Deutschland feiert sein Bildungssystem

Die wichtigsten Ergebnisse der OECD-Analyse des Deutschen Bildungssystems:
„(…)## Das Bildungssystem in Deutschland erreicht die jungen Menschen in stärkerem Maße als in den meisten OECD-Ländern. Dies liegt vor allem auch daran, dass das Bildungssystem und der Arbeitsmarkt gut aufeinander abgestimmt sind. (…)
## Entsprechend gering ist auch der Anteil der 20- bis 24-Jährigen, die weder in Bildung, Ausbildung oder Beschäftigung (NEETs) sind. Dieser Anteil liegt 2016 in Deutschland bei 10,8 % gegenüber 16,2% im OECD-Mittel. Insbesondere der hohe Anteil der in Bildung befindlicher Personen dieser Altersgruppe (53,5%) trägt hierzu bei. (…)
## Eine besondere Herausforderung für die kommenden Jahre besteht darin, diejenigen zu erreichen, die noch keinen Schul- oder Ausbildungsabschluss erreicht haben. Darüber hinaus geht es darum, den neu Zugewanderten eine Berufsausbildung zu ermöglichen und sie zu unterstützen, den begonnenen (Aus-)Bildungsweg erfolgreich abzuschließen. Viele berufliche Schulen und Weiterbildungsträger haben Angebote eingerichtet, durch die junge Menschen neben dem Erlernen der deutschen Sprache auch zielgerichtet auf eine anschließende Berufsausbildung vorbereitet werden. Auf diese Weise lässt sich auch einem möglichen Anstieg des Anteils der NEETs begegnen. (…)
## Die im internationalen Vergleich hohen Beschäftigungsquoten von jungen Erwachsenen in Deutschland ist ein Beleg für die besondere Arbeitsmarktrelevanz dieses Bildungsangebots. Die Beschäftigungsquoten der 25- bis 34-Jährigen mit einem berufsbildenden Abschluss im Sekundarbereich II oder im postsekundären, nicht-tertiären Bereich sind in Deutschland mit 86% fast ebenso hoch wie die Beschäftigungsquoten für junge Erwachsene mit einem tertiären Abschluss (87%). Im OECD-Durchschnitt liegen sie bei 80% bzw. 83%. (…)
## Fortbildung und weitere Qualifizierungsmöglichkeiten sind zentrale Maßnahmen, um das berufliche Bildungssystem in Deutschland auch zukünftig erfolgreich zu gestalten. Hier können insbesondere Angebote, die sich an die berufliche Erstausbildung im dualen oder vollzeitschulischen System anschließen Mittel sein, den Bedarf der Wirtschaft nach besonders spezialisierten Arbeitskräften zu decken und die berufliche Perspektive der Beschäftigten weiter zu verbessern. (…)
## Deutschland nimmt bei den MINT-Abschlüssen den Spitzenplatz im OECD-Vergleich ein. Rund 35% der 25- bis 64-Jährigen in Deutschland mit einem tertiären Abschluss, d.h. einem Hochschulabschluss oder einem berufsorientierten tertiären Bildungsabschluss, haben diesen in einem MINT-Fach erworben. Der OECD-Mittelwert liegt bei 25%. (…)
## Der Grundstein für eine erfolgreiche Bildungsbiografie wird in den ersten Lebensjahren gelegt. Neben dem Erwerb von sprachlichen und sozialen Fähigkeiten hilft die Zeit in den Kitas und Kindergärten, soziale Ungleichheiten abzufedern. 15-jährige Schülerinnen und Schüler, die als Kleinkinder mindestens ein Jahr im Elementarbereich verbracht haben, erreichen höhere PISA-Werte, unabhängig von ihrer sozioökonomischen Herkunft.
Die Bildungsbeteiligung der 2- bis 5-Jährigen liegt in Deutschland über den OECD-Durchschnittswerten. (…)“
Wer jedoch genauer hinschaut, dem bleiben Schwachstellen nicht verborgen. Auch wenn das Bundesbildungsministerium oder die Bundesregierung diese weniger feierlich oder gar nicht verkünden:
„(…) ## Das deutsche Bildungssystem ist im internationalen Vergleich unterfinanziert. In kaum einem anderen Land ist es für Kinder, deren Eltern nicht studiert haben, schwerer, den Aufstieg durch Bildung zu schaffen.
## Die Kehrseite der Medaille bei der MINT-Bildung ist der Fakt, dass der Anteil von Frauen an allen Absolventinnen und Absolventen gesunken ist. Die Lücke zwischen Frauen und Männern in diesen Berufen wird damit absehbar größer, nicht kleiner. (…)
## Am Zusammenhang von sozialer Herkunft und Bildungschancen hat Ministerin Wanka nichts ändern können. Im OECD-Durchschnitt haben 20 Prozent der 30 bis 44-Jährigen, deren Eltern nicht studiert haben, einen Hochschulabschluss. In Deutschland sind es gerade einmal 14 Prozent. (…)
## Der Anteil der Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt hinkt im Vergleich zu anderen OECD-Ländern hinterher. In Deutschland werden 4,3% öffentliche und private Bildungsausgaben getätigt. Im OECD Durchschnitt liegt dieser Wert bei 5,2 Prozent“

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) sieht den Bildungserfolgt in Deutschland auch kritisch. Unabhängig von den OECD-Analysen hat der DGB einen bildungspolitischen Neustart gefordert. Der DGB hatte die Ziele des Dresdner Bildungsgipfels von 2008 überprüft. Dabei kommt er zu dem ernüchternden Ergebnis:
“ (…) ## Quote junger Erwachsener ohne Berufsabschluss: Die angestrebte Halbierung wurde weit verfehlt. Statt der anvisierten 8,5 Prozent bleiben noch immer 13,8 Prozent der Jugendlichen ohne Berufsabschluss.
## Jugendliche ohne Schulabschluss: statt der angestrebten 4,0 Prozent haben immer noch 5,9 der Jugendlichen keinen Schulabschluss.
## Krippenplätze für Kinder unter drei Jahren: Statt der anvisierten 35 Prozent steht nur für 32,9 Prozent dieser Kinder ein Krippenplatz zur Verfügung. In den westlichen Bundesländern liegt diese Quote bei nur 28,2 Prozent. (…)
## Lediglich bei der Weiterbildungsbeteiligung und den Studienanfängern wurden die Ziele erreicht. (…)“
Dass vor allem Arbeitslose, Menschen ohne abgeschlossene Berufsausbildung oder Menschen mit Migrationshintergrund ein hohes Risiko tragen zu den Bildungsverlierern zu gehören, bleibt die traurige Botschaft. Doch diese bleibt in den Erfolgsmeldungen der Bundesregierung unerwähnt.

Quelle: OECD; Bundesbildungsministerium; Bundesregierung; Özcan Mutlu (Grüne); DGB

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