Lebenslagen von Menschen mit Beeinträchtigungen

Auszüge aus dem Teilhabebericht der Bundesregierung:
„(…) Bildung und Ausbildung ## Die Zahl der Schüler und Schülerinnen mit sonderpädagogischer Förderung ist von rd. 487.000 im Jahr 2005 um 4% auf rd. 508.000 im Jahr 2014 gestiegen. Da gleichzeitig die Schülerzahl insgesamt zurückgegangen ist, stieg der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit
sonderpädagogischer Förderung an allen Schülerinnen und Schülern in diesem Zeitraum von 5,7% auf 7,0%. Der Anteil der Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischer Förderung, die in einer Regelschule unterrichtet werden, ist von 14% im Jahr 2005 auf 34% im Jahr 2014 gestiegen. Gleichzeitig ist der Anteil der Schülerinnen und Schüler an Förderschulen nahezu konstant geblieben. Dies deutet darauf hin, dass der Inklusionsprozess im Bildungssystem im Verhältnis von Regelschulen und Förderschulen weiter fortschreitet, ohne dass aber die Anzahl der Schülerinnen und Schüler in Förderschulen abgenommen hat. (…)
## Deutliche Unterschiede bestehen hinsichtlich der Schulabschlüsse von Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen. Eine Fachhochschulreife oder ein Abitur haben 41% der 20- bis 64-Jährigen ohne Beeinträchtigungen und 19% in diesem Alter mit Beeinträchtigungen. Während bei mittleren Abschlüssen der Unterschied geringer ausfällt, haben 29% dieser Altersgruppe ohne Beeinträchtigungen gegenüber 54% mit Beeinträchtigungen einen Hauptschulabschluss oder keinen Schulabschluss.
## Beim Übergang von der Schule in eine Ausbildung erweist sich ein niedriger oder fehlender Schulabschluss als Barriere für Jugendliche mit Beeinträchtigungen. Im Jahr 2014 verließen 71% der Schülerinnen und Schüler an Förderschulen diese ohne Hauptschulabschluss, und etwa drei Viertel der Jugendlichen ohne Hauptschulabschluss münden nach Verlassen der Schule in das Übergangssystem berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen ein. Im Jahr 2014 gab es insgesamt rund 518.000 Neuabschlüsse von Ausbildungsverträgen, darunter knapp 9.600 in Berufen für Menschen mit Behinderungen nach §§ 64ff BBiG bzw. § 42m HwO, dies sind 2% aller Ausbildungen. Berufe für Menschen mit Behinderungen werden stärker in praktischen Berufsfeldern mit reduzierten theoretischen Anforderungen angeboten. Die Zahl dieser Ausbildungsplätze geht zurück. (…)
## Im Bereich der beruflichen Ausbildung gibt es kaum Daten, die sich im Hinblick auf Teilhabefortschritte
bewerten lassen. Ob der Rückgang der Zahl der Ausbildungen in Berufen für Menschen mit Behinderung ein Zeichen für mehr reguläre Ausbildungen oder für eine weitere Ausgrenzung von Menschen mit Beeinträchtigungen ist, ist nicht einschätzbar. Die Differenz der höheren Ausbildungsabschlüsse zwischen Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen kann im Sinne von Teilhabewirkungen interpretiert werden. Als Bildungsfortschritt kann gewertet werden, dass die Anteile ohne beruflichen Abschluss in den vergangenen Jahren zurückgegangen sind, und zwar bei den Menschen ohne Beeinträchtigungen von 18% (2005) auf 12% (2013) und bei Menschen mit Beeinträchtigungen von 26% (2005) auf 21%. Unter Gesichtspunkten einer gleichberechtigten Teilhabe ist dies aber kein Fortschritt, da der Unterschied
zwischen beiden Gruppen von 8 Prozentpunkten im Jahr 2005 auf 9 Prozentpunkte im Jahr 2013 zugenommen hat. (…)
Erwerbstätigkeit und Erwerbslosigkeit ## Im Jahr 2013 waren 49% der Menschen mit Beeinträchtigungen im erwerbsfähigen Alter gegenüber
80% der Menschen ohne Beeinträchtigungen erwerbstätig. Mit besonderen Barrieren
sind Menschen mit Beeinträchtigungen und Migrationshintergrund konfrontiert, ihre Erwerbstätigenquote
liegt nur bei 43%. Während sich mit Blick auf die Erwerbsbeteiligung bei Menschen
ohne Beeinträchtigungen deutliche geschlechterbezogene Unterschiede zeigen (85%
der Männer und 74% der Frauen sind erwerbstätig), sind diese Unterschiede bei Menschen
mit Beeinträchtigungen schwächer ausgeprägt (52% der Männer und 47% der Frauen). (…)
## Im Jahr 2014 waren 75% der Erwerbstätigen ohne Beeinträchtigungen und 66% der Erwerbstätigen
mit Beeinträchtigungen in Vollzeit erwerbstätig. Demgegenüber ist der Anteil der Erwerbstätigen
mit Beeinträchtigungen, die in Teilzeit arbeiten, mit 22% etwas höher als bei den
