GRÜNE SETZEN SICH FÜR HÖHERE REGELSÄTZE BEI ALG II UND SOZIALHILFE EIN Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hält eine Anhebung der Regelsätze beim Arbeitslosengeld II (Alg II) und bei der Sozialhilfe für geboten. In einem Antrag schreiben die Abgeordneten, ‚dass die Regelsatzleistungen gegenwärtig nicht bedarfsdeckend und in ihrer Höhe nicht dauerhaft Existenz sichernd sind‘. Sie verlangen deshalb, die Anpassung der Regelsätze künftig an den Lebenshaltungskostenindex zu koppeln. Darüber hinaus fordert die Fraktion, die Regelsätze für Kinder und Jugendliche auf eine neue Berechnungsgrundlage zu stellen. Dies sei zurzeit ‚unzureichend‘. Für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres betrage der Regelsatz 208 Euro, für Jugendliche ab 15 Jahren 278 Euro. Anstatt die Bedarfe von Kindern und Jugendlichen alters- und bedarfsspezifisch zu erheben, würden die Regelsätze für Kinder pauschal aus dem Eckregelsatz eines erwachsenen, alleinstehenden Haushaltsvorstands abgeleitet. Aus Sicht der Grünen muss für die Ermittlung der neuen Berechnungsgrundlage eine unabhängige Kommission eingesetzt werden. Die Ergebnisse seien dann unverzüglich umzusetzen. Außerdem solle für Lern- und Schulmaterial, für Schulessen und die Schülerbeförderung wie früher Sachleistungen gewährt werden können. Auszüge aus dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: “ Der Bundestag wolle beschließen: I. Der Deutsche Bundestag stellt fest: Der Deutsche Bundestag erkennt an, dass die Regelsatzleistungen gegenwärtig nicht bedarfsdeckend und in ihrer Höhe nicht dauerhaft Existenz sichernd sind. Sowohl das System der Regelsatzermittlung als auch der jährliche Anpassungs- mechanismus müssen grundsätzlich neu gefasst werden. Des Weiteren erkennt der Deutsche Bundestag an, dass sich die Praxis, die Anpassung der Regelsätze an die Entwicklung der Renten zu koppeln, als realitätsfern erwiesen hat. … Eine Analyse des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtverbandes belegt, dass selbst bei Zugrundelegung der unzureichenden regierungsamtlichen Bedarfsermittlung der Regelsatz heute bei 364 Euro liegen müsste, um die gestiegenen Lebenshaltungskosten in den regelsatzrelevanten Bereichen auszugleichen. Angesichts drastischer Preissteigerungen für Energie und Lebensmittel muss künftig – zumindest in den regelsatzrelevanten Bereichen – eine Anpassung an den Lebenshaltungskostenindex vorgenommen werden. … Der Deutsche Bundestag hält die Bedarfsermittlung für Kinder und Jugendliche für unzureichend. Für Kinder bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres beträgt der Regelsatz 60 Prozent des Eckregelsatzes von derzeit 347 Euro. Dies entspricht einem Betrag von 208 Euro. Für Jugendliche ab 15 Jahren beträgt der Regelsatz 80 Prozent des Eckregelsatzes. Dies entspricht einem Betrag von 278 Euro (§ 28 Abs. 1 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – SGB II). Anstatt die besonderen Bedarfe von Kindern und Jugendlichen alters- und bedarfsspezifisch zu erheben, werden die Regelsätze für Kinder pauschal aus dem Eckregelsatz eines erwachsenen, alleinstehenden Haushaltsvorstandes abgeleitet. Der Eckregelsatz wird nicht auf der Basis des Verbrauchsverhaltens von einkommensarmen Familien ermittelt, sondern aus dem Verbrauchsverhalten der einkommensarmen Einpersonenhaushalte. Die so definierte Bezugsgruppe der Alleinstehenden besteht mehrheitlich aus Rentnern. Sie ist in keiner Weise geeignet, die besonderen entwicklungsbedingten Bedarfe von Kindern abzubilden. Zudem sind einmalige Leistungen, die in der alten Sozialhilfe vor dem Jahr 2005 primär für die besonderen Bedarfe von Kindern in Anspruch genommen wurden, im neuen Sozialgeld pauschal in den Regelsatz integriert worden. Als lebensfern erweist sich inzwischen auch die Aufhebung von Altersklassen bei den pauschalen Regelsätzen. … Da die derzeitigen Regelsätze die Lebenslage einer immer größer werdenden Zahl armer Kinder und Jugendlicher verschlechtern, müssen dringend korrigierende Maßnahmen für eine armutsfeste und kindergerechte Erhebung der Regelsätze ergriffen werden. II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, 1. die Regelsätze als Referenzgröße für Sozialleistungen nach dem SGB II und dem SGB XII so auszugestalten, dass sie dem sozialstaatlichen Gebot der Deckung des Existenzminimums für alle Menschen Rechnung tragen 2. bei der damit verbundenen Neufestsetzung der Regelsätze auf pauschale Abschläge auf die Ausgabenpositionen künftig weitgehend zu verzichten. Bildungsausgaben sind mit in die Ausgabenermittlung einzubeziehen 3. den Anpassungsmechanismus für die Regelsätze an die Verbraucherpreisentwicklung im regelsatzrelevanten Bereich zu koppeln 4. die Regelsätze für Kinder und Jugendliche auf eine neue Berechnungsgrundlage zu stellen, die den alterspezifischen und besonderen entwicklungsbedingten Bedarf berücksichtigt … 7. es den Kostenträgern des SGB II, SGB XII und des Asylbewerberleistungsgesetzes zu ermöglichen, Sachleistungen zu gewähren, die der körperlichen, geistigen und sozialen Entwicklung von Kindern und Jugendlichen dienen. Berechtigte dieser Sachleistungen sollen Kinder und Jugendliche in Familien sein, die Leistungen nach dem SGB II, SGB XII und dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, und solche, die den Kinderzuschlag nach § 6a des Bundeskindergeldgesetzes erhalten. Sachleistungen sind z. B. a) Lernmittel und Schulmaterial in begründeten Fällen, sofern keine Erstattung durch das Bundesland vorgesehen ist, b) Mahlzeiten im Rahmen der Ganztagsbetreuung in Kindertagesstätten und Schulen, c) die Inanspruchnahme von kommunalen Sportangeboten, Musikschulen und Bibliotheken, d) Kosten für die Schülerbeförderung in begründeten Fällen, sofern keine Erstattung durch das Bundesland vorgesehen ist. “ Den Volltext des Antrags entnehmen Sie bitte dem Anhang.
Quelle: Pressedienst des Deutschen Bundestages
Dokumente: 1607113_Antrag_Gruene_Erhoehung_Regelsatz_Hartz_IV.pdf