ERFOLGREICHE INTERGRATION BESONDERS BENACHTEILIGTER JUGENDLICHER GEFÄHRDET In einem offenen Brief an Arbeitsminister Scholz hat sich auch der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit zum Schreiben des BMAS – Abteilung „Leistungsrecht des SGB II“ – geäußert. Der offene Brief im Wortlaut: “ Sehr geehrter Herr Bundesminister Scholz, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat am 21. November 2007 in einem Schreiben an optierende Kommunen seine Auffassung zur Auslegung des § 16 Absatz 2 Satz 1 SGB II dargelegt und die betroffenen Kommunen aufgefordert, ihre Leistungen so auszugestalten, wie es der Rechtsauffassung des BMAS entspricht. In dem gleichen Schreiben wird auf die Notwendigkeit der öffentlichen Ausschreibung für die Durchführung von Eingliederungsleistungen hingewiesen. Diese Rechtsauffassung droht zu einer starken Einschränkung der bestehenden Eingliederungsleistungen zu führen, da nach Auffassung des BMAS im Rahmen des § 16 Absatz 2 Satz 1 SGB II nur solche Eingliederungsleistungen erbracht werden sollen, die im Einzelfall erforderlich sind, um die Leistungen des SGB III zu ergänzen oder zu unterstützen. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit möchte Sie darauf aufmerksam machen, dass benachteiligte Jugendliche in besonderem Maße durch diese Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 16 Absatz 2 Satz 1 SGB II betroffen sind. Seit Beginn dieses Jahres sind nach den statistischen Angaben der Bundesagentur für Arbeit über 85.000 junge Menschen unter 25 durch diese so genannten sonstigen weiteren Leistungen (§ 16 Absatz 2 Satz 1) gefördert worden. Damit ist dies einer der zahlenmäßig größten Förderbereiche für Jugendliche. Gerade für benachteiligte Jugendliche ohne Schulabschluss oder Ausbildung werden bislang im Rahmen des § 16 Absatz 2 Satz 1 SGB II niedrig schwellige und innovative Maßnahmen entwickelt und durchgeführt. Sie ermöglichen, fehlende Schulabschlüsse nachzuholen und diese Jugendlichen an eine Ausbildung heranzuführen. Eingliederungsleistungen gem. § 16 Absatz 2 Satz 1 kommen hierbei vielfach zur Anwendung, weil die Förderleistungen des SGB III für diese Jugendlichen – etwa aufgrund einer zu kurzen Förderdauer oder fehlender sozialpädagogischer Betreuung – nicht geeignet sind. In vielen Fällen werden diese spezifischen Eingliederungsleistungen in Kooperation mit der Jugendhilfe erbracht dabei wird vom Jugendamt auch ein eigener Finanzierungsanteil geleistet. Solche gemeinsamen Angebote, die besonders belastete und arbeitsmarktferne Jugendliche – viele von ihnen mit Migrationshintergrund – in der Phase der beruflichen Orientierung sozialpädagogisch begleiten und stützen, dürfen nicht gefährdet werden, indem der Anwendungsbereich des § 16 Absatz 2 Satz 1 zu stark eingeschränkt wird. Auf dieser Grundlage konnten in der Vergangenheit ergänzende Finanzierungen (z.B. kommunale Mittel, ESF, Landesprogramme) für die soziale und berufliche Eingliederung von Jugendlichen erschlossen werden. Gewünschte und geforderte fachliche Synergien in der Zusammenarbeit zwischen den ARGEN und den Trägern der Jugendhilfe wurden nachweislich befördert. In dem Schreiben des BMAS wird ausdrücklich anerkannt, dass im Rahmen des § 16 Absatz 2 Satz 1 sinnvolle und notwendige Maßnahmen gefördert werden. Der Kooperationsverbund weist darauf hin, dass unterschiedliche Rechtsauslegungen und strittige Zuständigkeiten nicht dazu führen dürfen, dass anerkanntermaßen notwendige und gute Hilfen wegfallen. Vielmehr ist es ausdrücklich zu begrüßen, dass im Rahmen des SGB II solche passgenauen Fördermaßnahmen gerade für besonders benachteiligte junge Menschen geschaffen wurden. Der Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit bittet Sie daher, sich für eine Anwendung des § 16 Absatz 2 Satz 1 SGB II auszusprechen, die die oben dargestellte Förderpraxis für benachteiligte Jugendliche absichert. So würden auch die vielfältigen Aktivitäten der Bundesregierung unterstützt, benachteiligten jungen Menschen den Weg in Ausbildung und Beruf zu ebnen. Ansonsten werden diese Bestrebungen durch die dargelegte Rechtsauslegung geradezu konterkariert. Wir bitten Sie außerdem, die rechtliche Positionierung in Ihrem Hause zur Anwendung des Vergaberechts zu überdenken. Benachteiligte Jugendliche benötigen verlässliche Angebote auf hohem sozialpädagogischem und fachlichem Niveau. Betriebe, die für diese Jugendlichen Praktikumsplätze oder Ausbildungsangebote schaffen, setzen auf eine zuverlässige und kontinuierliche Unterstützung durch die Träger der Jugendsozialarbeit. Die vernetzte und vertrauensvolle Zusammenarbeit der unterschiedlichen Beteiligten – der Betriebe, der Berufsschulen, der Träger der Jugendsozialarbeit und Fallmanager der ARGEN – ist hierbei unerlässlich. Die Vergabe durch öffentliche Ausschreibung wird nach Auffassung des Kooperationsverbundes Jugendsozialarbeit diesen Anforderungen jedoch nicht gerecht. Deshalb ist es wichtig, dass Alternativen zur öffentlichen Ausschreibung bei der Umsetzung von Eingliederungsleistungen im SGB II viel stärker als bisher zur Anwendung kommen. Das SGB II bietet die Grundlage, um Leistungen über Zuwendungen zu finanzieren oder die Leistungserbringung im sozialrechtlichen Dreiecksverhältnis zu organisieren. Wir bitten Sie vor diesem Hintergrund, die rechtlich zulässigen Alternativen zur vergabefreien Leistungserbringung im SGB II anzuerkennen und hierauf durch Ihr Haus hinweisen zu lassen. “ Bitte nehmen Sie ergänzend die erste Meldung der Jugendsozialarbeit News vom 17.12.2007 zur Kenntnis.
Quelle: Kooperationsverbund Jugendsozialarbeit