Erwerbstätigen ohne Beeinträchtigungen (16%). Der Anteil der geringfügig Beschäftigten beträgt
9% (ohne Beeinträchtigung) bzw. 12% (mit Beeinträchtigung). (…)
## 49% der Menschen mit Beeinträchtigungen und 56% der Erwerbstätigen ohne Beeinträchtigungen
sind Angestellte. Deutlichere Unterschiede zeigen sich mit Blick auf den Anteil der
Arbeiterinnen und Arbeiter. Dieser liegt bei Menschen mit Beeinträchtigungen (29%) zehn Prozentpunkte
höher als bei Menschen ohne Beeinträchtigungen (19%). Dagegen machen unter
den Menschen mit Beeinträchtigungen Selbstständige (6%) einen geringeren Anteil aus als
bei Menschen ohne Beeinträchtigungen (11%). Die Anteile von Beamten (jeweils 5%) und
sonstigen Berufen (9 bzw. 11%) sind dagegen bei Menschen mit und ohne Beeinträchtigungen
ähnlich hoch. (…)
## Im Jahr 2013 waren 4% der Menschen im erwerbsfähigen Alter mit und ohne Beeinträchtigungen
erwerbslos. Die Anzahl der Arbeitslosen mit einer anerkannten Schwerbehinderung liegt
im Jahr 2015 bei etwa 179.000, dies entspricht einer Arbeitslosenquote (auf Basis der eingeschränkten
Bezugsgröße) von 13,4%. Im Vergleich dazu liegt die allgemeine Arbeitslosenquote
mit 8,2% deutlich niedriger. Menschen mit Beeinträchtigungen sind auch mit Blick auf
die Dauer der Arbeitslosigkeit benachteiligt. Bezogen auf Arbeitslose mit einer anerkannten
Schwerbehinderung betrug die Dauer der Arbeitslosigkeit nach Abgang im Jahr 2015 durchschnittlich
52 Wochen, dies liegt deutlich über der Dauer der durchschnittlichen Arbeitslosigkeit
nach Abgang der Arbeitslosen insgesamt (38 Wochen). (…)
Armutsrisiko ## Im Jahr 2013 konnten 74% der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter ohne Beeinträchtigungen ihren persönlichen Lebensunterhalt überwiegend aus ihrer Erwerbstätigkeit bestreiten gegenüber 40% der Menschen mit Beeinträchtigungen. Frauen bestreiten ihren Lebensunterhalt seltener durch ihr eigenes Einkommen als Männer. Im Jahr 2013 betrug der Abstand zwischen Frauen und Männern ohne Beeinträchtigungen 15 Prozentpunkte, zwischen Frauen und Männern mit Beeinträchtigungen fällt dieser Unterschied geringer aus (6 Prozentpunkte). (…)
## Im Jahr 2013 beträgt die Armutsrisikoquote bei Menschen mit Beeinträchtigungen etwa 20%. Sie liegt damit deutlich über der Armutsrisikoquote von Menschen ohne Beeinträchtigungen (13%). Eine differenzierte Betrachtung der verschiedenen Altersgruppen zeigt folgendes Bild: Von den Menschen ohne Beeinträchtigungen sind vor allem die 18- bis 44-Jährigen (16%) und die ab 65-Jährigen (16%) überdurchschnittlich häufig von Armut betroffen.
Von den Menschen mit Beeinträchtigungen sind dies ebenfalls die 18- bis 44-Jährigen und weiterhin die 45- bis 64-Jährigen. Bis auf die Altersgruppe der Personen im Alter ab 65 Jahren liegt die Armutsrisikoquote von Menschen mit Beeinträchtigungen in sämtlichen Alterskohorten der Menschen mit Beeinträchtigungen deutlich über dem entsprechenden Anteil der Menschen
ohne Beeinträchtigungen.
##Während die Armutsrisikoquoten von Männern und Frauen ohne Beeinträchtigungen annähernd gleich sind, zeigen sich bei den Menschen mit Beeinträchtigungen geschlechterbezogene Unterschiede. Die Armutsrisikoquote der Männer mit Beeinträchtigungen beträgt 22%, die Armutsrisikoquote der Frauen ist mit 19% etwas niedriger. (…)
## Im Zeitraum von 2005 bis 2013 ist das Armutsrisiko der Menschen ohne Beeinträchtigungen auf einem etwa gleichen Niveau geblieben. Die Armutsrisikoquoten der Menschen mit Beeinträchtigungen sind hingegen stetig angestiegen von 13% im Jahr 2005 über 17% im Jahr 2009 bis auf 20% im Jahr 2013. Dieser Anstieg lässt sich für Männer ebenso wie für Frauen und auch für unterschiedliche Altersgruppen beobachten. (…)
## Die Zahl der Menschen mit Beeinträchtigungen im jüngeren und mittleren Lebensalter ist im Zeitraum von 2005
bis 2013 stark angestiegen, was unter anderem auf eine Zunahme psychischer Beeinträchtigungen
zurückzuführen ist. Wenn Beeinträchtigungen schon in frühen Lebensjahren auftreten,
können dadurch die Chancen der beruflichen Entwicklung und damit auch des Einkommenserwerbs
eingeschränkt werden, und entsprechend hoch ist das Armutsrisiko. (…)“

Quelle: Heute im Bundestag

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