Betriebliche Trainingsmaßnahmen bauen Brücken in den Job

WIRKUNGSANALYSE Kurz und bündig – Trainingsmaßnahmen im SGB II Qualifizierungsmaßnahmen von kurzer Dauer sollen bedürftigen Arbeitslosen helfen, eine Beschäftigung auf zunehmen – Aktuelle Ergebnisse zu ihren Eingliederungswirkungen Die Arbeitsmarktreformen der letzten Jahre zielen auf eine stärkere Aktivierung von Arbeitslosen. Ein Instrument hierbei sind kurze Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen im Rechtskreis des SGB II. Aktuelle Wirkungsanalysen zeigen, dass insbesondere betriebliche Trainingsmaßnahmen zur Eingliederung in Beschäftigung beitragen. Die Wirkung nichtbetrieblicher Trainingsmaßnahmen ist ebenfalls positiv, aber weit schwächer. Auszüge aus einem Forschungsbericht des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung von Eva Jozwiak und Joachim Wolff „Zentrales Ziel der Arbeitsmarktreformen der vergangenen Jahre ist es, Arbeitslose zu aktivieren und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. … Dazu wurden neue arbeitsmarktpolitische Maßnahmen wie die Arbeitsgelegenheiten oder das Einstiegsgeld konzipiert. Ferner wurden andere, bereits bestehende Maßnahmen des SGB III nun nach § 16 SGB II auch zur Förderung dieses Personenkreises eingesetzt. Dazu gehören beispielsweise die bereits 1998 eingeführten Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen. Damit stellt sich die Frage, ob und für welche Gruppen bedürftiger Arbeitsloser diese Maßnahmen einen Beitrag zur Aktivierung leisten. Die Ergebnisse zu den Eingliederungswirkungen von Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen auf bedürftige Teilnehmer ermöglichen nun erstmals einige Antworten. … WAS SIND TRAININGSMASSNAHMEN? Trainingsmaßnahmen sind kurze Qualifizierungsmaßnahmen mit unterschiedlichen Zielsetzungen. Zum einen gibt es Kurse, bei denen die Teilnehmer Informationen rund um den Bewerbungsprozess erhalten. Diese Kurse werden aber teilweise auch dazu genutzt, die Arbeitsbereitschaft von Arbeitslosen zu überprüfen. Lehnen bedürftige Arbeitslose die Teilnahme ab, drohen Leistungskürzungen. Zum anderen wird mit Trainingsmaßnahmen das Ziel der Eignungsfeststellung sowie der Kenntnisvermittlung verfolgt. Auch Kurse, in denen die Teilnehmer Informationen über Existenzgründungen erhalten, zählen zum Repertoire des Instruments. Trainingsmaßnahmen können bei einem Bildungsträger als schulische Maßnahme oder in Betrieben stattfinden. In Betrieben werden vor allem Maßnahmen zur Eignungsfeststellung sowie zur Vermittlung von Kenntnissen durchgeführt. Eignungsfeststellungs- und Trainingsmaßnahmen sind relativ kurz und dauern im Schnitt drei bis vier Wochen. Ein Bewerbungstraining kann bspw. nur wenige Tage dauern. Die maximale Dauer von 12 Wochen kann durch eine Kombination von Eignungsfeststellung und Vermittlung von Kenntnissen erreicht werden. Damit sind die Teilnahmedauern deutlich kürzer als bei anderen Maßnahmen, z.B. bei der Förderung der beruflichen Weiterbildung mit einer Förderdauer von drei Monaten bis zu drei Jahren. Unter den aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen für erwerbsfähige Hilfebedürftige sind Trainingsmaßnahmen nach den Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwandsvariante, den so genannten Zusatzjobs – bezogen auf die Anzahl der Zugänge – das wichtigste Instrument. 