Standortsbediungungen und Beschäftigung in den Regionen West- und Ostdeutschlands

ERGEBNISSE DES IAB-BETRIEBSPANELS 2006 Berufsausbildung und Ausbildungsstellen Die berufliche Ausbildung ist ein entscheidender Faktor für betriebliche Wettbewerbsfähigkeit. Eine gute Berufsausbildung sorgt für qualifizierten Nachwuchs und trägt damit zur Sicherung des betrieblichen Fachkräftebedarfs bei. Jungen Menschen bietet sie eine solide berufliche Qualifikation und damit Einkommenschancen und Perspektiven. Das duale System der Berufsausbildung, das sich durch eine einzigartige Verbindung der Lernorte Betrieb und Schule auszeichnet, stellt für den überwiegenden Teil der 16- bis 20-jährigen Jugendlichen nach wie vor den Einstieg in das Berufsund Arbeitsleben dar. Wengleich vor 15 Jahren noch 77 % der Schulabgängerinnen und Schulabgänger in eine berufliche Ausbildung im Rahmen des dualen Systems einmündeten, ist der Anteil heute mit 58 % zwar geringer, aber immer noch bedeutsam und belegt das nach wie vor hohe Interesse von Wirtschaft und Jugendlichen an dieser Form der Ausbildung. Der Übergang an der ersten Schwelle, wie der Schritt von der Schule in die Berufsausbildung gemeinhin bezeichnet wird, gestaltet sich jedoch zunehmend schwieriger. Seit Jahren können nicht alle Jugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, erfolgreich vermittelt werden. Das betriebliche Angebot an Ausbildungsplätzen reicht dafür nicht aus. Obwohl die Zahl der bis Ende September 2006 neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge höher ausfiel als im Vorjahr, mussten wiederum zahlreiche Jugendliche auf alternative Angebote des „Übergangssystems“ zurückgreifen. Seit Jahren werden verstärkt Anstrengungen unternommen, das Angebot an Ausbildungsplätzen zu erhöhen. Die politischen Maßnahmen versuchen zum einen, die Ausbildungsaktivitäten der bereits ausbildenden Betriebe zu erhalten oder sogar noch auszuweiten. Zum anderen sollen aber auch Betriebe, die bisher nicht ausbilden, für die betriebliche Ausbildung gewonnen werden. Beispiele für diese Politik sind sowohl die zahlreichen Vereinbarungen … des … Nationalen Pakts für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs in Deutschland als auch die verschiedenen Aktivitäten im Rahmen des neuen Programms „Jobstarter“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. In diesem Programm wurden die bisherigen, vormals nach Ost- und Westdeutschland getrennten Einzelprogramme wie z. B. STARegio oder Region-Kompetenz- Ausbildung zusammengeführt. Auszüge aus einem Bericht von Gabriele Fischer, Jürgen Wahse, Vera Dahms, Marek Frei, Arnold Riedmann, Florian Janik: “ 6.1 Aktuelle Entwicklung der Ausbildungsbeteiligung Fast jeder dritte Betrieb in Deutschland bildet derzeit aus. Das entspricht einer Brutto-Ausbildungsbetriebsquote als Anteil der ausbildenden Betriebe an allen Betrieben von 30 %. Diese Quote ist in Westdeutschland rund sieben Prozentpunkte höher als in Ostdeutschland. Dabei spielt die unterschiedliche Betriebsgrößenstruktur in West- und Ostdeutschland eine Rolle. In Ostdeutschland gibt es einen höheren Anteil von Kleinstbetrieben, die in deutlich geringerem Umfang eine Ausbildungsberechtigung besitzen. Insgesamt erfüllen 58 % der Betriebe in Deutschland eigenen Angaben zufolge die formalen Voraussetzungen für eine Ausbildung, wobei rund jeder zweite ausbildungsberechtigte Betrieb derzeit auch ausbildet. Im Hinblick auf die Netto-Ausbildungsbetriebsquote, also den Anteil der ausbildenden Betriebe an den ausbildungsberechtigten Betrieben, fällt der Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland