Deutschland als Mitgestalter internationaler Migrationspolitik

Auszüge aus der Studie bzw. dem Policy Brief des SVR-Forschungsbereichs in Kooperaton mit der Bertelsmann Stiftung: Global Migration Governance:
“ (…) Migration kennzeichnet unsere globalisierte Welt wie kein zweites Phänomen. Während es innerhalb der EU klare Regelungen für die Binnenwanderung von Personen gibt, überlässt die internationale Politik solche Regelungen eher bilateralen Verhandlungen. Doch der Handlungsdruck steigt: Nicht nur in Deutschland haben die migrationsbezogenen Herausforderungen in den letzten Jahren zugenommen; internationale Migration ist längst zu einem global relevanten Thema geworden. Immer mehr Staaten sind der Ansicht, dass Migration auf internationaler Ebene diskutiert und in Teilen auch reglementiert werden sollte. (…)

Fazit und Handlungsempfehlungen
Verglichen mit globalen Finanz- und Handelsströmen ist grenzüberschreitende Mobilität von Personen die am wenigsten entwickelte Komponente der Globalisierung. Das Recht auf Auswanderung ist zwar ein Menschenrecht, es wird jedoch faktisch durch die selektiven Zuwanderungsregelungen anderer Staaten und global ungleich verteilte Ressourcen eingeschränkt (vgl. Weiner 1995). Die zentrale Hürde für verbindliche globale Standards für Migrationssteuerung ist die politische Brisanz des Themas – Migration betrifft im Kern die Frage der Mitgliedschaft in der politischen Gemeinschaft des Nationalstaats und die Identität derselben. Diese Grundproblematik besteht für alle Staaten; entsprechend müssen fast alle Staaten immer wieder innenpolitische Gefechte zu Migrationsfragen austragen. Dazu kommt, dass, selbst wenn die nationalen Interessen definiert sind, die mit Migration verbundenen wirtschafts-, sicherheits- und machtpolitischen Interessen der einzelnen Staaten divergieren, vor allem entlang der Linie zwischen Herkunfts- und Zielländern. Während Deutschland und andere westliche Zielländer Migration vornehmlich vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und sich abzeichnender Fachkräfteengpässe diskutieren und ein Interesse an der Rückführung straffällig gewordener Ausländer und abgelehnter Asylbewerber haben, fordern Herkunftsländer in aller Regel freieren Zugang zu den Arbeitsmärkten der Zielländer und setzen sich für die Rechte ihrer im Ausland lebenden Staatsangehörigen ein.

Angesichts dieser Spannungsfelder gilt es in der internationalen Migrationspolitik, die Interessen von Herkunfts- und Zielländern auszubalancieren. Eine verantwortliche globale Migrationspolitik sollte darauf zielen, unter Wahrung der Menschenrechte einerseits reguläre Migration weitestgehend zu ermöglichen – wobei die Aufnahmekapazitäten von Zielländern und mögliche negative Braindrain-Effekte für Herkunftsländer zu berücksichtigen sind –, andererseits irreguläre und erzwungene Migration möglichst von vorneherein unnötig zu machen.

Die deutsche migrationsaußenpolitische Agenda ist aber offenbar sowohl inhaltlich als auch strategisch noch nicht eindeutig festgelegt; sie muss erst noch – (…) – erarbeitet werden, und zwar möglichst bald. (…)

Eine vielversprechende Gelegenheit bietet sich in Kürze: Deutschland übernimmt 2017/18 gemeinsam mit Marokko den Vorsitz des Globalen Forums für Migration und Entwicklung.

Aus den vorgenommenen leiten sich für die deutsche Politik fünf Handlungsempfehlungen ab: ## Als Voraussetzung für eine kohärente Migrationspolitik sollte entweder die Staatssekretärs-Arbeitsgruppe „Internationale Migration“ wieder aktiviert oder eine andere Einheit gegründet werden, die die Arbeit der einzelnen Ministerien koordiniert und langfristige migrationspolitische Leitlinien entwickelt (nationale Ebene).
## Migrationspolitikberatung für Herkunfts- und Transitländer im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit sollte ausgebaut werden, um die Voraussetzungen für partnerschaftliche Kooperation auf Augenhöhe zu schaffen (bilaterale Ebene).
## Gemeinsam mit der EU sollte Deutschland in der regionalen Migrationsaußenpolitik für Drittstaaten positive Anreize zur Zusammenarbeit setzen (regionale Ebene).
## Deutschland sollte seine derzeit günstige Ausgangsposition nutzen, um aktiv, kooperativ und vermittelnd an den internationalen Gesprächen mitzuwirken (multilaterale Ebene).
## Als mittelfristiges Ziel globaler Diskussionen sollte auch geklärt werden, wie die institutionelle Architektur der Global Migration Governance (neu) gestaltet werden soll (multilaterale Ebene).“

Link: www.svr-migration.de/Forschungsbereich

Link: http://www.svr-migration.de/publikationen/

Quelle: Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration

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