400.000 erwerbsfähige Hilfebedürftige begannen im Jahr 2005 eine Trainingsmaßnahme, 2006 waren es knapp 450.000. Die Kosten für Trainingsmaßnahmen im SGB II beliefen sich 2006 auf 164,9 Mio. Euro. Weil betriebliche Maßnahmen bereits den Kontakt zu einem Arbeitgeber herstellen, praxisnah Wissen aufbauen und betriebsspezifische Kenntnisse vermitteln können, ist zu erwarten, dass sie die Teilnehmer effektiver in den Arbeitsmarkt integrieren als nicht-betriebliche. Dies ist aber vielleicht auch nur ein vermeintlicher Erfolg. Denn einerseits könnten durch das Instrument Bewerber vermittelt werden, die der Arbeitgeber auch ohne Förderung eingestellt hätte. Andererseits könnten in Folge der Förderintensität die Beschäftigungschancen vergleichbarer Bewerber, die die Förderung nicht erhalten, sinken. WER NIMMT TEIL? … Die unmittelbare Vermittlung junger Erwachsener unter 25 Jahren in Arbeit, Ausbildung und Arbeitsgelegenheiten ist nach § 3 (2) SGB II ein wichtiges Ziel der Grundsicherung für Arbeitsuchende. In der Tat werden Jugendliche und junge Erwachse in besonderem Maße durch betriebliche wie nicht-betriebliche Trainingsmaßnahmen gefördert. Im Jahr 2005 waren junge Erwachsene mit einem Anteil von ca. 11 Prozent unter den bedürftigen Arbeitslosen vertreten, aber mit ungefähr 30 Prozent unter den Eintritten in Trainingsmaßnahmen des SGB II. Ein Grund könnte sein, dass Trainingsmaßnahmen in Form von Eignungsfeststellungen oder Bewerbungstrainings für jüngere Arbeitslose besonders wirksam sind, … Junge Erwachsene unter 25 können stärker sanktioniert werden als andere Altersgruppen, so dass Trainingsmaßnahmen womöglich als Test für die Arbeitsbereitschaft besonders effektiv sind. Über 50-jährige bedürftige Arbeitslose werden im Gegensatz zu den unter 25-jährigen kaum durch Trainingsmaßnahmen gefördert. Neben jungen Erwachsenen sind auch ausländische Personen, Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen und Geringqualifizierte Zielgruppen der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Für sie sind die Aussichten auf eine Eingliederung in den Arbeitsmarkt eher unterdurchschnittlich. … Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen haben eine geringere Wahrscheinlichkeit, an einer nicht-betrieblichen Trainingsmaßnahme teilzunehmen als Gesunde. Auch Personen ohne Schulabschluss beginnen seltener eine Maßnahme als Personen mit einer abgeschlossenen Schulausbildung. Der Anteil der Personen ohne Schulabschluss, der an einer Trainingsmaßnahme teilnimmt, liegt unter ihrem Anteil am Arbeitslosenbestand. Die Teilnahmewahrscheinlichkeit an einer nicht-betrieblichen Trainingsmaßnahme wird auch durch vergangene Maßnahmeteilnahmen beeinflusst. Es nehmen verstärkt Personen teil, die bereits an einer oder mehreren Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik teilgenommen haben. In betrieblichen Trainingsmaßnahmen weisen Problemgruppen wie ausländische Mitbürger, Arbeitslose mit gesundheitlichen Einschränkungen sowie Berufsrückkehrerinnen eine relativ niedrige Zugangswahrscheinlichkeit auf. Es nehmen eher besser ausgebildete Personen, also mit Schul- und Ausbildungsabschluss, daran teil. … WIE WIRKEN DIE MASSNAHMEN? … Teilnehmer an Trainingsmaßnahmen, deren Eintritt in die Maßnahme im Zeitraum von Februar bis April 2005 stattgefunden hat, werden mit Personen verglichen, die zwar in diesem Zeitraum nicht in eine Trainingsmaßnahme eingetreten sind, aber teilnahmeberechtigt waren und sich von den Teilnehmern bezüglich beobachtbarer Charakteristika kaum unterscheiden. Sie bilden die sogenannte Vergleichsgruppe. Ab dem Maßnahmebeginn wird monatlich ausgewertet, wie hoch unter den Teilnehmern und wie hoch unter den Nicht-Teilnehmern der Anteil der Personen ist, der 1. regulär (ungefördert sozialversicherungspflichtig) beschäftigt ist, 2. kein Arbeitslosengeld II bezieht. Für jede dieser Größen wird die geschätzte Wirkung der Trainingsmaßnahme als Differenz der beiden