mit rund fünf Prozentpunkten etwas kleiner aus . Die Brutto-Ausbildungsbetriebsquote ist in den einzelnen Branchen unterschiedlich hoch, wobei die Quote nichts über die konkreten Ausbildungsleistungen bzw. die Zahl der Auszubildenden aussagt, sondern vielmehr über das Ausmaß der Konzentration dieser Ausbildungsleistungen auf die Betriebe innerhalb der betrachteten Branchen. In den drei Branchen des produzierenden Gewerbes – Bergbau/Energie/Wasser, Verarbeitendes Gewerbe, Baugewerbe – bilden derzeit rund vier von zehn Betrieben aus. In den verschiedenen Branchen des Dienstleistungsgewerbes beteiligen sich demgegenüber deutlich weniger Betriebe an der Ausbildung des beruflichen Nachwuchses. Die Ausbildungsbetriebsquote beschreibt die Relation zwischen Ausbildungsbetrieben und der Gesamtzahl der Betriebe. Eine Veränderung dieser Relation im Zeitverlauf kann auf unterschiedliche Entwicklungen dieser beiden Größen zurückgeführt werden. Ebenso können sich hinter einer im Zeitverlauf stabilen Quote unterschiedliche Entwicklungen dieser Kennziffern verbergen. Es ist daher sinnvoll, diese beiden Kenngrößen getrennt zu betrachten. Im Zeitraum von 2000 bis 2006 hat sich in Westdeutschland die Zahl der ausbildenden Betriebe in die gleiche Richtung entwickelt wie die Anzahl aller Betriebe, wobei die Zahl der Ausbildungsbetriebe nur geringfügig, die Zahl der Betriebe insgesamt dagegen deutlich zurückgegangen ist. Dies führt dazu, dass die Ausbildungsbetriebsquote im Beobachtungszeitraum leicht gestiegen ist (plus ein Prozentpunkt). In Ostdeutschland zeigt sich ein etwas anderes Bild: Wie in Westdeutschland sind auch hier beide Kenngrößen gesunken. Die Zahl der Ausbildungsbetriebe ist dort jedoch in deutlich stärkerem Maße gesunken als die Zahl der Betriebe insgesamt. Ein abnehmender Betriebsbestand wirkt sich in Ostdeutschland demnach negativer auf die Ausbildungsmöglichkeiten aus als in Westdeutschland. … 6.2 Ausbildungsbeteiligung im Zeitverlauf … Nach Informationen des IAB-Betriebspanels bildet rund die Hälfte der ausbildungsberechtigten Betriebe nicht aus. Dieser in den letzten Jahren stabile Anteil legt den Schluss nahe, die Hälfte der ausbildungsberechtigten Betriebe sei ausbildungspassiv und könnte zu einer Erhöhung des Ausbildungsplatzangebotes beitragen. Diese Aussage trifft allerdings nicht ganz zu. Denn auch wenn sich im Aggregat über alle Betriebe in den letzten Jahren keine Veränderung gezeigt hat, kann sich dies auf der betriebsindividuellen Ebene ganz anders darstellen. Wenn Betriebe nach Abschluss einer Ausbildung nicht sofort eine neue Ausbildung anschließen, tauchen sie in dem Jahr des „Pausierens“ als Betriebe auf, die trotz Ausbildungsberechtigung nicht ausbilden. Diese Betriebe können aber nicht als ausbildungspassiv im eigentlichen Sinne bezeichnet werden, da sie durchaus ausbilden, dies aber nicht permanent tun. Für die politische Debatte ist es also hilfreich, das Ausbildungsverhalten der ausbildungsberechtigten Betriebe im Zeitverlauf differenzierter zu betrachten. … Für die Diskussion des Ausbildungspotenzials sind folgende Betriebsgruppen interessant: – Betriebe, die kontinuierlich ausbilden (Ausbildungsaktive). – Betriebe, die zwar ausbilden, aber nicht immer nach Ende einer Ausbildung direkt eine neue anschließen (Ausbildungspausierer). – Betriebe, die im gesamten Beobachtungszeitraum überhaupt nicht ausgebildet haben (Ausbildungspassive). Die ausbildungsaktiven Betriebe stellen die größte Gruppe dar: 43 % der Betriebe mit Ausbildungsberechtigung haben von 2000 bis 2005 kontinuierlich ausgebildet. Erwartungsgemäß handelt es sich