahrungsmittel und Getränke und keine Ausgaben für Bildung vorgesehen sind. Bei längerem Leistungsbezug sind die betroffenen Familien vielfach nicht in der Lage, Rücklagen für die im pauschalierten Regelsatz enthaltenen Ausgabenpositionen zu bilden. Dies führt insbesondere in Haushalten mit Kindern häufig dazu, dass Mittel für die Anschaffung von Büchern, für die sportliche oder künstlerische Betätigung, für die Teilnahme am Schulessen, für den Mehraufwand für eine gesunde Ernährung oder für die Fahrkarte zur Schülerbeförderung nicht aufgebracht werden können. … Mit ihren finanzpolitisch motivierten Kürzungen bei den Lernmitteln für Schüler bauen Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen in nicht vertretbarer Weise besondere Härten für Kinder aus einkommensschwachen Familien beim Zugang zu Bildungsangeboten auf. Sie belasten die Kommunen, die in einigen Fällen bereits dazu übergegangen sind, mit eigenen Mitteln, soziale Härten bei Kindern und Jugendlichen vor Ort abzufedern. Einige Bundesländer erstatten die Kosten der Schülerbeförderung lediglich bis zur 10. Schulklasse. Dadurch wird es insbesondere in ländlichen Räumen armen Familien mit Kindern erschwert, ihre KInder eine weiterführende Schule bzw. die Oberstufe besuchen zu lassen. Aufgrund der unzureichenden Erfassung entwicklungsbedingter Bedarfe von Kindern in pauschalierten Regelsätzen und der ungenügenden Bildungsförderung durch die Bundesländer sind die Möglichkeiten einer gezielten Förderung von armen Kindern stark eingeschränkt. Dies ist keine unabänderliche Tatsache. Durch besondere Hilfen und Sachleistungen können Teilhabechancen eröffnet werden. II. Der Deutsche Bundestag appelliert an die Landesregierungen, dafür Sorge zu tragen, dass Familien die Leistungen nach dem SGB II (Arbeitslosengeld II), dem SGB XII, dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen oder den Kinderzuschlag nach § 6 a Bundeskindergeldgesetz erhalten: 1. weiterhin mit Lernmitteln ausgestattet werden, 2. über die Ausstattung mit Schulbüchern hinaus, zusätzlich auch Schulmaterial vor Ort in den Schulen erhalten, 3. bis zum Erhalt der allgemeinen und fachgebundenen Hochschulreife die Schülerbeförderungskosten mit dem öffentlichen Personennahverkehr erstattet werden. III. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, Es den Kostenträgern des SGB II, SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetzes zu ermöglichen, Sachleistungen zu gewähren, die der körperlichen, geistigen und sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen dienen. Berechtigte dieser Sachleistungen sollen Kinder und Jugendliche in Familien sein, die Leistungen nach dem SGB II, SGB XII und dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen und solche, die den Kinderzuschlag nach § 6a Bundeskindergeldgesetz erhalten. … Begründung 1. Vor dem Hintergrund steigender Armutsgefährdungen von Familien mit Kindern ist nicht nachvollziehbar, dass einige Bundesländer sich sukzessive von der Verantwortung für alle Schülerinnen und Schüler verabschieden. Kürzungen im Bereich der Lernmittel und der Schülerbeförderung sind nicht hinnehmbare besondere Härten für Kinder aus einkommensschwachen Familien beim Zugang zu Bildungsangeboten. Dies gilt in gleicher Weise für eine zeitliche Begrenzung der Schülerbeförderung bis zu 10. Schulklasse, die insbesondere armen Kindern im ländlichen Raum den Besuch der Oberstufe erschwert. Sofern die Länder überhaupt noch Lernmittel zur Verfügung stellen bzw. erstatten, so ist dies auf Schulbücher begrenzt. Im Bildungsauftrag der Länder sollte über die Ausstattung mit Schulbüchern hinaus, auch die Versorgung mit Schulmaterial (für Taschenrechner, Schreibmaterialien, etc.) in den Schulen enthalten sein, um allen Kindern die gleichen Voraussetzungen für den Schulbesuch zu gewährleisten. 2. Die Kinderregelsätze werden nicht nach dem besonderen Bedarf von Kindern, sondern pauschal aus dem Eckregelsatz eines erwachsenen, allein stehenden Haushaltsvorstandes abgeleitet. Für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres ist dies in Höhe von 60% und für Kinder ab 15 Jahren in Höhe von 80% (§ 28 I Nr. 1 SGB II) des Eckregelsatzes von derzeit 345 EUR der Fall. Der Eckregelsatz orientiert sich an den unteren 20% der Einkommen von Ein-Personen-Haushalten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. Es handelt sich hierbei um eine Bezugsgruppe, die im besonderen Maße armutsgefährdet ist. Nach einer Untersuchung der Armutsforscherin Irene Becker (2006) im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung hat diese Bezugsgruppe nach den Ergebnissen der letzten Einkommens- und Verbrauchsstichprobe aus dem Jahre 2003 ihr Vermögen abbauen müssen. Außerdem ist die Bezugsgruppe der unteren 20% der Einkommen in Ein-Personen-Haushalten, die zu 50% aus Rentenbeziehenden besteht. nicht geeignet, die daraus wiederum pauschal abgeleiteten besonderen Bedarfe für Kinder, abzubilden. Dies gilt insbesondere für solche Ausgaben, die für eine gleichberechtigte Teilhabe an Bildungsangeboten erforderlich sind. für Bildung, wie z.B. die Teilnahme an Kursen oder an einem Schüleraustausch, sind im Regelsatz gar keine Ausgabenpositionen vorgesehen. Durch pauschale Abschläge und prozentuale Ableitungen sind im Regelsatz für Bücher, Schreibwaren, Software, Ausleihgebühren, Schulmaterialien und Tagesausflüge 12,77 € pro Monat vorgesehen. Für den Besuch von Sport- und Kulturveranstaltungen bzw. Einrichtungen stehen einem armen Kind 3,76 € pro Monat zur Verfügung. Für Nahrungsmittel und Getränke sind 2,55 € pro Tag für ein Kind im Regelsatz enthalten. Ein Essen in der Schule oder in der Kindertagesstätte liegt vielfach bereits über diesem Tagessatz. Diese Anteile entsprechen nicht den realen Lebensverhältnissen und nicht dem besonderen entwicklungsbedingten Bedarf von Kindern. … Gegenwärtig können SGB II- und SGB XII-Leistungsempfänger selbst im Einzelfall keine Lernmittel und Schülerbeförderungskosten auf dem Weg der Vorleistung zur Verfügung stellen. Aus diesem Grunde ist es dringend erforderlich, den Sozialleistungsträgern die Möglichkeit einzuräumen, Sachleistungen die der körperlich, geistigen und sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen dienen, zu gewähren. Von diesen Möglichkeiten soll kein Kind aus einer armen Familie ausgeschlossen sein. Daher sind Kindergeldzuschlagsbeziehende ebenfalls als Sachleistungsberechtigte einzubeziehen. “ Den Volltext des Antrags entnehmen Sie bitte dem Anhang oder zu einem späteren Zeitpunkt nach Vorliegen der lektorierten Drickfassung über den aufgeführten Link.

http://dip.bundestag.de/parfors/parfors.htm

Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages

Dokumente: 1605253_Antrag_Gruene_Teilhabechancen.pdf

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