Anteile ausgewiesen. Die Ergebnisse Die Ergebnisse werden getrennt für verschiedene Personenkreise berechnet und dargestellt. In den Analysen wurde grundsätzlich zwischen Männern und Frauen in Ost- und Westdeutschland unterschieden. Dies ist wichtig, da sich für diese Gruppen Arbeitsmarktverhalten sowie -chancen unterscheiden. … Die Ergebnisse zeigen, dass die Teilnahme prinzipiell die Beschäftigungswahrscheinlichkeit der Teilnehmer im Vergleich zur Kontrollgruppe erhöht. Das gilt für Männer und Frauen in Ost- und Westdeutschland. Während Personen an Maßnahmen teilnehmen, haben sie aber weniger Zeit und weniger Anreize zur Arbeitsuche. Zudem erhalten sie von Fallmanagern in dieser Zeit vermutlich weniger Job- oder Ausbildungsangebote als ohne eine Teilnahme. Das führt zu dem so genannten Einsperreffekt: So lange noch viele Teilnahmen andauern, liegen die Beschäftigungsquoten der Teilnehmer häufig unter denen vergleichbarer Nicht-Teilnehmer. Bei nicht-betrieblichen Trainingsmaßnahmen kommt es in den ersten Monaten nach Maßnahmebeginn zunächst zu einem solchen Einsperreffekt und damit zu einer verringerten Beschäftigungsquote. Etwa vier bis fünf Monate nach dem Beginn der Maßnahme erhöht die Teilnahme aber bereits die reguläre Beschäftigungswahrscheinlichkeit. 20 Monate nach Maßnahmebeginn weisen die Teilnehmer eine um etwa drei Prozentpunkte (statistisch signifikante) höhere Wahrscheinlichkeit auf, regulär beschäftigt zu sein als vergleichbare Nicht-Teilnehmer. Um die Interpretation des Effekts zu verdeutlichen: Für ostdeutsche Männer gilt, dass 20 Monate nach Beginn der nichtbetrieblichen Trainingsmaßnahme unter den Teilnehmern 2,7 Prozentpunkte mehr in Beschäftigung waren als vergleichbare Nicht-Teilnehmer. Für die betrieblichen Trainingsmaßnahmen zeigt sich ein deutlich positiveres Bild. Hier treten die Eingliederungswirkungen für die Teilnehmer sehr viel rascher ein und sind weit höher. Bereits sechs Monate nach Maßnahmebeginn sind die Beschäftigungschancen der Teilnehmer um etwa 13 bis 19 Prozentpunkte höher als ohne Teilnahme. Bis zum 20. Monat – und damit dem letzten Beobachtungsmonat nach Eintritt in die Maßnahme – bleiben diese Effekte recht stabil. Die rasche und starke Eingliederungswirkung spricht dafür, dass die Teilnehmer häufig von den Betrieben, in denen die Maßnahme stattfand, regulär beschäftigt werden. Einfluss auf die Hilfebedürftigkeit Durch die Teilnahme an betrieblichen -Trainingsmaßnahmen werden die Teilnehmer außerdem aus dem Arbeitslosengeld-II-Bezug hinausgeführt. … Die Teilnahme an nicht-betrieblichen Trainingsmaßnahmen bewirkt hingegen nicht, dass die Teilnehmer während des Beobachtungszeitraums von bis zu zwei Jahren nach Maßnahmebeginn weniger häufig auf Arbeitslosengeld II angewiesen sind. Die Wirkung ist häufig nahe Null und statistisch nicht signifikant. Effekte für unterschiedliche Personenkreise … Grundsätzlich zeigen sich für Männer und Frauen in Ost- und Westdeutschland abhängig vom Alter und von der Arbeitsmarktnähe der Teilnehmergruppe nennenswerte Unterschiede in der Effektivität der Maßnahme. Für junge Erwachsene unter 25 sind die Beschäftigungseffekte 20 Monate nach Beginn einer nicht-betrieblichen Trainingsmaßnahme nicht statistisch signifikant. Für sie ist die Wirkung gering und der Tendenz nach geringer als für Teilnehmer aus den mittleren Altersgruppen (25- bis 34-Jährige und 35- bis 49-Jährige) eine Ausnahme sind junge männliche Teilnehmer in Westdeutschland. Bei betrieblichen Trainingsmaßnahmen fallen die Eingliederungswirkungen mit 7,2 bis 13,7 Prozentpunkten für die unter 25-Jährigen zwar signifikant positiv aus, sind jedoch deutlich