bei den Ausbildungsaktiven mit durchschnittlich gut 350 Beschäftigten um größere Betriebe. Knapp ein Drittel der ausbildungsberechtigten Betriebe hat im Beobachtungszeitraum immer wieder ausgebildet, aber auch pausiert. Die Ausbildungspausierer sind mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße von knapp 50 Beschäftigten deutlich kleiner. Dies erscheint plausibel. Betriebliche Ausbildung dient in erster Linie dazu, den eigenen Bedarf an Fachkräften zu decken. Dieser ist in mittleren Betrieben geringer als in größeren Betrieben, so dass eine kontinuierliche Ausbildung nicht unbedingt notwendig ist. Gut ein Viertel der ausbildungsberechtigten Betriebe hat zwischen 2000 und 2005 überhaupt nicht ausgebildet. Diese Betriebe sind mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße von knapp 25 Beschäftigten noch kleiner. Im beobachteten Zeitraum von insgesamt sechs Jahren haben sich also fast drei Viertel der ausbildungsberechtigten Betriebe permanent oder mit Pausen an der Ausbildung beteiligt. Dieser Anteil ist deutlich höher als die bisherigen Querschnittsanalysen vermuten ließen. Bei drei Vierteln der ausbildungsberechtigten Betriebe geht es also nicht darum, sie überhaupt zur Ausbildung zu aktivieren. Bei diesen Betrieben ist eine Erhöhung des Ausbildungsplatzangebotes über eine Ausweitung bzw. Verstetigung der Ausbildungsaktivitäten zu erreichen. Der Anteil der Betriebe, die formal ausbildungsberechtigt sind, jedoch dauerhaft nicht ausbilden, ist mit einem Viertel hingegen deutlich kleiner als die Querschnittsdaten vermuten ließen. Diese Betriebe könnten theoretisch ausbilden. Sie könnten das Ausbildungsplatzangebot also erhöhen, wenn sie mit der Ausbildung beginnen würden. Da es sich hierbei um kleine bis Kleinstbetriebe handelt, sind einer vollständigen Ausschöpfung dieses Potenzials jedoch Grenzen gesetzt, da in kleinen Betrieben die Möglichkeiten zur praktischen Durchführung einer Ausbildung eingeschränkt sind. Diese Betriebe könnten eventuell über die Verbundausbildung zu einer Erhöhung des Ausbildungsplatzangebotes beitragen. 6.3 Ausbildungsintensität … Eine Aussage über die tatsächliche Ausbildungsleistung lässt sich aber nur treffen, wenn man auch die Ausbildungsquote ermittelt. Diese Kennziffer setzt die Zahl der Auszubildenden ins Verhältnis zur Zahl der in den Betrieben beschäftigten Mitarbeiter. Die Ausbildungsquote in Deutschland beträgt derzeit 4 % (Westdeutschland 4 %, Ostdeutschland 5 %). Die Ausbildungsquoten in West- und Ostdeutschland sind also ungefähr gleich hoch. In Ostdeutschland haben außerbetriebliche Ausbildungsverhältnisse, die in die Berechnung der Ausbildungsquoten eingehen, eine deutlich höhere Bedeutung als in Westdeutschland. Ihr Anteil lag im Jahr 2006 in Ostdeutschland bei rund 25 %, in Westdeutschland bei rund 4 %. Die höchste Ausbildungsquote von allen Wirtschaftszweigen zeigt sich im Baugewerbe. Ebenfalls überdurchschnittlich hohe Ausbildungsleistungen weisen die drei Branchen Land- und Forstwirtschaft, übrige Dienstleistungen sowie Handel- und Reparatur auf. Das Verarbeitende Gewerbe, das hinsichtlich der Ausbildungsbetriebsquote auf dem ersten Platz rangiert, liegt bei der Ausbildungsquote lediglich auf dem siebten Rang. Das heißt, im Verarbeitenden Gewerbe bilden mehr Betriebe aus als in den anderen Branchen, allerdings werden bezogen auf die Gesamtzahl der Beschäftigten des Verarbeitenden Gewerbes weniger Jugendliche ausgebildet als in anderen Branchen. 6.4 Übernahme von Auszubildenden … Für die Jugendlichen, die in ihrem Ausbildungsberuf weiter arbeiten wollen, ist auch die Übernahme nach Abschluss der Ausbildung von Bedeutung. Im Vergleich zum vorangegange nen Jahr haben sich die Übernahmequoten sowohl in West- als auch in Ostdeutschland erhöht, wobei der Anstieg in Ostdeutschland mit acht Prozentpunkten doppelt so hoch ausfiel wie in Westdeutschland. Insgesamt ist die Übernahmequote um fünf Prozentpunkte gestiegen und beträgt nunmehr 59 %, d. h. deutlich mehr als die Hälfte der Auszubildenden, die ihre Ausbildung mit Erfolg beendet haben, wurde vom Ausbildungsbetrieb anschließend in ein Beschäftigungsverhältnis übernommen. Wie bereits im Vorjahr war die Übernahmequote im Kredit- und Versicherungsgewerbe mit etwa vier Fünftel am höchsten. Diese Übernahmequote erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr nochmals um vier Prozentpunkte. Gute Übernahmechancen bestanden auch im Verarbeitenden Gewerbe und in der Branche Bergbau/Energie/Wasser (jeweils fast drei Viertel). Auch in der öffentlichen Verwaltung sowie in der Branche Verkehr und Nachrichtenübermittlung wurden überdurchschnittlich viele Auszubildende übernommen. Schlusslichter sind die Land- und Forstwirtschaft (ein Drittel) sowie die Organisationen ohne Erwerbscharakter (gut ein Fünftel). Die Gründe für eine Nicht-Übernahme bzw. einen Nicht-Verbleib von Ausbildungsabsolventen im Ausbildungsbetrieb sind vielfältig. In früheren Befragungswellen des IAB-Betriebspanels wurde ermittelt, dass zahlreiche Ausbildungsabsolventen freiwillig den Ausbildungsbetrieb verließen, weil sie sich für eine Arbeit in einem anderen Betrieb entschieden hatten, in weitere schulische oder berufliche Qualifizierung einmündeten oder ihren Wehr- bzw. Zivildienst ableisten mussten. Ausbildungsabsolventen, die nicht von ihren Ausbildungsbetrieben übernommen werden, münden somit nicht zwangsläufig in Arbeitslosigkeit ein. 6.5 Fazit Die Ausbildungssituation hat sich in Deutschland im Vergleich zum Vorjahr nur geringfügig geändert. Der Anteil der Ausbildungsbetriebe ist im Vergleich zum Vorjahr insgesamt unverändert geblieben. Dies ist vor allem auf eine relativ konstante Ausbildungsbetriebsquote in Westdeutschland zurückzuführen. In Ostdeutschland hingegen ist die Ausbildungsbetriebsquote weiterhin rückläufig, was auch in Zusammenhang mit dem abnehmenden Bestand an Betrieben insgesamt gesehen werden muss. Die Ausbildungsquote ist ebenfalls konstant geblieben. Allerdings hat sich die Übernahmequote im Vergleich zum Vorjahr sowohl in West- als auch in Ostdeutschland erhöht. Aktuell bildet jeder zweite Betrieb mit Ausbildungsberechtigung auch aus. Dieser Anteil ist über die Jahre hinweg stabil. Er bildet jedoch das Ausbildungspotenzial nur bedingt ab. In einer Längsschnitt-Betrachtung des Ausbildungsverhaltens im Zeitraum von 2000 bis 2005 hat sich gezeigt, dass drei Viertel der Betriebe mit Ausbildungsberechtigung sich entweder permanent oder mit Pausen an der Ausbildung beteiligen. Diese Betriebe könnten durch ein größeres Angebot an Ausbildungsplätzen oder eine Verstetigung ihrer Ausbildungsaktivitäten zur Verbesserung der Ausbildungssituation beitragen. Ein Viertel der Betriebe hat im Beobachtungszeitraum gar nicht ausgebildet. Hierbei handelt es sich vor allem um kleine und Kleinstbetriebe, deren Bedarf an Fachkräften geringer ist. Diesen Betrieben müsste ein Anreiz zur Ausbildungsbeteiligung gegeben werden. Eine vollständige Ausschöpfung dieses Potenzials dürfte allerdings schwierig sein. “

http://www.iab.de/de/publikationen/forschungsbericht.aspx

Quelle: IAB Forschungsbericht Nr. 5/2007

Dokumente: Ausbildung_Betriebspanel_fb0507.pdf

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