niedriger als für andere Altersgruppen. Diese Unterschiede sind in einigen Fällen besonders hoch: Der Teilnahmeeffekt auf die reguläre Beschäftigungsquote liegt für 50- bis 57-jährige ostdeutsche Männer mit über 25 Prozentpunkten mehr als doppelt so hoch wie für die jungen Erwachsenen. Unterscheidet man Personen nach ihrer Arbeitsmarktnähe, zeigen die Ergebnisse Folgendes: Teilnehmer, die zwei bis vier Jahre vor ihrer Teilnahme ihre letzte Beschäftigung ausgeübt haben, weisen einen höheren Eingliederungseffekt auf als Teilnehmer, die entweder noch im Jahr 2004 oder vor 2001 oder nie beschäftigt waren. Dies trifft für beide Maßnahmetypen zu. Bei betrieblichen Trainingsmaßnahmen liegen die Eingliederungswirkungen 20 Monate nach Maßnahmebeginn für Teilnehmer, die zuletzt in den Jahren 2001 bis 2003 einer regulären Beschäftigung nachgingen, etwa vier bis sieben Prozentpunkte höher als für Teilnehmer aus den beiden anderen Gruppen. FAZIT Die Effekte von Trainingsmaßnahmen auf die Eingliederung der Teilnehmer in ungeförderte sozialversicherungspflichtige Beschäftigung sind beinahe durchweg positiv und treten schnell auf. Dabei fallen die Wirkungen von den etwas seltener genutzten betrieblichen Trainingsmaßnahmen weitaus höher aus als die der nicht-betrieblichen. Ferner werden die Teilnehmer an betrieblichen Trainingsmaßnahmen aufgrund der Teilnahme zu einem guten Teil aus der Hilfebedürftigkeit herausgeführt. Für Teilnehmer an nicht-betrieblichen Trainingsmaßnahmen gelingt letzteres nicht. Die sehr rasche Wirkung betrieblicher Trainingsmaßnahmen lässt vermuten, dass die Teilnehmer recht häufig von dem Betrieb, in dem die Maßnahme stattfand, regulär weiter beschäftigt werden. Das weist allerdings auf die Gefahr von Mitnahmeeffekten hin. Auch die Tatsache, dass es sich um Teilnehmer handelt, die ohnehin relativ gute Aussichten auf einen regulären Job haben, spricht hierfür. Zudem könnten durch die besseren Chancen der Teilnehmer, Arbeit zu finden, die Chancen der Nicht-Teilnehmer auf einen Job in den betroffenen Betrieben geringer werden. Deshalb könnte der Beitrag zum Abbau der Erwerbslosigkeit bedürftiger Personen insgesamt geringer ausfallen als die Beschäftigungseffekte für die Teilnehmer. … Die Maßnahmen wirken auf einige Teilnehmergruppen durchaus unterschiedlich. Für teilnehmende Jugendliche und junge Erwachsene sind nicht-betriebliche Trainingsmaßnahmen im Beobachtungszeitraum gar nicht und betriebliche Trainingsmaßnahmen deutlich weniger effektiv als für Teilnehmer aus anderen Altersgruppen. Dies mag zum Teil daran liegen, dass Jugendliche und junge Erwachsene sehr viel häufiger an den Maßnahmen teilnehmen als Hilfebedürftige aus anderen Altersgruppen. Jugendliche und junge Erwachsene gezielter für die Maßnahmen auszuwählen und dafür etwas häufiger Personen in den anderen Altersgruppen zu fördern, könnte daher die Effektivität der Maßnahmen insgesamt erhöhen. Die Ergebnisse dieser Untersuchung zeigen auch, dass für Teilnehmergruppen mit einer unterschiedlichen Arbeitsmarktnähe die Förderwirkung stark variiert. … Die Resultate beziehen sich auf einen Zeitraum kurz nach der Einführung des SGB II. Daher gilt es zu untersuchen, ob zu einem späteren Zeitpunkt Teilnehmer anders ausgewählt wurden und sich die Wirkung verändert hat. …“ Die IAB-Studie kann unter http://doku.iab.de/kurzber/2007/kb2407.pdf abgerufen werden. Presseinformation des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung vom 17.12.2007

http://http://www.iab.de/de/informationsservice/presse/presseinformationen/kb2407.aspx

Quelle: IAB-Kurzbericht Nr. 24

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